#2 Kultur als Beziehungsraum

Shownotes

Kolumba – Kunstmuseum des Erzbistums Köln

https://www.kolumba.de/

Stefan Kraus

https://www.kolumba.de/index.php?language=de&cat=80&id=1

Peter Zumthor

https://de.wikipedia.org/wiki/Peter_Zumthor

Joseph Beuys

https://de.wikipedia.org/wiki/Joseph_Beuys

Paul Cézanne

https://de.wikipedia.org/wiki/Paul_C%C3%A9zanne

Anna Teresa De Keersmaeker

https://de.wikipedia.org/wiki/AnneTeresaDe_Keersmaeker

John Fosse

https://de.wikipedia.org/wiki/Jon_Fosse

Heinrich Böll

https://de.wikipedia.org/wiki/Heinrich_B%C3%B6ll

Oskar Schlemmer – Triadisches Ballett

https://de.wikipedia.org/wiki/Triadisches_Ballett

Bauhaus

https://de.wikipedia.org/wiki/Bauhaus

Alfred Lichtwark

https://de.wikipedia.org/wiki/Alfred_Lichtwark

Literatur von Stefan Kraus zu den angesprochenen Themen (Auswahl):

bauhaus utopien – Arbeiten auf Papier, Ausst. Kat. Nationalgalerie Budapest/ Kölnischer Kunstverein, hg. von Wulf Herzogenrath, Mitarbeit Stefan Kraus, Edition Cantz, Stuttgart 1988, ISBN 3-922608-97-3

Ein selbstverständlicher Ort für Kunst. Zum Verhältnis von Kunst und Museumsarchitektur, hg. vom Diözesanmuseum Köl (= wortwörtlich. Textreihe Diözesanmuseum Köln, Heft 2), Köln 1995, auch veröffentlicht auf www.kolumba.de ›Museum ›Texte

Plädoyer für ein lebendes Museum, Vortrag für das Kolloquium: L’avenir des musées, Louvre, Paris 23.3.2000, veröffentlicht als Plaidoyer pour un musée vivant, in: L’avenir des musées, Edition de la Réunion des musées nationaux, Paris 2001, S.95-119, ISBN2-7118-4327-0, auch veröffentlicht auf www.kolumba.de ›Museum ›Texte

Der ästhetische Augenblick. Versuch über die Sprachlosigkeit, in: Salve. Revue für Theologie, geistliches Leben und Kultur, Heft 21.2, Prag 2011, dt. Ausgabe, ISSN 1213-6301, S.149-165, auch veröffentlicht auf www.kolumba.de ›Museum ›Texte

Verteidigung der Kindheit. Ein Plädoyer für die ästhetische Bildung, Vortrag auf der Bundesversammlung der Kath. Elterngemeinschaft Deutschlands, Maternushaus Köln, 21.5.2015, veröffentlicht auf www.kolumba.de ›Museum ›Texte

Formate bestimmen die Inhalte. Kunstbetrieb, Kunst und Kunstvermittlung, Wewerka-Archiv Bd.1, Alexander-Verlag, Berlin 2016,  ISBN 978-3-89581-405-1

Das Thema Christliche Kunst ist abgehakt. Überlegungen zum Verhältnis von Ästhetik und Seelsorge, Vortrag beim Aschermittwoch der Künstler, Katholische Akademie, Freiburg, 1.3.2017, in: Peter Stengele (Hg.), Freiburger Impulse. Kunst Kultur Kirche Bd. 1, Freiburg 2018

Kunstvermittlung beginnt mit dem Zeigen, in: kunst und kirche, Augenhöhe. Kunstvermittlung – vertikal oder horizontal, 1.2023, S.28-33, ISSN 0023-5431

Über die Sinne zum Sinn. Ein Gespräch mit dem Ausstellungsmacher Stefan Kraus, in: Herder Korrespondenz. Monatshefte für Gesellschaft und Religion, 79. Jg., März 2025, S.16-19 (Gespräch mit Stefan Orth)

Manos Tsangaris – Kugelbahn. Räumlich installative Komposition für eine Person im Zentrum, Werkheft Reihe »Kolumba«, Bd. 64, Köln 2024, ISBN 978-3-9825800-2-9

Heiner Binding. The Room Next Door, mit Texten von Heiner Binding, Barbara Hess und Stefan Kraus, BuchKunst Kleinheinrich, Münster 2024, ISBN 978.3.945237-66-3

manos tsangaris, riss, lichte schiefgedichte, mit lichtbildern von stefan kraus, Alexander Verlag Berlin, Berlin 2025, ISBN 978-3-89581-642-0

Transkript anzeigen

00:00:18: Hallo, wir sind Daniel und Paul und dies ist Best Case Szenario, unser Podcast über Zukunftlichkeit und wie sie gelingen kann.

00:00:26: Und zu Gast bei uns heute ist Stefan Kraus.

00:00:30: Stefan Kraus ist Kunsthistoriker, Kurator und Museumsdirektor des Kolumbamuseums in Köln.

00:00:37: Zudem ist er Autor und Herausgeber kunstwissenschaftlicher Publikationen und engagiert sich in der Vermittlung von Kunst an ein breites Publikum.

00:00:46: Er betrachtet das Museum als lebendigen Dialograum, in dem Besucher nicht belehrt, sondern durch ästhetische Erfahrung und Zuwendung persönlich berührt werden sollen.

00:00:57: Dazu schafft er ein kuratorisches Miteinander sehr unterschiedlicher Arbeiten und baut so Brüten der Verständigung, die einen kulturellen Mehrwert sichtbar machen.

00:01:08: Herzlich willkommen, Stefan Kraus.

00:01:11: Vielen Dank für die Einladung.

00:01:12: Wir freuen uns.

00:01:14: Wir ... Starten wir immer mit einer Frage hier, die direkt so ein bisschen in die Tiefe geht.

00:01:21: Stefan, wozu brauchen wir Kultur?

00:01:24: Die Frage ist schon ein sehr guter Einstieg, weil sie nach meinem Verständnis von Kultur ein Missverständnis schon beinhaltet oder zumindest nahe liegt.

00:01:33: Denn wenn man sagt, wozu brauchen wir Kultur, dann hat man suggeriert, man ja eigentlich, dass Kultur irgendein Ding ist, ein Phänomen oder was auch immer.

00:01:43: bei der man die Wahl hat, ob man es benutzt oder nicht benutzt.

00:01:47: Und da würde ich sagen, das ist schon der falsche Ansatz.

00:01:51: Wir haben überhaupt keine Frage, wozu brauchen wir Kultur, weil wir sind Kultur.

00:01:55: Und die Frage ist im Grunde genommen, wie gehen wir damit um und was fangen wir damit an?

00:01:59: Und das ist ja in der Tat die Frage, weil so selbstverständlich, wie das jetzt klingt und wie das scheint, wird es ja aber nicht... gehandhabt, sondern die Kultur wird ja immer wieder total stark in Frage gestellt oder auch immer wieder als erstes, also soweit es darum geht, irgendwo was einzusparen, ist die Kultur und die Kinder sind als erstes dran.

00:02:21: Ja

00:02:21: klar, ich meine, die Kultur gilt als etwas, was man sich bestenfalle, wenn man andere anderen fragen, nach Nahrung, nach Wohnen oder was weiß ich, was schon erledigt hat, dass man sich das dann auch noch gönnt und dass ein Leben möglich wäre ohne Kultur.

00:02:35: Und genau das ist eben das Problem mit dieser Frage, dass das eigentlich so einen Eindruck erweckt, man könne da diesen Luxusgegenstand Kultur sich dann in bestimmten Momenten noch dazu holen und dann zu fragen, was könnte uns das bringen?

00:02:47: Und mein Verständnis von Menschsein, das mag sehr tscharisch klingen oder auch sehr einfach, basiert einfach darauf, dass das, was der Mensch macht, produziert, was ihm eigen ist, was zum Mensch sein dazugehört.

00:03:03: Im Grunde am Alles schon auch eine Frage der Kultur ist.

00:03:06: Also ich würde den Begriff tatsächlich so weit strapazieren, dass ich auch in unserer Gegenwart bewusst machen möchte, dass auch die Kriegsführung eine Kultur des Menschen ist.

00:03:13: Ob mir das gefällt oder nicht, aber es ist eine Kulturleistung.

00:03:17: Und deshalb, wozu brauchen wir die Kultur?

00:03:20: Wir haben gar keine Alternative.

00:03:22: Wir sind Kultur.

00:03:23: Mensch sein heißt, wir sind Kultur.

00:03:24: Und wir können nicht anders überleben.

00:03:27: Also wenn ich die Frage kurz beantworten sollte, dann brauchen wir sie zum Überleben.

00:03:31: Das bedeutet im Endeffekt ja, dass alles eigentlich Kultur ist, was vor Menschen gemacht ist.

00:03:35: Und das ist ja sicherlich auch eine Definition von dem Begriff, den man so machen kann.

00:03:41: Und jetzt ist natürlich trotzdem dann die Frage, wenn man mit jemandem spricht, der ein Museum leitet, also einen dezidierten Kulturort, wo ist da dann der Unterschied zwischen der Kultur, die wir in einem Museum erleben und der Kultur, die uns umgibt, wie zum Beispiel jetzt im schlimmsten Fall der Krieg.

00:03:59: Ja, ich möchte zunächst nochmal bewusst machen, warum behaupt ich, dass das alles Kultur ist?

00:04:04: Also auch die Kriegsführung ist eine kreative Leistung des Menschen.

00:04:07: Das ist etwas, wo sehr viel kreatives Potenzial reingeht, wo Menschen sich unglaubliche Dinge ausdenken, die es ohne, ich sag mal, diese Fähigkeit des Menschen, sich seine eigenen Werkzeuge zu entwickeln, zum Beispiel.

00:04:20: Was, ich sag mal, primaten durchaus auch können, das wissen wir mittlerweile.

00:04:23: Deshalb auch da die Grenze fließen, wo fängt Kultur eigentlich an, können Tiere Kultur haben, zum Beispiel.

00:04:31: Aber dass eben alles das, was mit Kreativität erreichbar ist im Grunde genommen, auch dann letztendlich mit dem Kulturbegriff zu fassen ist.

00:04:39: Museum ist schon, da sind wir schon meilenweit voraus gelaufen, finde ich, weil das Museum als Institution natürlich ein unglaublicher Hybrid auch ist.

00:04:49: Also Kultur findet ja zunächst mal nicht nur im Museum statt.

00:04:52: Die findet überall statt.

00:04:53: Die findet auf jedem Frühstückstisch statt.

00:04:54: Die findet hier in unserer Gesprächssituation statt.

00:04:57: Die ist eigentlich immer da.

00:04:59: Und ich behaupte mal, ohne dass wir in jeder Situation auch kreative Entscheidungen getroffen haben, können wir im Grunde genommen als Menschen gar nicht eine Situation erleben und schon gar nicht teilen.

00:05:13: Also das, was wir teilen, ist ja ein Setting, was ihr aufgestellt habt mit ganz bestimmten Entscheidungen.

00:05:18: Ihr habt das bei der Einführung anmoderiert mit dem Podcast, was euch da für Erwartungen, was ihr welche Erwartungen ihr da verbindet.

00:05:24: Und das sind alles schon Kulturleistungen.

00:05:26: Und deshalb die Frage, was macht dass dann den Unterschied im Museum aus.

00:05:32: Da können wir sicher hin.

00:05:33: Das finde ich auch eine spannende Frage definitiv.

00:05:37: Aber das ist schon ein sehr eigener Bereich dann auch.

00:05:41: Und man fragen muss, warum braucht es den denn eigentlich?

00:05:43: Warum braucht es diesen eigenen Bereich?

00:05:45: Warum braucht es den Bereich Museum?

00:05:47: Und warum braucht es den?

00:05:49: Naja, wenn wir die Kultur so breit definieren und uns dann mal überlegen, mit welchen Anforderungen gehen wir im Alltag um.

00:05:57: Was für Räume betreten wir?

00:05:59: Was für Funktionen erfüllen wir?

00:06:02: Welche Zielsetzung werden uns gestellt?

00:06:03: Welcher stellen wir uns selber?

00:06:05: Dann, ähm, glaube ich, kommt man irgendwann dahin, dass man sich dann fragen muss, ja, und wo, in welchem Bereich spielt sich da zum Beispiel die Kunst ab?

00:06:13: Was macht die da in diesen Räumen?

00:06:15: Ist die nur zur Dekoration der Räume da?

00:06:19: Oder was ist das eigentlich?

00:06:20: Ich gehe jetzt vom Kunstmuseum aus.

00:06:22: Ich hoffe, dass das jetzt klar ist, dass ich natürlich im Grunde einen Standpunkt vertrete, der sich sehr stark mit der Frage des Kunstmuseums beschäftigt.

00:06:30: Und da reklamiere ich in der Tade oder ich würde mal ganz anders formulieren wollen, dass ich schon denke, dass Situationen gibt, wo sich auch Menschen, die mit Kunst vielleicht noch gar nicht umgehen und mit Kunst auch nicht viel zu tun haben, aber Situation erleben, wo sie merken, da fehlt vielleicht irgendwas.

00:06:46: Da haben sie vielleicht zur Lösung von bestimmten Dingen nicht das richtige Werkzeug in der Hand.

00:06:51: Weil es eben nicht um die reine Funktionerfüllung geht von etwas.

00:06:54: Ich muss etwas machen, damit ich da mein Geld verdiene, zum Beispiel.

00:06:58: Ich gehe einkaufen, damit ich mittags was kochen kann.

00:07:01: Solche AB-Sachen, sondern dass man spürt, mich beschäftigen Dinge,

00:07:06: die

00:07:07: mich in irgendeine Offenheit reinbringen.

00:07:09: Und dann, finde ich, wird schon richtig spannend, weil das könnte schon sein, dass dann das Tool, was man da braucht, am Ende Kunst heißt.

00:07:16: Und für diese Kunst, die kann auch überall stattfinden.

00:07:20: auch da, aber es hat sich schon herauskristallisiert über viele, viele Stufen in vielen Jahrhunderten heraus, dass es doch und umständlich sinnvoll sein kann, dass man auch geschafft, wo die Kunst die erste Rolle spielt, die wichtigste Rolle spielt.

00:07:34: Und dann sind wir beim Museum.

00:07:36: Das heißt, wenn wir bei das Museum auch als Ort sprechen für die Kunst, dann müssen wir vielleicht diese Frage und wenn wir die Frage nach der Kultur so... holistisch eigentlich beantworten, dass alles, was wir machen, alles, was aus einem kreativen Moment heraus entsteht und selbst am Frühstückstisch passiert, wenn das zur Kultur gehört, was ja so ist, dann müssten wir vielleicht diese Frage so ein bisschen zuspitzen nochmal und fragen, wozu brauchen wir denn Kunst?

00:08:04: Dazu habe ich ja, also ich sage mal, das setzt eigentlich voraus, das war schon mal uns zumindest hier an diesem Tisch darauf einigen, was meinen wir denn eigentlich mit Kunst?

00:08:12: Was könnte es denn eigentlich sein?

00:08:14: Und da würde ich gerne in der Tat auf meine kleine Publikation zurückgreifen, die du da ja auf dem Tisch liegen hast, denn da habe ich ja in der Tat mal versucht, in sehr knappen Worten mir darüber Klarheit zu verschaffen, was mein ich denn damit, wenn ich von Kunst rede?

00:08:27: Und auch wenn ich weiß, dass jede Definition von Kunst im Grunde genommen völlig zu kurz greifen wird, weil dieses... Wenn um den Kunst immer wieder neu davon eilt und jeder Definition eigentlich auch sich wieder entzieht, glaube ich, ist es doch wichtig, dass man zumindest den Versuch wagt, sich dann mal klar zu werden, wovon reden wir denn eigentlich.

00:08:45: Also wenn wir jetzt in Zukunft an diesem Tisch dem Begriff Kunst verwenden, können wir uns da auf irgendetwas verständigen, was das sein könnte.

00:08:55: haben wir gestern, als wir im Vorgespräch waren, habe ich das Daniel auch noch mal vorgelesen, weil ich diese Definition sehr schön fand.

00:09:03: Ich lese dir einfach auch noch mal vor, Künstler wollen mit Kunst etwas in Erfahrung bringen und erlebbar machen, das sich auf anderem Wege nicht in Erfahrung bringen lässt.

00:09:12: Das habe ich, das fühle ich sehr.

00:09:16: Ich habe ja auch an der Kunsthochschule studiert und wir sind im Kontakt mit künstlerischen Praktiken in unseren Kernberufen.

00:09:26: als Filmemacher und diese Frage beschäftigt mich also viel und hier finde ich was wo?

00:09:32: ich sage ja okay das das kann ich total das kann ich erst mal so total annehmen.

00:09:37: was ist denn das aber was da eigentlich erlebbar wird?

00:09:40: kann man das irgendwie?

00:09:40: können wir das nochmal so ein bisschen fassen?

00:09:42: ich habe ja glaube den ersten Satz den ich da formuliere der heißt kunst ist form gewordenes Spiel mit inhalten.

00:09:48: das ist mir schon sehr wichtig weil da schon drei drei wichtige Begriffe auftauchen.

00:09:53: ich glaube den man sich stellen muss Form geworden, das ist also schon das Setz, das heißt, da gibt es irgendetwas, das Gestalt geworden ist.

00:10:02: Das kann ein Wort sein, das kann ein Klang sein, das kann ein gewebter Stoff sein, das kann ein gemaltes Bild sein, das kann auch ein Popcast sein.

00:10:10: Spiel ist mir ein sehr wichtiger Griff, wenn man mit Kunst umgeht, weil Spiel heißt, dass man nicht Regeln übernimmt von irgendwo, sondern sich jede Freiheit erlaubt mit bestimmten Phänomen, die man sich angeeignet hat, persönlich umzugehen und im Spiel die Möglichkeiten mit diesen Dingen auszuloten.

00:10:32: Und Spiel heißt auch, es ist nicht zweckorientiert, sondern Spiel hat zunächst mal gar keinen Zweck.

00:10:36: Spiel kann sich völlig verselbstständigen.

00:10:38: Wer Kinder hart weiß, der weiß sich daran zu erinnern, wie viel Spaß das machen kann, wenn sie gerade in jungen Jahren im Grunde genommen die Spielregeln definieren.

00:10:46: Und wir tun jetzt mal so das.

00:10:48: Und das ist etwas, wo ich glaube, die Kreativität zum Beispiel sehr stark dran gebunden ist.

00:10:52: Eine Kreativität ohne Spiel, die kann ich mir eigentlich gar nicht vorstellen.

00:10:55: Ich glaube, dass diese Begriffe im Grunde fast synonym zu verwenden sind.

00:10:59: Und Inhalten natürlich schon, weil ich denke, dass es, wenn etwas mitgeteilt, wenn etwas Form geworden ist, dann hat es irgendwo auch einen Sinn, dann hat es irgendwo auch einen Inhalt.

00:11:12: Auf welche Weise sich dieser Inhalt jetzt darstellt.

00:11:15: Ist er hörbar?

00:11:16: Ist er essbar?

00:11:17: Ist er mit welchen Sinnen ist er uns zugänglich?

00:11:19: Das ist schon eine ganz andere Frage.

00:11:20: Gleichzeitig aber wissen wir, dass wir mit unseren Sinnen ausgestattet nur bestimmte Dinge wahrnehmen können.

00:11:27: Wir wissen längst, dass es Tiere gibt, die in bestimmten Bereichen uns meilenweit überlegen sind in der Frage, was sie wahrnehmen können.

00:11:34: Und deshalb müssen wir uns natürlich damit auch beschäftigen.

00:11:37: Wo ist die Begrenzung?

00:11:38: Wo ist vielleicht unsere Begrenzung auch der Wahrnehmbarkeit?

00:11:41: Und das sind Begriffe, die sich alle bedingen.

00:11:46: Wenn die Form auf eine Weise stattfindet, dass nur eine Ornisse sie wahrnehmen kann, dann bleibt sie uns verborgen, dann bleibt sie uns unzugänglich.

00:11:54: Aber das ist eben eine ganz spannende Frage.

00:11:56: Kunst als ein Phänomen aufzufassen, das sich eben nicht definieren lässt, sondern dass man sofort dazu sagt, das hat alles nur eine Vorläufigkeit.

00:12:05: Aber... Wenn wir uns hier am Tisch darüber dalten wollen, dann müssen wir versuchen, aus dieser Vorläufigkeit mal für den Moment hier im Grunde genommen eine ungefähre Vorstellung zu entwickeln von wem denn eigentlich.

00:12:18: Das heißt, auf eine Art geht es vielleicht darum mit der Form, die sich ja vielleicht von diesen drei Sachen Inhalt, Spiel und Form am ehesten sozusagen an jemanden richtet.

00:12:32: So ein bisschen darum geht, dass also mit dem Mit dem sichtbaren, mit der Form oder mit dem hörbaren, aber jetzt vielleicht mit dem sichtbaren, das unsichtbare sichtbar zu machen.

00:12:43: Das ist eine schöne Definition, die ich glaube, die man in der deutschen Grundesgrundgeschichte zumindest zum Beispiel mit Paul Klefer bindet, das unsichtbare sichtbar zu machen.

00:12:53: Ja, darum geht es natürlich auch, klar.

00:12:55: Und Form heißt nochmal, du kannst den schönsten Gedanken entwickelt haben.

00:12:59: Wir sind noch nicht so weit, dass wir uns vernetzen können und ich deine Gedanken sofort verstehe, ohne dass sie in irgendeiner Weise Form geworden sind.

00:13:06: Also im Grunde ist das sehr einfach.

00:13:08: Ich muss dazusagen, ich habe immer mal behauptet, dass ich diese komplexen Dinge, ich kann die gar nicht kompliziert denken.

00:13:14: Ich versuche sie einfach zu denken.

00:13:16: Und mir den kreativen Prozess gerade auch schrittweise dadurch bewusst zu machen, was passiert da, wenn ich versuche, jeden Schritt mal einfach zu denken und wird es ohnehin schon komplex genug halt.

00:13:28: Ich finde das ganz interessant, weil das ja auch so ein Prinzip ist, Daniel, was wir versuchen, glaube ich, anzuwenden, weil wir uns das auch so auf die Fahne geschrieben haben, dieses zu der Basis eigentlich mal immer durchzudenken oder durchzustechen.

00:13:43: Und deswegen vielleicht auch diese Frage tatsächlich noch mal so ein bisschen beharrend, was dieses Unsichtbare denn ist, was durch die Kunst, ja, ich will gar nicht sagen vielleicht sichtbar, weil es zu physisch ist, aber erlebbar wird.

00:13:58: Also da hat es vorhin auch darüber gesprochen, dass Menschen, die in einem Kunstmuseum gehen, einen Werkzeug vielleicht dort sozusagen für was an die Hand bekommen, was sie woanders nicht kriegen.

00:14:08: Was ist das, was sich dahinter verbirgt oder unter dieser Oberfläche?

00:14:12: Das ist vielleicht zunächst mal auch eine Empfindung, dass wir merken, dass uns bestimmte Dinge faszinieren und die uns gar nicht erklären können, warum eigentlich.

00:14:21: Also ich bringe das Beispiel aus der Musik, jemand geht in ein Konzert.

00:14:26: Und er hat eigentlich gar nicht irgendwie eine große Beziehung und plötzlich merkt er wie ihn was packt.

00:14:31: Und das kann den ganzen Körper erfassen als ein physisches Erlebnis.

00:14:35: Erklären kann man das nicht.

00:14:37: Und er kann im nächsten Tag ins gleiche oder dasselbe Konzert gehen, es wird dasselbe gespielt und es passiert überhaupt nichts.

00:14:42: Und mit solchen Phänomen muss ich sagen, gehe ich als Kunstdormittler natürlich ganz gerne um.

00:14:47: Das hängt zum Beispiel auch damit zusammen, dass ich gelernt habe, dass Abwehrreaktionen von Menschen, wenn man sich mit ihnen über Kunst unterhält, Abwehrreaktionen, meistens sich irgendwann dadurch auflösen lassen, dass man merkt, dass das, was da den Menschen berührt hat und was zu einer Abwehrreaktion geführt hat, etwas ist, wobei, wovon er gespürt hat, dass es ihnen verändern könnte, wenn er sich dem aussetzt.

00:15:15: Also, dass die Abwehrreaktion wie eine Art Schutzfunktion ist.

00:15:18: Und das Unsichtbare, ja gut, ich meine, es wäre, wenn ich jetzt klar sagen könnte, was ist das Unsichtbare?

00:15:22: Ich glaube, dann wäre es ja sichtbar, dann wäre es ja nicht mehr unsichtbar.

00:15:25: Aber ich versuche halt zu beschreiben, dass ich denke, dass jeder, der mit wachen Augen und seinen Sinnen ausgestattet durch diese Welt geht, dass der Spürsituation erfährt, die er sich tatsächlich letztendlich rational nicht erklären kann.

00:15:38: Und das meine ich jetzt gar nicht in dem esoterischen Sinne, sondern eigentlich sehr, sehr grundiert und sehr, sehr stark eigentlich mit einer starken Bodenhaftung.

00:15:47: Ja.

00:15:48: Tschuldigung.

00:15:50: Ich sage die ganze

00:15:51: Zeit nix, erster Satz.

00:15:55: eine total schöne Selbstbezeichnung für dich gefunden.

00:16:01: Das habe ich noch nie gehört.

00:16:02: Du bist Kunstvermittler.

00:16:04: Das bin ich in allererster Linie.

00:16:05: Wenn mich jemand fragt, was machst du eigentlich, dann bin ich Kunstvermittler.

00:16:08: Total schönes Wort, finde ich.

00:16:10: Wobei ich das immer dazusagen muss.

00:16:14: Auch da stoßen wir schon einen riesen Fass an, weil wir uns allen daran gewöhnt haben, glaube ich, dass Kunstvermittlungen sofort mit Texten verbunden sind.

00:16:25: Also gesprochen oder geschrieben, dass man über die Kunst etwas macht.

00:16:30: Und das meine ich gar nicht.

00:16:31: Das meine ich auch.

00:16:32: Das kann irgendwann kommen.

00:16:34: Aber das, was mich fasziniert ist, und da sind wir wieder bei dem Form geworden im Spiel mit Inhalten, dass ich behaupte, dass das Kunstwerk auch deshalb eines ist, weil es die Vermittlung eigentlich schon in sich trägt.

00:16:47: Das heißt, dass dieses Spiel mit Inhalten dazu geführt hat, dass ich in dem, was davor mehr ist und von dem ich überhaupt noch nicht weiß, ob das Kunst sein könnte, Aber eine Sinnstruktur enthalten ist, die es mir möglich macht, es zu erleben.

00:17:01: Das heißt, dass diese Idee, also ich behaupte mal, dass jeder, der mit einer Kreativität unterwegs ist, etwas produziert, etwas Form werden lässt, ich behaupte mal, dass deren Anliegen hat, dass es auch tatsächlich verstanden werden kann.

00:17:18: Es ist nicht dafür gemacht per se.

00:17:19: Ich glaube, das interessiert erst mal nicht.

00:17:22: Aber er möchte es ja selber irgendwo für sich klären.

00:17:26: Er möchte ja selber wissen, womit gehe ich da eigentlich um und warum ist das jetzt so geworden, wie es ist.

00:17:31: Und wer Künstler kennt und das mit Künstler und Künstlerinnen gar nicht im Gespräch ist und das bin ich wirklich gerne, der wird immer wieder in Abtoudiergesprächen oder in überhaupten Gesprächen zu hören bekommen, dass es für den Künstler unbegreiflich ist, wie das mit dem er da spielt, in einem bestimmten Moment ihm sagt halt, hör mal gerade auf zu spielen, ich bin eigentlich soweit und ich bin nicht mehr du.

00:17:54: Ich bin selbstständig, ich bin etwas eigenes geworden.

00:17:57: Und diese, das ist für mich ein ganz wichtiges Anliegen in der Kunstvermittlung, dass ich behaupte, das ist genau der Moment, wo dieses Form geworden etwas, was immer das ist, wie gesagt, das kann ein Wort sein, ein Klang, ich muss das immer wieder öffnen, dass man es nicht zu konkret denkt, aber dass diese Form geworden etwas tatsächlich soweit ist, dass es sich für jemand Anderen im Grunde genommen darstellen kann.

00:18:19: Und deshalb trägt es den Vermittlungsaspekt schon in sich.

00:18:21: und meine Aufgabe als Kunstvermittler.

00:18:23: besteht eigentlich nicht darin, dass ich Überkunst etwas sage, etwas aussage.

00:18:29: Also insofern, ich sag mal, mit faktischen Informationen zum Beispiel umgehe, ist das Jena''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''''' Auf Augenhöhe ist, indem der Künstler die Künstlerin feststellt, dass das, was sie da produziert oder gemacht hat, an was sie arbeitet, eine Selbstständigkeit erhalten hat, die sich von ihr oder ihm entfernt.

00:19:04: Also vermittelst du eigentlich zwischen drei Parteien, kann man das so sagen?

00:19:08: Ja, muss ich drüber nachdenken.

00:19:11: Es sind drei Parteien.

00:19:13: Es gibt das etwas, es gibt den Rezipienten und es gibt dann mich.

00:19:16: Das ist tatsächlich so.

00:19:17: Und ich behaupte auch klar, das sind die drei Parteien, sind im Idealfall nicht hierarchisiert.

00:19:23: sondern sie sind im Idealfall auf Augenhöhe.

00:19:25: Auch das ist ein ganz anderer Aspekt von Kunstvermittlung, der sich das muss ich dazu sagen, jetzt in den letzten zwanzig Jahren sicher stärker auch in der Kunstvermittlung breit macht.

00:19:33: Als ich das mit jungen Jahren behauptet habe, habe ich in der Regel Kopfschüttel geahntet, wenn ich gesagt habe, Kunstvermittlung ist keine Einbahnstraße, sondern Kunstvermittlung ist etwas, wo ich als Vermittler im Grunde genommen mindestens genauso viel mitnehmen kann, wie ich reingebe, wenn das gut läuft.

00:19:50: Vielleicht noch einen weiteren Gedanken, der ich glaube, für unser Gespräch auch sehr grundlegend ist, was den Begriff der Kunst anbetrifft.

00:20:00: Nach meinem Verständnis ist das, was der Mensch eben mit der Kreativität erzeugt, das ist das Subjektivste, was ihm zur Verfügung steht.

00:20:07: Das heißt, er kann auf viele Dinge zurückgreifen, wie wir jetzt hier auf die Technik zurückgreifen, die ihr hier bereitgestellt habt.

00:20:14: Aber wenn er spielt, Dann kommen Dinge ins Feld, auf die er nicht zurückgegriffen hat, außer, dass sie seine eigenen Dinge sind.

00:20:22: Und das heißt, es ist radikalsuppjektiv.

00:20:25: Das ist das, was mich bei der Kunst von Anfang an fasziniert hat, dass ich keinen Gegenstand kenne und Gegenstand bitte jetzt nicht so konkret als Ding nennen, sondern überhaupt, der so radikalsuppjektiv geprojekt ist.

00:20:38: Und wenn ich das erstmal akzeptiert habe, Dann ist doch der nächste Schritt ganz einfach, dass ich mir klarmache, und das sage ich jetzt als Kunsthistoriker, dass es natürlich viele Möglichkeiten gibt, um objektive Aussagen über das zu machen, was da vielleicht Kunst genannt werden könnte, dass aber im Kern nicht der Subjektivität und dieser Radikalität, mit der das geworden ist, auch nur mit subjektiven Möglichkeiten nachkommen.

00:21:05: Und das muss man sich natürlich vorstellen, immer klarmachen, was das für den Wissenschaftsbegriff der Kunstgeschichte heißt.

00:21:10: Man kann wunderbar faktische Dinge beschreiben an Kunst und ich stelle das gar nicht in Abrede, sondern das sind ganz wichtige Werkzeuge und das sind großartige Leistungen der Kunstgeschichte als Wissenschaft.

00:21:23: Und trotzdem behaupte ich, und das ist eine Erfahrung, die ich als Kunstvermittler eben dann doch häufig auch gemacht habe und die ich versuche, in meiner eigenen Arbeit eben zu überwinden, dass wir, solange wir dabei bleiben bei diesen Erkenntnissen, nur an der Oberfläche kratzen.

00:21:37: Weil wir nicht so weit kommen zu erkennen, wo ist denn jetzt genau der Sinn dieser ganzen Unternehmung?

00:21:42: Also ich bringe mal das Beispiel, könnt jetzt ganz viele Beispiele bringen, ich bringe das Beispiel der Äpfel bei Cezanne.

00:21:49: Geht es da um die Äpfel?

00:21:51: Na überhaupt nicht.

00:21:52: Und es geht auch eigentlich nicht um Cezanne als Person.

00:21:55: Also worum geht es denn dann?

00:21:57: Geht es um Farbe?

00:21:58: Ja, aber in welchem Sinne?

00:22:00: In der materiellen Sinne, Öl auf Leinwand?

00:22:02: Das kann jeder.

00:22:04: Kannst du dich nachher hinsetzen, mal als Äpfel mit Öl auf Leinwand?

00:22:06: Oh Gott.

00:22:07: Es wird

00:22:09: scheiße

00:22:10: aussehen.

00:22:10: Ja, das wird bei mir nicht anders.

00:22:14: Deshalb empfehle ich auch manchmal, wenn Leute denken, sie haben es verstanden, wir treffen uns in einer Woche wieder, macht das mal, weil dann werdet ihr feststellen, dass es darum gar nicht geht.

00:22:23: Also worum geht es denn eigentlich?

00:22:25: Und da sind wir schon wieder beim unsichtbaren am Ende, denn sichtbar ist Ölfarbe auf Leinwand und seht ihr Äpfel?

00:22:33: als Gegenstandgemalter irgendwann mal Ausgangspunkt waren, aber das, was dieses Faszinat, Faszinosum ausmacht, eines Stillheben von Cézanne, das habe ich damit noch nicht beschrieben.

00:22:45: Und das ist für mich das Spannende, dass man sich dem eigentlich immer wieder stellt und sich dem auch immer wieder öffnet.

00:22:52: Man würde sich als Rezipient ja wünschen, dass man immer so einem Kunstvermittler wie dir sozusagen begegnet, weil sich dann glaube

00:22:58: ich... Das weiß ich gar nicht, ob

00:22:59: das so ist.

00:23:00: Also da hingehen, dass ich denke mir nur gerade so, je nachdem auf was man trifft, jetzt als Museumsbesucher oder als Rezipient von Kunst, nimmt man die natürlich ganz anders wahr und so wie du das gerade sozusagen beschrieben hast.

00:23:13: öffnet sich der Blick in eine ganz andere Richtung als bei jemandem, der vielleicht didaktischer oder sonst irgendwie sozusagen vorgeht.

00:23:20: Das finde ich sozusagen spannend daran.

00:23:22: Ja, ich meine, jetzt muss ich dazusagen halt, ich mache das jetzt seit vierzig Jahren halt und da spielen mittlerweile doch eine ganze Menge Erfahrung, eine Rolle.

00:23:33: Und ich erlebe das tatsächlich so, dass selbst Menschen, die sich mit Museen sehr stark beschäftigen, wenn wir dann mal anderthalb Stunden lang vor Ort wirklich gemeinsam uns was bewusst gemacht haben.

00:23:44: Tatsächlich eben oft sagen wir, so haben sie es eigentlich noch nie betrachtet.

00:23:46: Das wiederum sage ich jetzt nicht, um zu sagen, wie einzigartig das ist, was ich mache.

00:23:50: Das ist mit Sicherheit überhaupt nicht.

00:23:52: Aber dass ich glaube, dass die Formate, die im Kunstbetrieb sich so etabliert haben, nicht unbedingt die besten sind.

00:24:01: Ich bring mal ein Beispiel.

00:24:02: Bleiben wir bei Cezanne.

00:24:04: Was ist besser?

00:24:06: dass ich einem einzigen Stillleben von Cézanne begegnet, dass in einer optimalen Situation, Wahrnehmungssituation, sich mir anbietet, dass ich mich ihm stelle oder dass ich eine Cézanne Rettospektive sehe, wo dreihundert der schönsten Cézans verbunden und vereinigt sind.

00:24:22: Und ich im Grunde genommen mit einer Fülle konfrontiert werde, die ich selbst als Profi nicht nur nicht bewältigen will, sondern auch nicht bewältigen kann.

00:24:34: Analogie, man geht ins Restaurant und sagt nicht, ich bestelle mir jetzt genau dieses Essen, weil ich habe einmal Hunger und heute möchte ich das essen, sondern man geht ins Restaurant und der Koch sagt, ich bringe Ihnen jetzt alles, was ich auf der Speise gehabt habe.

00:24:46: Das ist ein bisschen platt, das ist mir bewusst.

00:24:49: Ich ist auch ein bisschen holtschnittartig und ich glaube es trockt doch, dass es das beschreibt, was ich ein kleines bisschen beschreibt, dass ich da als eine ungünstige Situation eigentlich oft genug erlebe, die sich da eben sehr stark er etabliert hat.

00:25:02: Geht ja auch in den Bereich sozusagen beim Film.

00:25:06: Also ich nehme das auch so wahr.

00:25:07: Die ständige Verfügbarkeit von allem.

00:25:09: Also ich sage, ich erzähle ja immer die Geschichte, ich habe auf Pulp Fiction sechs Wochen warten müssen, bis der Individu-Take sozusagen da war und dann war dieser heilige Kassette endlich da.

00:25:19: Sie wurde eingelegt, der Film wurde geguckt und es war irgendwie so, what the fuck.

00:25:23: Heute ist ständig alles überall verfügbar.

00:25:26: immer zu jedem Zeitpunkt.

00:25:27: Das ist eine Auswahlmöglichkeit und dadurch verliert sozusagen, wir haben über Q-Break letztens gesprochen, weil ich nochmal ein Fullmetal Jacket geguckt habe, der absolute Wahnsinn, wirklich der absolute Wahnsinn.

00:25:41: Aber so rezipiert man heute, also meine Kinder wachsen ganz anders auf.

00:25:44: Und da ist ja auch, also was ich da drin höre, was du gerade gesagt hast, da steckt ja auch, dass sich einlassen müssen.

00:25:53: Also du hast gerade berichtet, wenn du Leute im Museum hast und das die nach anderthalb Stunden irgendwie einen anderen Zugang bekommen, der eben nicht mehr so konsumistisch ist.

00:26:03: Also das Verstehen von Kunst ist ja vielleicht unter der Prämisse von dem, was du gesagt hast, auch ein total falscher Gedanke, weil es da möglicherweise überhaupt nichts zu verstehen gibt so auf dieser kognitiven Ebene.

00:26:16: Und die Kunstvermittlung, die das versucht in den Vordergrund zu stellen mit historischem Kontext oder mit politischem Kontext und mit Einordnung und sowas.

00:26:26: Eigentlich an dem, was die Kunst, so wie wir jetzt gerade darüber sprechen, ausmacht, überhaupt nicht gerecht wird.

00:26:33: Ich habe ja eure Einladung deshalb auch gerne angenommen, weil ich euer Projekt Humor is im Bund, umso verstanden habe, dass ihr ja nicht nur euch bei einer Gegenwartskritik aufhalten wollt, sondern wirklich danach fragt, wie können wir das denn überwinden und wie können wir konstruktiv nach vorne gucken.

00:26:46: Und ich glaube, dazu gibt es sicherlich eine Menge Beispiele, wo ich aus meiner Arbeit sagen kann, das ist eine Haltung, die ich absolut teile, weil die reine Gegenwartskritik, die gibt es ja nicht weiter.

00:26:56: Aber du hast eben ja davon gesprochen, dass zum Beispiel die Totalverflügbarkeit von Kunst auch, eben in jedem breiten Sinne, eben Musik, bildende Kunst, alles Mögliche, dass das auch ein Problem produziert.

00:27:09: Das tut zu meiner Sache in jedem Fall.

00:27:11: Man kann daraus, oder ich hoffe, dass man daraus sehr konstruktiv eine Vorstellung ableiten kann.

00:27:17: Was könnte denn sinnvoller sein?

00:27:20: Bevor wir das dann gleich, sagen wir da, reinschwenken, vielleicht noch ein Gedanke, der mir auch sehr wesentlich ist.

00:27:25: Ich habe das eben schon mit der Musik gebracht, das Beispiel.

00:27:28: Und bei der Musik ist das etwas, was jeder sofort versteht.

00:27:31: Und die Musik hat vielleicht den Vorteil auch, dass man aus dem Konzert nicht rausgeht und sagt, ich habe es nicht verstanden.

00:27:37: Dann geht man raus und sagt, es hat mir gefallen oder es hat mir nicht gefallen.

00:27:39: Es hat mich berührt, es hat mich nicht berührt.

00:27:41: Da hat die Bildung eine Grundsache schwerer.

00:27:43: Weil eben viele Formate, die sich da etabliert haben, eben sehr stark auf dieser Verständnis-Ebene ausgehen.

00:27:47: Weshalb ich gerne mal am Beginn einer Begegnung mit Menschen, mit Kunst eben sage, es gibt hier nichts zu verstehen.

00:27:54: Das ist natürlich übertrieben, natürlich gibt es auch was zu verstehen, aber das ist nicht der Kern eigentlich.

00:28:01: Und wenn ich das Beispiel mit der Musik bringe, dann auch von einem anderen Hintergrund nochmal.

00:28:06: Bei der Musik weiß jeder, da geht es um den Moment.

00:28:11: Und wenn ich die Musik als das verstehe, was ich live erleben kann, wenn Menschen Musik machen oder wenn sie mit Klängenarbeiten öffnen, war das Feld mal viel stärker, weil auch Musik ist schon ein sehr definierter Begriff.

00:28:24: Dann ist das schon ein Unterschied.

00:28:26: Ob ich merke, dass es passiert da gerade in diesem Moment, die machen das in diesem Moment und ich kann nicht vor und nicht zurückspulen.

00:28:33: Und wenn sie es jetzt wiederholen würden, dann wäre es vielleicht schon nur noch halb so gut, wie es eben war in diesem einen Moment.

00:28:39: Beim Tanz ist das so, beim Tanz noch mit dem wunderbaren Ergebnis, wie bei der Musik, dass nichts bleibt.

00:28:46: Da ist eine Bewegung da, die Simon nächsten Moment ist sie weg.

00:28:48: Nichts bleibt.

00:28:50: Da bleibt eine Spur vielleicht.

00:28:52: Ein Tropfen Schweiß auf dem Boden, aber sonst bleibt da nichts.

00:28:56: Und ich würde gerne dieses Empfinden mal spiegeln mit dem Empfinden von bildender Kunst, weil ich behaupte, dass es da ganz genau so ist.

00:29:05: Dass ich dem Kern des Kunstwerks eigentlich nur so beikommen kann, dass ich sage, es ist für den Moment.

00:29:10: Und da sind wir natürlich an einem Punkt, wo die Institution Museum, so wie sie landläufig aufgefasst wird, ein totales Missverständnis produziert.

00:29:18: Das heißt, da hängt das Cezanne an der Wand und wenn ein Museum einen Cezanne-Stil leben hat, dann ist es in der Regel so, dass die das nicht ins Depot hängen, sondern das hängt immer.

00:29:27: Und man weiß, in vielen Häusern, ich bieg hier zum die Ecke und da hängt dieses Bild.

00:29:30: Das ist auch was sehr Schönes, sag ich mal.

00:29:33: Es schafft ja auch eine Verlässlichkeit.

00:29:34: Es ist halt da.

00:29:36: Aber es ist nicht ein Selbstzweck, dass es da ist.

00:29:40: Das bringt erst mal gar nichts.

00:29:41: Es ist da schön zu wissen, dass es da ist.

00:29:44: Aber entscheidend ist, eigentlich welcher Moment stellt sich ein.

00:29:48: Und da kann es Situation geben.

00:29:50: Ich weiß, dass es da ist.

00:29:51: Ich biege um die Ecke und es stellt sich kein Moment ein.

00:29:54: Und eine andere Situation kann sein, ich komme wieder dahin und stelle plötzlich fest, heute ist es anders.

00:29:58: Das Ding selbst ist exakt dasselbe.

00:30:01: Und die geringen Alterungsspuren von einem halben Jahr, die nehmen wir nicht wahr, die nimmt vielleicht irgendein Wesen wahr, aber wir nehmen die nicht wahr.

00:30:08: Aber das ist etwas, was mir persönlich sehr wichtig geworden ist über die vielen Jahre, dass egal welchen Form Kunst findet, ob sie ein gewiebtes Kleid ist, was man jemandem geben kann, dass er es trägt, oder ein Buch, das ich in die Hand nehme, ein Konzert, ein Klang, den ich höre.

00:30:29: Gleich, was es ist.

00:30:30: Ich behaupte mal, es ist im Kern für den Moment da.

00:30:34: Und damit sind wir wieder auch bei einem ganz entscheidenden Gedanken, dass dieses Phänomen Kunst, was immer das sein kann, nie ohne einen Rezipienten gibt.

00:30:43: Das ist nichts ohne einen Rezipienten.

00:30:46: Und in dieser Radikalität, ich glaube, die würde ich gerne immer erst mal voraussetzen, damit man eigentlich dann dahin kommen kann zu sagen, so was folgt denn jetzt daraus?

00:30:54: Was folgt daraus für unsere Gegenwach?

00:30:56: Und was könnte denn daraus folgen, wenn man mal Obwohl sie uns nicht zur Verfügung steht, aber sich Gedanken darüber macht, wie könnte sich denn in der Zukunft bestimmte Dinge entwickeln?

00:31:06: Du hast das gerade auch schon mal gesagt, diesen Moment beschrieben, dass man irgendwo in ein Museum kommt oder mit einem Kunstwerk in Begegnung kommt.

00:31:16: Und es passiert gar nichts.

00:31:17: Und am nächsten Moment, am nächsten Tag, nächste Woche, passiert was oder umgekehrt.

00:31:22: Und dann dieses radikal Subjektive beschrieben.

00:31:25: Und das nämlich auch exakt so war.

00:31:28: Und frag mich aber tatsächlich auch noch mal dieses Subjektive, was das dann ist oder diese Verfasstheit, mit der man eigentlich in die Begegnung geht und entweder es passiert was oder es passiert nichts oder die Musiker wiederholen was, es wird was reproduziert und es passiert nichts.

00:31:46: Das verweist ja für mich irgendwie auf die Beschaffenheit des Menschen auf eine Art, weil es einen Ja, weil dieses menschliche, dieses eben nicht immer gleiche, dieses nicht eindeutige, dieses nicht A plus B ergibt gleich C in der Vermittlung, weil das so und so war und dies und dies war ist das und das passiert oder nicht passiert, sondern es ist eben sozusagen auf so eine Art unzuverlässigt ist.

00:32:11: und du beschreibst immer wieder, oder du benutzt immer wieder diesen Blick, den Begriff der Ästhetik des Humanen.

00:32:19: und Da frage ich mich, ob das vielleicht etwas damit zu tun hat, dass eigentlich diese Kunst sowohl das machen, dieses fühlen oder irgendwann wissen, jetzt ist das Werk eigenständig, jetzt ist es fertig auf einer Art.

00:32:35: Und aber auch das, jetzt spricht es zu mir, jetzt macht es etwas Unsichtbares für mich gerade, und das ist möglicherweise etwas ganz anderes, als die Person neben mir gerade erlebt.

00:32:45: Und es ist vielleicht auch nur was, was jetzt gerade in diesem Moment bei mir so passiert und nicht gestern möglich gewesen wäre und vielleicht auch morgen sich nicht mehr einstellt.

00:32:51: Genau.

00:32:55: Wenn du sagst, es ist fertig, dann muss man die Klammer sofort wieder öffnen, dass ich glaube, dass es zum Fertigsein eines Kunstwerkes dazugehört, dass es unfertig bleibt.

00:33:04: Weil wenn ich davon ausgehe, dass es Kunst eigentlich nur durch den Rezipienten geben kann, sonst bleibt es tote Materie.

00:33:12: dann muss es ja irgendwo eine Möglichkeit geben, dass ein Rezipient sich andocken kann an etwas.

00:33:19: Und ich behaupte mal, dass etwas das zufertig ist, genau diese Fähigkeit und diese Eigenschaft nicht hat, sondern eher hermetisch sagt, ich bin zwar Form geworden, aber mit mir brauchst du dich nicht mehr zu beschäftigen, weil ich bin völlig fertig.

00:33:34: Das meine ich mit fertig, glaube ich.

00:33:36: Und Ästhetik des Humanen, das ist ja ein Begriff, den habe ich übernommen, weil ich da auch sehr stark geprägt bin.

00:33:42: Das muss ich wirklich sagen von Heinrich Böll, der diesen Begriff ja für die Literatur auch gebracht hat und der mich da sehr beeinflusst hat, dass in diesen Denken, das ist ja ein Begriff, der zunächst nicht in irgendeiner Form etwas stilistisches beschreibt.

00:33:57: Ich glaube, die Ästhetik des Humanen kann ganz verschiedene Formen annehmen, aber es ist schon, wie du es versuchst, das zu beschreiben, dass es vielleicht darum gehen könnte, dass man spürt, es ist vom Menschen und es ist auch für den Menschen.

00:34:12: Und damit hat es eine Qualität, die eben ja eine humane Ästhetik sein könnte.

00:34:17: Und dir aber in diesem radikal subjektiven, was eben nicht für für alles gleich oder für alle gleich ist und für alle gilt, auf eine Art eben auch unfassbar.

00:34:30: Ja,

00:34:31: ihr beschäftigt euch auch sehr stark mit dem Begriff der Empathie und das gehört ja in diesen Kontext rein.

00:34:39: Ich glaube, das ist ein Riesen-Missverständnis, dass wir meinen Menschen, können man als alle gleich beschreiben.

00:34:47: Ich glaube, das ist ein Missverständnis.

00:34:48: Ich glaube, das Faszinose besteht darin, genau im umgekehrten Schluss zu sagen, die sind eben nicht alle gleich.

00:34:53: Die sind alle ganz anders.

00:34:55: Und diese Subjektivität ist eine Entäußerung dieses Andersseins.

00:35:01: Und im Idealfall ist das, was sich da entäußert hat, dann am Ende so unfertig geblieben, Dass es wieder auf ein Subjekt treffen kann, das mit diesem ganz anders sein, tatsächlich plötzlich sagt, meins ist das.

00:35:12: Ich kann da sofort auseinander.

00:35:14: Das ist doch das Faszinierende, dass man mit Menschen, die man sehr gut kennt und mit denen man sehr viele Momente teilt und sich bestens versteht, in ein Konzert zum Beispiel reingeht, der eine fährt voll drauf ab und findet das super.

00:35:26: Und der andere schüttelt den Kopf und sagt, ich komm nicht rein.

00:35:27: Ich hab da keines erreicht mich überhaupt nicht.

00:35:32: Das sage ich jetzt als Kunstvermittler, weil genau das ist ja für mich die spannende Situation.

00:35:36: Was passiert denn eigentlich gerade?

00:35:38: Ich habe mich ja sehr ausführlich eben auch mit dem mit dem Begriff beschäftigt, den ich den ästhetischen Augenblick nenne.

00:35:44: Also was passiert da genau?

00:35:46: Wenn du sagst, mir gefällt das jetzt.

00:35:48: Und jemand, den du super kennst und den du super mag, sagt, ich finde das furchtbar.

00:35:53: Was passiert jetzt genau in dem Moment?

00:35:55: Du meinst zwischen uns als Menschen, einer sagt, ist super, der andere sagt, finde ich doof?

00:36:00: Oder in dem Moment, wo wir das beide gleichzeitig erleben und so eine unterschiedliche Reaktion eigentlich erzeugt?

00:36:05: Also ich glaube halt, da sind wir dann vielleicht beim Museum auch, dass das Museum ein sehr guter Ort kann, wo diese Dinge bereitgestellt werden, um eine solche Situation zu fassieren, dass eben Menschen, die sich wertschätzen, da stehen und der eine fährt ab und der andere sagt, nee, finde ich ganz doof.

00:36:21: Ich glaube, dass beide in so einer Situation unglaublich viel lernen können, wobei ich jetzt lernen auch nicht zu Funktionalwissen, verstanden wissen will, sondern vielleicht erfahren können über sich, über den anderen und über dieses Ding, das das auslöst.

00:36:37: Und ich finde so interessant, dass es aber trotzdem, weil ich stimme dir da erstmal zu, auch gerade in dieser Subjektivität der Erfahrung oder auch in dem Machen, wenn man Kunst schafft, dass wir da alle irgendwie auf eine art unterschiedlich sind als menschen und gleichzeitig gibt es ja wahrscheinlich doch irgendwie sowas universell ist da drin dass wir schon auch uns darauf einigen können bestimmte dinge als kunst zu empfinden oder dass wir eben auch möglicherweise selbst wenn wir was doof finden oder dass uns nicht berührt verstehen warum es ein kunstwerk ist und nicht einfach ein design objekt oder sowas das heißt da gibt es ja schon irgendwie so ein kern der dann uns alle wieder betrifft.

00:37:18: Das versuche ich relativ einfach zu denken.

00:37:22: Das hat für mich rein anthropologische Gründe.

00:37:24: Wir sind alle vergleichbar ausgestattet, auch wenn wir ganz verschieden sind, aber prinzipiell sind wir vergleichbar ausgestattet.

00:37:32: Und das heißt, wir waren ja bei dem Thema schon mal, dass wir vergleichbare Rezipienten sind, vergleichbare Möglichkeiten haben, zu rezipieren.

00:37:41: Und das bleibt meine Grundüberzeugung, dass dieses anthropologische, diese anthropologische Sichtweise auch dazu führt, dass Menschen, egal woher sie kommen, aus welcher Kultur sie kommen, wo immer sie auf dem Erdball leben, am Ende durchaus eine gemeinsame Verständigungsmöglichkeit finden könnten, die unter Umständen jenseits von Sprache ist und die sich tatsächlich ganz andere Möglichkeiten bedient.

00:38:07: Da fällt man auf Annib vielleicht der Tanz ein, weil ich glaube, dass Menschen miteinander tanzen können, zum Beispiel, ohne sich vorher gekannt zu haben.

00:38:17: Was ich total spannend finde, schon wieder, ist das, was du gerade gesagt hast, der ästhetische Augenblick.

00:38:23: Wie stellst du den her?

00:38:25: Also wie sorgst du dafür, dass der kondensiert?

00:38:28: Der stellt sich den Kalt, also herstellen kannst du den gar nicht, der passiert doch einfach.

00:38:32: Genau, aber wie, du musst ja sozusagen, ich finde das so faszinierend, weil ich schneide ja Filme und ich glaube, dass wir uns sozusagen in der Art und Weise, was wir tun, sehr ähnlich sind.

00:38:41: Nur in unterschiedlichen Räumen, also wenn du so darüber sprichst, ich fühle mich sehr, ich kann da total gut mit resonieren, aber wie, du musst ja diesen Ort in irgendeiner Art und Weise bereitstellen, dass dieser Augenblick passieren kann.

00:38:56: Weil als du darüber gesprochen hast, haben deine Augen gerade so angefangen zu leuchten.

00:39:00: Dieser Augenblick, das ist so, wenn die Menschen da von unten und ich kenne die schon lange und das finde ich irgendwie total spannend.

00:39:06: Also zum ersten muss man sagen, der SDH Augenblick bezieht sich ja nicht nur auf den Gegenstand Kunst.

00:39:10: Der findet permanent statt.

00:39:12: Der findet permanent statt.

00:39:13: Du hast dich heute morgen entschieden.

00:39:15: Ich trage heute einen... Ich kann gar nicht sagen, ist es gelb oder...

00:39:18: Ich weiß es

00:39:19: auch nicht.

00:39:20: Aber jedenfalls hast du dich für diese Farbe entschieden.

00:39:22: Ich habe

00:39:22: mich aktiv für diese Farbe

00:39:23: entschieden.

00:39:24: Das unterstelle ich mal.

00:39:26: Wenn man so ein T-Shirt trägt.

00:39:27: Das war mein

00:39:28: erster ästhetischer Augenblick heute.

00:39:30: Wahrscheinlich gab es schon hunderte davor.

00:39:33: Nein, definitiv.

00:39:34: Heute morgen nicht.

00:39:35: Ich will nur damit sagen, wenn du über die Straße gehst, hast du laufend ästhetischer Augenblicke.

00:39:40: Und du triffst auch laufend ästhetische Entscheidungen.

00:39:44: Weil anders könnte man die Welt nicht wahrnehmen.

00:39:46: Also der Gang auf die Straße, der man ohne Eigenschaften, da kann man natürlich Bücher überschreiben.

00:39:51: Das ist eine ganz komplexe Angelegenheit.

00:39:53: Und deshalb gibt es permanent ästhetische Augenblicke.

00:39:55: Stimmt,

00:39:56: aber du willst ja diesen einen forcieren.

00:39:58: Und das ist natürlich, und da sind wir tatsächlich schon, auch, das ist schon eine erste Stufe, die wir da nehmen, um sich mal zu fragen, so, wie könnte denn der Zukunft aussehen?

00:40:07: Ich glaube, dass, wenn man sich das mal bewusst macht, Wie viel davon abhängt eigentlich, dass wir permanent ästhetische Augenblicke haben und Entscheidungen treffen müssen, wo wir uns verhalten und uns für etwas zu entscheiden, uns gegen etwas zu entscheiden.

00:40:22: Das geschieht ja intuitiv.

00:40:23: Das ist ja nicht nur eine rein rationale Entscheidung, sondern das geschieht in sekunden Bruchteilen.

00:40:28: Also das ist etwas, was mich beim ästhetischen Augenblick von Anfang an fasziniert hat, dass diese Entscheidung wirklich in sekunden Bruchteilen getroffen wird.

00:40:38: Wenn ich dir drei Gegenstände auf den Tisch stelle, dann brauche ich dich gar nicht erst zu fragen.

00:40:43: Du siehst diese drei Gegenstände und du hast dich sofort entschieden.

00:40:47: Bewusst kommt viel später, aber du hast dich sofort entschieden, was deins ist.

00:40:52: Oder was eben vielleicht auch gar keines sein könnte.

00:40:55: Und wenn davon doch einiges abhängt, damit ich irgendwo mitbekomme, wer bin ich, wo komme ich denn eigentlich her, wo stehe ich jetzt gerade und wo will ich eigentlich hin?

00:41:05: Und das so existenziell ist.

00:41:08: Dann ist es tatsächlich spannend darüber nachzudenken, wo findet das denn statt und findet es überall statt?

00:41:13: Ja, okay.

00:41:14: Aber wie könnte man, wenn es jetzt tatsächlich darum geht, dass Kunst als eben das Medium, das uns mit dem nicht sichtbaren in Verbindung bringt, wie könnten dann die Rahmenbedingungen ausschauen, damit das besser stattfindet?

00:41:28: Und das ist natürlich ein Riesenthema, dass irgendwo auch das Museum als Institution natürlich beschreiben könnte, ausmachen könnte.

00:41:37: dass aber wenn ich das jetzt wirklich in die Zukunft denke und gesellschaftlich denke, an ganz anderen Orten forciert werden müsste, an ganz anderen Orten eine Chance haben sollte.

00:41:48: Jetzt hast du, ich finde das ganz schön, weil du gerade selber das Museum als Ort dafür nochmal so ein Spiel bringst und ich diesen Begriff auch gerne nochmal hier so ein bisschen öffnen würde in der Frage, du also zum einen schreibst du und das fand ich sehr, sehr schön.

00:42:06: über das Museum als Sammler von Beziehung.

00:42:09: Und was ja für mich der Moment war, wo ich gedacht habe, mit dir würde ich gerne sprechen, war, als ich deine Rede zur Eröffnung der Jahresausstellung gehört habe letztes Jahr.

00:42:19: Und da hast du das Kolumbar als Gefäß beschrieben.

00:42:24: Kannst du nochmal so ein bisschen uns erzählen, wofür das ein Gefäß ist?

00:42:29: Ja, ich kann natürlich, zu Kolumbar natürlich eine ganze Menge.

00:42:35: erzählen, weil wir es tatsächlich unter diesem Gesicht zum gebildet haben.

00:42:37: Ich will mal vorausschicken, du hast mich eben vorgestellt und hast sehr stark darauf verwiesen, dass ich mit diesem Kolumbar im Grunde genommen sehr stark eine Identität auch irgendwo bilde.

00:42:47: Mir ist das ganz, ganz wichtig, auch wenn ich das jetzt seit fünf, dreißig Jahren mache, schon grundsätzlich erst herauszustellen, dass ich das nie alleine gemacht habe und dass das ein sagenhaftes Team war und ist, dass wir wirklich als Team von Anfang an versucht haben, einen Ort zu entwickeln, der für diese Wahrnehmbarkeit des ästhetischen Augenblickes vielleicht tatsächlich eine bessere Bedingung stellen könnte.

00:43:13: Und dass wir uns bei allen Fragen der Ausgestaltung dieses Ortes bis heute genau mit diesen Fragestellungen immer wieder beschäftigen, bis in jenes Detail.

00:43:24: Dass wir wissen, dass eben Kunstvermittlungen in den traditionellen Formen stattfinden, tut sie auch bei uns, kann sie.

00:43:31: Wer danach fragt, der wird da bedient gar keine Frage.

00:43:33: und gleichzeitig versuchen wir immer wieder das Angebot zu öffnen.

00:43:36: Kolumba als Gefäß.

00:43:37: Das ist für mich die treffende Bezeichnung, wenn ich das auf eine Summe bringen will, dessen was da jetzt eigentlich sich gebildet hat.

00:43:46: Bewusst auch nicht mit der Bezeichnung Museum.

00:43:49: Wir sind das Kunstmuseum des Erzbistums Köln.

00:43:52: Das ist ein langer schöner Untertitel, aber eigentlich sind wir Kolumba.

00:43:56: Und dieser Name ist uns ja geschenkt worden, weil dieses Grundstück eben eine zweitausendjährige Geschichte hat, eine Kulturgeschichte, eine Menschheitsgeschichte.

00:44:07: Das älteste, was man da gefunden hat, und das bestätigt meine Auffassung von Kultur, das war etwa zweieinhalbtausend bis dreitausend Jahre vor Christi, eine Brandspur einer Feuerstelle.

00:44:20: Und eben in der Nachbarschaft dieser Brandspur die die Archäologen ja nur als eine dunkle Verfärbung eigentlich erleben können und auch nicht erhalten können, fand sich der Rest einer etwa fünf Zentimeter langen Speckstein Klingel.

00:44:33: Also ein Stein, der von einem Fachmann, das muss man wissen, das war nicht irgendwer, das konnte nicht jeder, von einem Handwerker, der wirklich eine Befähigung hatte, aus einem bestimmten Stein eine Klingel zu schlagen.

00:44:43: Ein Werkzeug.

00:44:44: Und das an diesem Ort, sag ich mal, einen solchen Kulturverständnis.

00:44:50: Unser Wunsch war, dass wir die Geschichte, diese Kulturgeschichte, dieses auch das weiterschreiben, mit einem Haus, das wie ein Gefäß möglichst wenig definiert, sondern das ein Angebot gibt.

00:45:04: Ein Angebot gibt, wo wir mit den einfachen Dingen, die zu erleben sind, wie Licht und Schatten, Helligkeit und Dunkelheit, Materialität, Haptik, Proportion, Größe, Kleinheit, Bis in die dritte Dimension hinein ein Gefäß zur Verfügung steht, wo wir uns in diesem Gefäß eigentlich für bestimmte Dinge, für bestimmte Phänomene den Richtigen auch suchen können.

00:45:33: Und eine Bedingung zu schärfen, die im Idealfall schon beim Betreten des Gebäudes sich als etwas mitteilt, was man so vielleicht nicht erwartet hat und was man als etwas ganz anderes empfindet.

00:45:45: Aber nicht im Rahmen einer Verweigerung.

00:45:48: Wir verweigern uns vielen gegenüber, hoffen aber, dass man das, was fehlt, sofort als ein Potenzial erleben kann für das, was hier möglich ist.

00:45:57: Und deshalb ist die Bezeichnung Gefäß, finde ich, eigentlich ein ganz tragfähige, weil Gefäß ist erstmal leer.

00:46:02: Und ich kann den Gefäßdinge reintun.

00:46:04: Und ich habe es interessanterweise, glaube ich, deswegen so stark in mir resoniert, weil ich es genau andersrum... Also du beschreibst jetzt so ein Potenzialraum eigentlich, das leere Gefäß, in das alles... rein getan werden kann.

00:46:18: Auch unterschiedliche Dinge und ich habe es eher so begriffen und das hat vielleicht auch was mit dem Moment zu tun, den ich da erlebt habe.

00:46:23: Also der Raum war voller Menschen und du hast über sehr viele unterschiedliche Beziehungen auch zu Menschen betont in deiner Rede.

00:46:32: Und ich habe irgendwie... eben gedacht, das ist so schön, weil wir das Museum, glaube ich, instinktiv oder reflexartig immer als diesen Ort für Kunst denken.

00:46:42: Also das Museum, da hängt was an der Wand oder da steht was in der Skulptur oder so.

00:46:48: Und durch diesen Begriff... das Gefäß ist irgendwie für mich sichtbar wurde oder spürbar wurde, dass es um sehr viel mehr geht.

00:46:55: Und jetzt hast du auch direkt auf das Team, also als ich die Frage nach dem Gefäß gestellt habe, hast du als allererstes mal dein Team und die Arbeit, wie ihr da zusammenarbeitet, erwähnt.

00:47:04: Und das finde ich eben ist nämlich sowas, wo ich gedacht habe, ja, das ist nämlich eben auch in diesem Gefäß mit drin.

00:47:08: Es geht nicht nur um die Kunst, die Kunstvermittlung, wie auch immer man das macht, mit welcher kuratorischen Praxis auch man immer davor geht.

00:47:16: sondern es geht eben um viel mehr, es geht um die Leute, die dort arbeiten, es geht um die Leute, die als Gäste kommen, es geht um die Leute, die als Besucher kommen, es geht um die Leute, die Kunst dort ausstellen.

00:47:26: Kannst du noch mal so ein bisschen darüber sprechen, wie du das mit dem Team oder wie du das mit diesen Beziehungen eigentlich siehst zu den Menschen in dem Museum?

00:47:34: Das muss eine Entsprechung haben, finde ich.

00:47:37: Das heißt, wenn ich, du hast das Haus jetzt als gefülltes, sehr stark gefülltes Gefäß erlebt, da sind dann bei so einer Eröffnung gerne mal fünfhundert Menschen im Haus.

00:47:45: Und das lieben wir, auch das lieben wir.

00:47:49: Und ich glaube, es muss eine Entsprechung haben, dass wenn ich mit dem Phänomen Kunst umgehe und Menschen erreichen möchte, dass Menschen dieses Phänomen erleben können.

00:47:58: Und gerade auch als Community erleben können, das finde ich sind sehr schöne Situationen, dass ich glaube, da muss das hinter der Kulisse im Grunde genommen auch die Community sein, die das im Grunde genommen... sich nicht ausdenkt, sondern die das im Grunde genommen auf die Beine stellt.

00:48:15: Ich will noch was zum Gefäß sagen, damit da kein falscher Eindruck entsteht.

00:48:18: Es war ja lange Zeit so, dass man Kunsträume für Kunst gerne als den White Cube gesehen hat.

00:48:25: Also sich die Vorstellung so ein bisschen etabliert hat und leider wird die heute immer noch an vielen Stellen realisiert.

00:48:31: Ich halte sie verfällig untauglich, ich halte sie für ein reines Missverständnis.

00:48:34: Warum?

00:48:36: Weil das eine Vorstellung ist, man könne für den Gegenstand Kunst, wenn man möglichst wenig vorformatieren möchte, sondern ihr den möglichst weitesten Raum geben möchte, einen Raum schaffen, der sich neutral verhält.

00:48:52: Also ich mache ein Kubus auf, ich gebe den ganzen Oberlicht mein wegen, kein Fenster, wo ich durchs Fenster auf eine andere Fassade schaue und streiche die Wände weiß und mache einen weißen Boden rein und das nichts ist definiert.

00:49:05: Das ist ein Irrtum.

00:49:06: Das ist ein grandioser Irrtum.

00:49:08: Weil auch dieser Weitere Cubus stellt eine räumlich erfahrbare Situation, die absolut konkret ist.

00:49:14: Und sie lässt sich anders auch nicht herstellen.

00:49:16: Wenn ich deshalb mir den Begriff Gefäß auch lieb, weil das hat ja was auch da, man denkt an Töpferei zum Beispiel, dass man eben aus dem Material einen Krug hervordreht, was auch immer.

00:49:31: Eben, es ist Material.

00:49:32: Es braucht das Material.

00:49:33: Das Gefäß braucht das Material.

00:49:35: Es gibt nicht das Gefäß ohne Grenze.

00:49:38: Wie sieht die Grenze aus?

00:49:40: Und was wird da erfahren?

00:49:41: Und das ist etwas, was wir dann wirklich über zehn Jahre lang, dann eben aber sieben Jahre vorher schon in der Theorie, also wo wir uns Gedanken gemacht haben, und dann zehn Jahre nach einem Architekturwettbewerb mit unserem Architekt Peter Zumpel haben entwickeln dürfen, wo er wirklich mit seiner Befähigung als Architekt auf die Wünsche, die wir an dieses Gefäß hatten, also dass das Gefäß zum Beispiel auch gut klingen soll.

00:50:06: dass das Gefäß gut riechen soll.

00:50:08: Dass das Gefäß, wie ich eben beschrieben habe, diese Grunderfahrung, hell, dunkel, Lichtschatten, groß, klein, alles diese Möglichkeiten irgendwo haben soll.

00:50:17: Und wissen, dass es keine Möglichkeit gibt, das neutral zu machen oder immateriell zu machen.

00:50:23: Das heißt im Umkehrschluss, dass wir über alles reden, was Material wird und was materiell wird.

00:50:29: Und dass am Ende ein Gefäß entsteht, bei dem man akzeptiert, dass es so ist, wie es ist.

00:50:34: und vielleicht merkt, dass es erstaunlich gut, obwohl es ein sehr starkes Gefäß ist, erstaunlich gut funktioniert, Dingenraum zu geben.

00:50:43: Also nicht neutral zu sein, sondern eine sehr konkrete Bedingung zu stellen.

00:50:47: Aber wo man irgendwo den Eindruck hat, ja doch, bei der Bedingung, die es stellt, kommt etwas sehr Spezifisches raus, was die Möglichkeit eines Augenblicks, eines Momentums, vielleicht tatsächlich ein kleines bisschen befördert.

00:50:58: Also wer in Kolumba schon mal Klang gehört hat, Musik gehört hat, der weiß, dass es nicht so ist wie in der Philharmonie und das war auch nie das Ziel, sondern sehr spezifische Erlebnis-Situationen schafft, die man gar nicht an einen anderen auch übertragen kann.

00:51:11: Und mit der Bildung Kunst ist es ähnlich, das war zumindest der Versuch, dass dieses Gefäß eben Raum gibt, eine Erlebnisraumenschaft.

00:51:19: Und es ist interessant, dass du jetzt von der Situation ausgeht, sehr viele Menschen im Haus.

00:51:25: Weil das war für manche Menschen, die uns entdeckt hatten im ersten Jahr und das großartig fanden, dass das so weit und leer und ruhig ist, völlig irritierend, dass wir ihnen dann plötzlich Situationen geboten haben zu sagen, das Gefäß kann noch mal ganz voll sein.

00:51:41: Ist auch schön.

00:51:42: Ist nur ganz anders.

00:51:43: Aber das ist genau das, was ich da versuche zu greifen, weil ich das, als ich das Koloma das erste Mal erlebt habe von innen, also in dieses Gefäß betreten habe, da war das ganz leer.

00:51:53: Da hingen noch.

00:51:54: Da hingen die ganzen Sachen der Jahresaustellung noch nicht oder viele nicht.

00:51:57: Und ich fand es schon super.

00:51:59: Ich hab gedacht, okay, das kann schon so bleiben.

00:52:02: Also alleine durch diese Räume zu gehen.

00:52:04: Bedingt.

00:52:05: Und dann, ja, wie gesagt, kam diese Eröffnung und es war wirklich sehr voll.

00:52:10: Aber das meine ich gar nicht, dass es so voll war, sondern ich fand eben, was mich besonders berührt hat, war jetzt dann in dem Fall auch deine Wachheit für die Einzelnen.

00:52:19: Menschen und für die einzelnen Beziehungen.

00:52:21: Das hat sich jetzt vielleicht irgendwie sozusagen kurze persönliche Anekdote, aber in Form von meinem Kind so gezeigt für mich.

00:52:30: Das war deine, okay.

00:52:31: Ja, richtig, genau.

00:52:32: Das war mein Kind.

00:52:35: Und es war so, dass dieses, es war wahnsinnig voll und es war zehn Minuten vor der Eröffnung, zehn Minuten bevor du vor diese Hunderte von Menschen treten musstest und ich, wir sind dir kurz begegnet.

00:52:47: Und mein Kind, das konntest du gar nicht wissen, ist der größte Kugelbahn-Fan, den es überhaupt nur auf der Welt gibt.

00:52:54: Und jetzt ist ein Exponat eine große Kugelbahn.

00:53:00: Und du hast das trotz diesem Trubel und trotz dieser Vielheit der Dinge, die da waren, konntest du das wahrnehmen und hast den dann eingeladen, dieses Werk.

00:53:12: zu eröffnen und damit die Ausstellung.

00:53:15: Und das war so ein spezifischer zwischenmenschlicher Blick, der überhaupt nichts erst mal mit der Kunst oder dem Werk oder sowas zu tun hatte, sondern mit einer Beziehung.

00:53:28: Und die dann wiederum in eine Resonanz mit dem Werk gegangen ist, weil dann sind wir alle rübergegangen.

00:53:36: und dann saß Mein Kind da auf diesem Stuhl und konnte an der Schnur ziehen und auf die Knöpfe drücken.

00:53:41: Und es ging los und hunderte Menschen standen um ihn herum.

00:53:46: Und das, glaube ich, war für mich sozusagen eine wesentliche Qualität von was in diesem Gefäß drin ist.

00:53:52: Diese Wachheit für die Beziehung von Mensch zu Mensch, aber auch für die Beziehung dann von Mensch und Kunstwerk.

00:54:01: Aber die haben wir jetzt ja schon viel gesprochen.

00:54:05: Diese Beziehung von Mensch zu Mensch interessiert mich nochmal.

00:54:07: Du hast es ja auch vorhin schon gesagt, bei uns auch dieser empathische Gedanke so wichtig ist.

00:54:12: Und du ja auch anders.

00:54:14: möglicherweise arbeitest mit deinen Mitarbeiterinnen zusammen von jetzt nicht nur Kuratorinnen oder sowas, sondern eben auch die Menschen, die da Werke aufhängen, also die eher handwerkliche Tätigkeiten ausüben und sowas.

00:54:30: Wie machst du das?

00:54:30: Wie gestaltest du diesen zwischenmenschlichen Raum?

00:54:33: Also vielleicht erst nochmal ganz kurz zu der Situation mit deinem Sohn.

00:54:38: Als Kunstvermittler handelst du in vielen Situationen nicht rational.

00:54:43: Sondern du handelst oder lässt es bleiben.

00:54:45: Und die Situation sage ich mal auch hätte auch schief gehen können.

00:54:48: Es hätte nämlich sein können, dass dein Sohn sich in dieser Situation völlig überfordert gefühlt hätte.

00:54:53: Da gehört schon ein bisschen Empathie dazu, dass man sich vorstellt, kann ich das wagen?

00:54:58: No risk, no fun.

00:55:00: Aber du hast ihn da ja sehr, sehr gut gespürt.

00:55:03: Das stimmt.

00:55:06: Bin sicher, dass dein Sohn sich nach Jahren noch daran erinnern wird, dass er die Kugelbahn hat einweilen dürfen.

00:55:12: Garantiert.

00:55:13: Und das ist ja, wenn man, dann hat ich als Kunstvermittler an diesem Eröffnungsabend mehr erreicht, an dieser einen Situation, als möglicherweise für die fünfhundert anderen, wo ich da eine Rede gehalten habe.

00:55:23: Aber

00:55:23: das verändert vielleicht ein ganzes Leben.

00:55:24: Absolut, absolut.

00:55:26: Ich habe tatsächlich vor Jahren mal eine, wir haben die Kugelbahn jetzt zum zweiten Mal im Neubau, sie ist entwickelt worden.

00:55:32: Vor vielen Jahren haben wir sie entwickelt noch im Altenhaus mit Manos Tangari.

00:55:35: einem Komponisten, der eben eine räumlich installative Komposition für eine Person im Zentrum.

00:55:41: Und dein Sohn war die eine Person im Zentrum, weil ohne die Person im Zentrum läuft diese Maschine.

00:55:46: Es ist wirklich ein Musikstück, das aufgeführt wird von einem von einer Raumgroßenkugelbahn.

00:55:52: Und das sind wir beim Momentum halt.

00:55:55: Das war jetzt der Moment, der für mich als Kunstvermittler Natürlich ganz stark auch für deinen Sohn gedacht war, weil ich dachte, das ist jetzt wirklich, er ist der ideale Rezipient für diesen ersten Start.

00:56:09: Das hat etwas Besonderes.

00:56:11: Und gleichzeitig hoffe ich, dass es für die Besucher, die davon außen zugeguckt haben, für die Besucherinnen, dass die schon selbst sich in der Rolle des Kindes wiedergefunden haben.

00:56:23: Also eine sehr komplexe Vermittlungssituation, die ich nur im Nachhinein selber analysieren kann.

00:56:29: In dieser Situation selber handelt man.

00:56:32: Ich wollte gerade sagen, du hast doch darüber nicht nachgedacht.

00:56:34: Nein, natürlich überhaupt nicht.

00:56:35: Das ist

00:56:35: jetzt für alle wirklich.

00:56:36: Überhaupt nicht.

00:56:37: Es ist intuitiv.

00:56:38: Überhaupt nicht.

00:56:39: Ein Handeln.

00:56:40: Überhaupt nicht.

00:56:41: Auch den Bauch heraus.

00:56:42: Ich habe ja, es gibt ja, wir machen ja unsere eigene Publikationsreihe und auf einer Publikations, auf einem Buch haben wir was so ein, so ein mehrere Ausstellungsjahr auch zusammenfasst.

00:56:52: Da steht hinten drauf, dass wir, dass eine gelungene Ausstellung ist eine Versammlung von Zwischenräumen.

00:56:58: Das sind wir wieder bei den Momentumgedanken und das ist ja eigentlich gar nicht um das materielle Kunstwerk an der Wand geht oder auf dem Boden oder was auch immer, sondern es geht um eine Versammlung von zwischenräumen, die sich immer wieder herstellen können oder eben auch nicht.

00:57:10: Es kann ja auch schief gehen.

00:57:11: Wenn es dich das Potenzial zum Schiefgehen hat, dann glaube ich, funktioniert es eh nicht.

00:57:17: Also ich glaube, dass der Rezipient spüren muss, da hat es ein Risiko.

00:57:21: Und dass er spüren muss, es hängt jetzt von mir ab.

00:57:26: Und ich glaube, auch selbst dein Sohn, auch der wird da nicht drüber nachgedacht haben.

00:57:29: Aber es war auch für ihn eine Situation, es hätte schiefgehen können.

00:57:34: Er hätte sich dem verweigern können, was ich absolut akzeptiert hätte zu sagen, ich mach das nicht für so vielen Leuten, ne?

00:57:40: Das ist eine Einschätzungsfrage.

00:57:42: Aber ich glaube, wenn es dieses Potenzial nicht hat in der Kunstvermittlung, dass man spürt, es kann eben auch ganz schnell schiefgehen, weil es hängt auch von mir ab.

00:57:50: Von den Dreieck, was wir eben beschrieben haben.

00:57:52: Ich glaube, wenn es die Situation nicht hat, dann kommen wir nicht zu einer Erkenntnis.

00:57:58: Oder kommen wir nicht zu dem Estetischen Augenblick oder zur Erfahrung.

00:58:03: Es hat ja noch mehr Dimensionen gehabt, weil wenn man so will, hat es ja nicht nur was zwischen dir und deiner Intuition und meinem Kind und dem Kunstwerk, sondern es hat ja auch dazu geführt, dass ich eine bestimmte Erfahrung gemacht habe, die mich wiederum so angesprochen hat, dass wir jetzt heute hier sitzen und sprechen.

00:58:22: Zum

00:58:22: Beispiel, wenn ich sage, es geht darum, Zwischenräume herzustellen, was diese Zwischenräume am Ende bewirken können, das kann ich nicht vorausdenken.

00:58:33: Es ist ja leider so, dass wir bei vielen Dingen, die wir tun, auch im Kulturbetrieb, das so, dass wir uns einbilden, wir könnten vorausdenken, wie Rezipienten etwas wahrnehmen.

00:58:43: Und das lehne ich strikt ab, lehne ich strikt ab.

00:58:46: Ich halte das für eine unglaubliche Anmaßung.

00:58:50: und sagt und da sind wir denn eben tatsächlich auch bei der Fahrt wie Arbeit miteinander zusammen, sagt ganz klar, das soll so ein Gedanken, da verschwende keine Zeit mit, sondern wir verschwenden unsere Zeit, damit uns zu fragen, wie möchten wir es machen?

00:59:02: Wir halten wir es für richtig.

00:59:04: Und wie ist das?

00:59:04: Und dann ist es wir, da muss man sich Gedanken darüber machen, was meine ich mit wir, wir ist nicht irgendeine abstrakte Masse, sondern wir ist eine Summe von ich, ich und ich und ich und ich und ich gibt ein wir.

00:59:19: Das heißt ein gutes.

00:59:20: Wir muss dieses Verständnis haben, dass die andere Meinung, die andere Idee nicht der Widerstand meiner eigenen, die ist, sondern dass es eigentlich das Potenzial ist, dass wir gemeinsam herausfinden, worum geht es denn hier eigentlich?

00:59:36: Was machen wir denn hier eigentlich?

00:59:38: Kuratieren ist so ein arg strapazierter Begriff.

00:59:41: Es gibt ja mittlerweile Ausstellungen, da steht am Eingang schon nicht nur eben Paul Cézanne, sondern kuratiert von.

00:59:49: Und das ist, tut mir leid, das ist Eitelkeit an einer völlig falschen Stelle, weil auch da kuratiert ist alles.

00:59:57: Das Setting, wo wir hier sitzen, habt ihr sehr sorgfältig kuratiert, sonst könnte man das nicht so eine hervorragende Tonaufzeichnung machen, zum Beispiel.

01:00:05: Also worum geht es, wenn man kuratiert und wenn man mit der Absicht der Kunstvermittlung kuratiert, wo wir sagen, dass Kunstwerk selbst trägt den Vermietungscharakter ja schon in sich.

01:00:15: Also müssen wir erstmal versuchen, in diesem Gefäß, was schon so von uns entwickelt worden ist, dass es hoffentlich optimierte Bedingungen stellt, wie man da überhaupt zu Erlebnis-Situationen kommt.

01:00:27: Müssen wir uns ja klar machen, nicht was wollen wir, sondern was will dieses Phänomen Kunst?

01:00:34: Also könnte es doch eine Entscheidung sein, wenn wir eine Choreografin an der Theresa de Kerstmarker mit ihrer Kompanie einladen und sie das toll findet für das Gefäß tatsächlich eine Choreografie zu entwickeln, die dann eine Woche lang aufgeführt wird, dass wir sagen, ja wunderbar, dann ist das Gefäß leer.

01:00:51: Und dann erleben wir plötzlich Tänzer, die sich mit dem Gefäß als Körper auseinandersetzen und sich wirklich die Wände entlang rollen und uns optisch fast das Haus auf dem Kopf stellen, durch das, was sie da machen, ganz großartig.

01:01:06: Das sind von uns kuratierte Bedingungen, bringen das als ein Beispiel, wo wir versuchen, uns zu fragen, wie optimieren wir die Wahrnehmbarkeit dessen, was da als Phänomen von uns als Kunst verstand.

01:01:20: Und auch da denkt ihr aber sozusagen die Möglichkeit des Scheiterns mit?

01:01:25: Muss.

01:01:26: Das ist für mich ein Grundprinzip.

01:01:29: Das ist völlig uninteressant, als Rezipient etwas wahrnehmen zu sollen und das spreche ich auch aus eigener Erfahrung als Rezipient, bei dem dieses Potenzial des Scheiterns nicht erkennbar ist.

01:01:42: Das heißt, ich höre gerne Musik live, weil ich weiß, da kann auch ein falscher Ton dazwischen sein oder der Ansatz verpasst oder was auch immer, ist einfach spannender.

01:01:51: Weil dann der Moment als solcher natürlich viel klarer wird und viel klarer fahrbar ist.

01:01:55: Absolut.

01:01:56: Es ist nur sozusagen ein bisschen gegen den Zeitgeist heutzutage, weil Möglichkeit des Scheiterns, wenn ich mir auch sozusagen wahrscheinlich dann Finanzierung oder sowas vorstelle, wie kommt man an Gelder und redet dann über sowas, wahrscheinlich spannende Auseinandersetzung.

01:02:12: Ganz entscheidend, wenn man als Team arbeitet, wir machen alle Fehler, jeder.

01:02:18: Und der Fehler ist nicht... Das Problem, sondern der Fehler ist.

01:02:21: in vielen Fällen, ist der Fehler die Lösung.

01:02:23: Das heißt das Scheitern, was heißt das denn überhaupt Scheitern?

01:02:26: Das Scheitern, ich kann doch nur etwas als Scheitern gescheitert bezeichnen, wenn ich vorher Kriterien definiert habe, nach denen ich sagen kann, jetzt ist es gescheitert.

01:02:35: Vielleicht muss ich meine Kriterien mal überdenken, vielleicht könnte das Scheitern sogar das Konstruktiv am Ende sein.

01:02:40: Und da denke ich jetzt wieder an die Kunstvermittlung, dass eine erheftige Gegenreaktion kommen zum Beispiel.

01:02:46: habe ich ja eben schon beschrieben.

01:02:47: Das muss doch kein Scheitern sein.

01:02:49: Das kann der Anlass sein zu einer ganz tiefen Erfahrung, die unglaublich konstruktiv ist.

01:02:54: Und für die Arbeit im Team heißt das ganz klar Fehler passieren.

01:03:00: Und es ist auch gut so, dass sie passieren.

01:03:03: Fehler sind nicht das Problem.

01:03:05: Sie können durchaus auch die Lösung sein oder eine Zunerlösung führen.

01:03:09: Und in einem guten Team, finde ich, muss eine Auffassung vorherrschen, dass der Fehler, den jemand macht, der Fehler des Teams ist ganz einfach.

01:03:16: Und dass jeder auch sagen kann, ich habe Fehler gemacht und dann wird einmal überlegt, okay, was ist das?

01:03:21: Heißt das jetzt?

01:03:21: Wie gehen wir jetzt damit um?

01:03:23: Der Fehler ist nicht das Problem.

01:03:24: Das Problem ist immer die Frage, wie geht man damit um mit dem Fehler?

01:03:28: Und wie geht man mit dem Scheitern um?

01:03:29: Und da kann ich nur sagen, das hängt wirklich, das Scheitern lässt uns unserer Kriterien prüfen.

01:03:36: Und ich würde mal sagen, in den meisten Fällen würden wir dann feststellen, oder stellen wir fest, dass wir die falschen Kriterien haben.

01:03:41: Umwege hören die Ortskenntnis, sage ich da immer.

01:03:45: Genau.

01:03:45: Zum Beispiel.

01:03:46: Auch das ist ja ganz scheiter.

01:03:47: Nein.

01:03:48: Es ist leider heute mit Google Maps natürlich immer seltener der Fall, aber... Leider.

01:03:51: Ja, absolut.

01:03:52: Das finde ich auch wirklich sehr, sehr

01:03:53: traurig.

01:03:54: Wie viele Menschen sind in deinem Team?

01:03:56: Warte ganz kurz.

01:03:56: Ich will einmal ganz kurz katten, weil ich einmal mir... Ich muss mir den Pulli aussehen.

01:04:01: Es ist zu warm.

01:04:02: Ich würde mir gerne eine rauchen und wenn ihr einen Kaffee habt, würde ich gerne eine Kreatur trinken.

01:04:05: Ja, dann machen wir kurz einen Cut und merken uns den Gedanken, weil ich will da auch

01:04:08: mal... Wir kommen da wieder einer schon keinen Zweifel.

01:04:09: Total.

01:04:09: Er ist gedrückt.

01:04:14: Ja, das ist immer der Horror,

01:04:15: ne?

01:04:16: Deine Frage, die bei der ich gerade reingegritscht bin, war ja... Nee, guck mal, ich hab sie vergessen.

01:04:20: Aber ich hab sie nicht vergessen.

01:04:22: Ich weiß.

01:04:24: Herr, wie viele... I can rely on you.

01:04:26: Wie viele Menschen?

01:04:27: Ja, wenn ich schon unterbreche, muss ich mir noch mindestens merken, was ich unterbrochen habe.

01:04:32: Absolut.

01:04:33: Du hattest gefragt, wie viele Menschen im Kolumbar arbeiten.

01:04:37: Genau, in deinem Team sind.

01:04:41: Man könnte sagen, es ist zu wenig.

01:04:43: sind immer zu wenig und gleichzeitig, sage ich mal, es hat natürlich auch ein Vorteil, wenn es nicht so viele sind.

01:04:48: Wir sind fünfzehn Mitarbeitende, also angestellt beim Erzbistum Köln und wir sind darüber hinaus ein erweitertes Team mit unseren Aufsichtskräften und Reinigungskräften, eine outgesorste Leistung einerseits, aber etwa dreißig, die da eben Pool sind, von denen ich sage, das sind genauso Gastgeberinnen in Kolumbafivir auch.

01:05:11: Also ein großes Team, dass gemeinsam die Aufgabe begreift Gastgeber zu sein.

01:05:17: Und wie beziehst du die ein?

01:05:19: Ja, zum Beispiel, dass sie nicht Funktionsträger sind, das sind sie auch.

01:05:26: Das heißt, sie sorgen für die Sicherheit der Kunst, sie sorgen für die Sicherheit der Menschen.

01:05:30: Aber sie sorgen vor allen Dingen dafür, dass die Atmosphäre in Kolumba eben eine ist, bei der man sich hoffentlich eingeladen fühlt.

01:05:38: Wie beziehen wir... Sie ein, wie sind wir ein großes Team?

01:05:41: Zum Beispiel, dass wir am letzten Ausstellungstag das Ritual haben, gemeinsam einen Sommerfest zu feiern.

01:05:46: Nur für uns.

01:05:48: Dass wir selbstverständlich eine Weihnachtsfeier gemeinsam feiern.

01:05:51: Also wir versuchen, uns gemeinsame Rituale zu schaffen.

01:05:55: Situationen, wo wir uns als wir auch umso mehr verstehen.

01:05:58: Aber gleichzeitig ist das mit vielen, vielen Situationen getragen, die über das ganze Jahr passieren.

01:06:05: Also zum Beispiel auch Feedback-Situationen zu machen, bei denen wir Besucherverhalten besprechen, um eben dahinter zu kommen.

01:06:15: Dass die Aufsicht, dass die GastgeberInnen, die ja viel stärker GastgeberInnen sind als wir, die bei dem Hintergrund als Kuratorin arbeiten, dass sie wissen, dass jemand, der mit dem Singen anfängt, nicht der Störfaktor ist, sondern dass das tatsächlich das ist, was uns im besten Falle passieren kann.

01:06:33: Und gleichzeitig aber wissen, das darf so lange passieren und geht so lange gut, wie es andere Menschen nicht in ihren eigenen Erlebnis-Situationen behindert.

01:06:43: Und wie gestaltest du diese, ja, sind ja auf eine Art auch Formate, Teamformate, zwischenmenschliche Formate, mitarbeitenden Formate, in denen das, ja ... dann passiert, dass sich zum Beispiel so eine Erkenntnis dann einstellt, dass man sowas zudäst oder wie man den Leuten gegenüber tritt.

01:07:02: Ist das auch was Intuitives, was sozusagen im fließenden Prozess passiert oder hast du dafür auch klare Strukturen und wie gelingt euch das auch?

01:07:09: Dann du hattest vorhin schon gesagt irgendwie sozusagen das Aushalten von Andersartigkeit.

01:07:15: Wie schafft ihr das im Zusammenarbeiten?

01:07:18: Das ist, du kannst sicherlich Kriterien dafür finden und ich glaube, dass Nun war auch, das war aus dem Prozess heraus, wo du nicht ja nun nach Kriterien handelst.

01:07:28: Das geht, das funktioniert ja nicht.

01:07:29: Du handelst.

01:07:31: Das haben wir eben am Beispiel der Kunstvermittlungssituation mit deinem Sohn ja besprochen.

01:07:35: Aber du kannst natürlich schon hingehen und das Handel reflektieren.

01:07:38: Und wenn du das tust, dann kommst du auch irgendwann dahinter, dass es vielleicht bestimmte Kriterien gibt, die man berücksichtigen sollte.

01:07:46: Das Wort der Wertschätzung, das ist ja mittlerweile ein Wort, was nun jeder im Raum führt und was auch Unternehmen längst erkannt haben, dass das wichtig ist, dass man das zumindest sich vornimmt.

01:07:55: Aber wie findet die wirklich statt?

01:07:56: die Wertschätzung?

01:07:58: Und die findet nach meinem dafür halten statt, dass jeder sich als Person in seiner Verschiedenartigkeit in diesem Team aufgehoben fühlt.

01:08:08: Und dass jeder und jede weiß, dass wenn wir gemeinsam etwas beschließen, was uns wichtig ist, also.

01:08:15: Es gibt eine Veranstaltung, wir sagen es wäre schön, wenn vorne im Windfang direkt ein großer Blumenstrauß stünde.

01:08:21: Dann ist die Entscheidung über diesen Blumenstrauß und dieses Detail Blumenstrauß auf Augenhöhe mit einer kuratorischen Entscheidung, welches Kunstwerk stellen wir in welchem Raum auf?

01:08:32: Also sobald wir entscheiden, es soll etwas gemacht werden, dass das Ganze mitträgt, gibt es keine Hierarchie mehr.

01:08:39: den Garten zu haken oder eben ums Haus rumzugehen und zu sagen, wir heben den Müll auf, den man ja allzu gerne fallen lässt.

01:08:47: Wenn wir der Ansicht sind, das ist uns wichtig, dann ist das genauso wichtig wie alles andere, weil nur das Zusammenkommen von jeder einzelne Tätigkeit, über die wir vorher entschieden haben, dass sie gemacht werden soll, nur das Zusammenkommen schafft das Ganze.

01:09:01: Und dann musst du natürlich versuchen, Kommunikations ... Formen zu finden, Kommunikationssituationen zu finden, wo jede und jede weiß, ich erzähle mal, was ich gerade mache, damit der oder die andere weiß, von dir weiß und von den Notwendigkeiten, von den Problemen, von den Schwierigkeiten, von den Anforderungen weiß, die dich damit im Grunde konfrontieren.

01:09:25: Dafür haben wir ein sehr einfaches Ritual entwickelt, dass wir Donnerstagvormittag alle am großen Tisch sitzen, einschließlich der Teamleitung der Aufsichtskräfte, der Gastgeber, die eben das Haus im Grunde immer auch repräsentieren, dass wir gemeinsam an einem großen Tisch sitzen und sich niemand einen anderen Termin vornimmt, weil das Gemeinsame sitzen kann, heißt man sitzt da eben von neun bis zwölf, um eben viele, viele kleine und große Dinge gemeinsam abzuwägen.

01:09:56: Um dann ab dem Punkt doch hoffentlich wieder gemeinsam im Boot zu sein, dass jeder mit seiner Tätigkeit weiß, welchen Anteil er oder sie am Ganzen hat.

01:10:06: Und wie kannst du, also weil das ja auch eine Entscheidung ist, die was mit Hierarchien zu tun hat.

01:10:11: Es geht natürlich jetzt zu sagen, wir machen irgendwie immer tolles Teamfrühstück oder wir machen Weihnachtsfeier, das sind ja auch etablierte Formate irgendwie in Unternehmen und jeder denkt irgendwie, damit ist es dann abgeräumt.

01:10:21: Jetzt bist du aber ja als der Leiter, also sozusagen die höchste Instanz, wenn man so will, von so einem Organismus, Museum.

01:10:30: Und musst es ja zulassen.

01:10:31: Also du musst ja sozusagen auch auf eine Art Loslasten, so ein bisschen vielleicht wie auch mit den Kunstwerken, damit das überhaupt gelingt, dass Menschen, die jetzt in der Hierarchie sich unter dir möglicherweise von selber auch einordnen, überhaupt einen Punkt kommen, wo sie den Vorschlag machen, wir lassen uns doch mal hier einen Blumenstrauß hinstellen.

01:10:49: Ja, vor allen Dingen musst du natürlich bei allem halt dann doch eine Organisationstruktur für das Unternehmen aufstellen, bei der auch klar ist, dass dich jeder jede Arbeit machen.

01:10:59: muss.

01:11:00: Bei dir schon klar ist, wer ist denn für welchen Teil zuständig?

01:11:03: Und ich kann das jetzt nur eben am Beispiel der Skurator-Innenteams verdeutlichen halt.

01:11:09: Das hat mein Vorgänger eben vor thirty-fünf Jahren schon eingeführt.

01:11:13: Wir sind zu viert und entscheiden alles Inhaltliche tatsächlich gemeinsam.

01:11:18: Und da habe ich nicht mehr prozentualen Anteil an dieser Entscheidung wie die drei anderen eben auch.

01:11:25: Das heißt, als Leitender habe ich was, die inhaltigen Kolumbaren betrifft, meine für nur zwanzig Prozent.

01:11:30: Und entweder gelingt es mir, dass ich das, was ich da denke und vor habe, argumentativ so gut darstellen zu können, dass die anderen sagen, ja, das ist eine gute Idee, lass uns das so machen.

01:11:41: Oder es gelingt mir nicht.

01:11:43: Und wenn es mir nicht gelingt, dann muss ich akzeptieren, dass sich offensichtlich andere Argumente als die besseren erwiesen haben.

01:11:49: Wie weit das gehen kann, dafür bringe ich ein Beispiel.

01:11:52: Wir haben jetzt Gott sei Dank seit anderthalb Jahren durchsetzen können, dass wir eine Stelle für einen wissenschaftlichen Voluntären haben, also für jemanden, der Kunstgeschichte studiert hat.

01:12:03: Das bleibt unsere Basis.

01:12:05: Wir sind ein Kunstmuseum.

01:12:06: Das bleibt die Basis, auf der wir arbeiten und der dann eben nach Abschluss des Studiums in einem Voluntariat eben die fehlende Praxisausbildung erhalten soll.

01:12:16: Das ist eine Stelle, die auf drei Jahre befristet ist.

01:12:19: Aber der Volontär, oder die Volontärin, im Moment ist es ein Volontär, ist vom ersten Tag an gleichberechtigt, an allen Inhalten beteiligt.

01:12:30: Und das zum Beispiel heißt für mich, dass ein junger Mensch dazukommt, der natürlich eigene Ideen hat, hoffentlich.

01:12:40: Und auch ganz klar auf die Bremse tritt und sagt, pass mal auf, ich sehe das anders.

01:12:44: Ich habe eine andere Idee.

01:12:45: Ich würde das heute anders machen.

01:12:47: Damit alles, was man tut, in einem Prozess verstanden wird.

01:12:52: Und dass man weiß, dass dieser Prozess am Ende sogar das Wesentliche ist.

01:12:58: Und nicht das Ziel.

01:13:00: Das Ziel kann sich wandeln.

01:13:01: Das Ziel kann auch sich wandeln, dadurch, dass das dann was steht und man merkt, dass die Resonanzen zum Beispiel das Ziel wieder prägen oder das Ziel verändern und man mit diesem Ziel auch wieder weiter kommt.

01:13:13: Also ich glaube schon, dass man Formen dafür finden kann, wie geht man da miteinander umhalten.

01:13:17: Und wie gelingt dir da ganz persönlich dieser Machtverzicht?

01:13:21: Denn wenn du eigentlich hundert Prozent könntest, quasi deines Amtes, aber du sagst, ich entscheide nur inhaltlich.

01:13:29: Fünfundzwanzig Prozent mittig.

01:13:30: Hier kommt jemand, die jung ist neu dazu, ist sofort mit auf Augenhöhe.

01:13:34: Das ist ganz einfach.

01:13:35: Das ist ja kein Verzicht.

01:13:36: Wo soll der Verzicht sein?

01:13:37: Ist doch eine Bereicherung.

01:13:39: Man gewinnt doch was.

01:13:40: Also... Ich habe das nie als ein Verzicht empfunden.

01:13:43: Es gab tatsächlich Situationen, wo ich eben mit Vorschlägen nicht durchgekommen bin.

01:13:48: Ist das kein Verzicht?

01:13:49: Das ist doch prima.

01:13:51: Es wäre doch traurig, wenn es anders wäre.

01:13:53: Wenn ich nach fünf, dreißig Jahren Ende des Jahres das Projekt verlasse, dann weiß ich, dass alle inhaltlichen Dinge immer gemeinsam entschieden worden sind und dass wenn der Träger nicht einen ganz großen Unsinn macht, sondern... Auf dieses Kolumbar schaut und weiß, dass die Kontinuität an diesem Projekt das Faszinosum ist, dass sie Kontinuität und Innovation eigentlich immer aus diesem Team heraus entwickelt haben, dann erleichtert es mir, dass ich das loslassen kann, weil ich weiß, das ist nicht der Verzicht, sondern das ist der Gewinn.

01:14:27: Ich lasse los und es geht weiter.

01:14:29: Ist doch super.

01:14:30: Also ich glaube, dass Unternehmen, und habt den Eindruck, dass selbst ja in der Wirtschaft mittlerweile bei Wirtschaftsunternehmen sich dieses Denken doch mehr und mehr auch zumindest mal anbahnt, dass sie gut beraten sind, so zu denken.

01:14:42: Und dass ich habe zu viele Projekte scheitern sehen, gerade in der Kultur, wo es eben, wo man nicht so gearbeitet hat.

01:14:51: Super spannend.

01:14:52: Und du sagst, es ist seit vor thirty-five Jahren, wurde das sozusagen schon implementiert.

01:14:57: Das war mein Vorgänger, Joachim Plotsek, der war lange Jahre Kustus, ich glaube er war sogar Oberkustus am Museum Schnittken hier in Köln, da habe ich ihn kennengelernt Anfang der achtziger Jahre, da hat er mich kennengelernt.

01:15:09: Und als er dann Leiter von dem damaligen die Özesanmuseum wurde und aufgefordert, wurde eben mit drei Hauptaufgaben sich zu beschäftigen, nämlich zum ersten Wie entwickelt man ein eighteenhundertdreifundfünfzig gegründetes Tierzesanmuseum zu etwas, was dann in der Gegenwart und Zukunft eine größere Rolle spielen kann?

01:15:30: Wie baut man eine Sammlung auf?

01:15:32: Was könnte da drin sein in einem zukünftigen Kunstmuseum?

01:15:37: Und an welchem Ort und von welchem Haus?

01:15:40: reden wir dann später, wenn es tatsächlich die Möglichkeit gäbe, neu zu bauen?

01:15:45: Das waren so die drei großen Aufgaben.

01:15:48: Und er hat ein Team gebildet damals und ich hatte das große Glück, eben von Anfang an dabei zu sein und hat in diesem Viererteam von Anfang an diese Praxis etabliert.

01:15:59: Anfänglich noch mit einer ganz charmanten Überlegung, weil man sich da dann fragen muss, was macht er denn, wenn er euch nicht einig seid, wenn sich keine Einigkeit herstellen lässt.

01:16:07: Und dann hat er damals, das finde ich, ein wunderbaren Gedanken.

01:16:10: Da bin ich ihm bis heute dankbar für, hat er gesagt, zu ganz einfach, zwei haben einundfünfzig Prozent.

01:16:16: Es wurde aber nie gesagt, wer die zwei sind.

01:16:19: Das ist fantastisch.

01:16:20: Ich kann wirklich nur sagen, es hat diese Situation eigentlich nie gebraucht, weil wir bei diesen inhaltlichen Entscheidungen tatsächlich alle gelernt haben, dass es nicht um verzichten geht, sondern immer darum, dass man gemeinsam besser ist als alleine.

01:16:36: Und das wird besonders spannend.

01:16:37: Vielleicht darf ich das auch noch erwähnen.

01:16:40: In der Regel ist ja so, dass unser Museumskonzept auch da sehr konsequent handelt, indem wir uns einmal im Jahr komplett neu erfinden, aber ausschließlich aus der eigenen Sammlung.

01:16:49: Das heißt, fast keine Leigaben, also diesen ganzen Leigabenzirkus im Grunde genommen abgelehnt haben, könnte man auch als Verzicht auffassen, überhaupt nicht, das ist eine Riesenbereicherung, weil einerseits motiviert es allen diese Sammlung zu entwickeln und eben zu schauen, dass man da über Dinge verfügen kann, mit denen man gerne arbeiten würde.

01:17:09: Und zum anderen erspart es einem natürlich diese ganzen Aufwendungen, die man eben für temporäre Dinge machen würde.

01:17:17: Also heute sagt man nachhaltig, das war auch tatsächlich schon ein Stichwort, mit dem wir umgegangen sind, als wir Mitte der neunziger Jahre das Konzept dann eben auch für einen Architekturwettbewerb benannt haben.

01:17:27: Heute sagt man nachhaltig, ja klar, das ist das nachhaltigste Museumskonzept, was man finden kann.

01:17:32: Wir arbeiten immer im selben Gefäß mit denselben Wänden, keine temporären Einbauten mit geringen Ausnahmen.

01:17:39: um die Erlebnisqualität nochmal zu schaffen an einigen Punkten und arbeiten ausschließlich mit der eigenen Sammlung.

01:17:45: Es ist eine Never-Ending-Story.

01:17:47: Man konzentriert sich und man entdeckt an den Dingen immer wieder neue Facetten.

01:17:53: Über Kunst haben wir eben gesprochen.

01:17:55: Einmerkmal von Kunst, für mich definitiv auch ein Kriterium, auch ein Bleiben des Kriteriums, die Ambivalenz.

01:18:02: Wir hatten John Fosse neulich im Haus, zu einer Literaturpreisverleihung und dann auch zu einem Abend, einer Lesung und so weiter, und zu einem Gespräch.

01:18:10: Und eine der ersten Bemerkungen von ihm gefragt, was ist denn Literatur eigentlich?

01:18:16: Und er sagte sofort, in jedem Fall etwas, das ambivalent ist.

01:18:20: Wenn es nicht ambivalent ist, dann ist es Propaganda.

01:18:22: Und das kann ich mit drei Aussage bezeichnen.

01:18:24: Genau das ist der Fall.

01:18:26: Und wie sieht dann das Museumskonzept aus?

01:18:29: Wenn wir sagen, ein Hauptmerkmal von Kunst ist die Ambivalenz, dann ist die Beschäftigung mit dem immer selben, immer gleichen, natürlich der erste Schlüssel dafür, dass ich uns Kuratorinnen selbst erstmal abfordere, mit dieser Ambivalenz umzugehen.

01:18:45: Und nicht zu sagen, wir haben das im letzten Jahr ausgestellt, also dieses Jahr kommt das ins Depot, sondern vielleicht zu sagen, ach guck mal, das könnte in diesem Jahr auch wieder eine Rolle spielen, weil plötzlich entdecke ich eine ganz andere Facette an diesem Ding, was ich eigentlich schon meine gut gekannt zu haben.

01:18:59: Das finde ich sehr interessant, weil wir da auch viel darüber sprechen, einen ganz anderen Zusammenhängen denken wir, aber dieses Neu-Anordnen von schon vorhandenem und gucken, dass dadurch, was Neues entsteht.

01:19:12: Die erste Reihe, glaube ich, die wir gemacht haben im Museum, hieß Wiederbegegnung mit Unbekanntem.

01:19:19: Das war marketingmäßig natürlich eine Zumotung, weil das also Ausstellungstitel Wiederbegegnung mit Unbekanntem, hallo, was soll das sein?

01:19:28: Aber das ist für mich bis heute eigentlich eine sehr gute Umschreibung, was da passiert.

01:19:32: Ich meine das alles zu kennen und es stellt sich plötzlich ganz anders für mich dar.

01:19:36: Das ist eigentlich dann ein Beispiel an diesem Ort Museum, an diesem Ort des Umgangs mit Kunst, der ein ganzes Weltverständnis begründet.

01:19:47: Weil wenn ich hier durch Köln wandere und meine alles zu kennen, dann ist es doch auch so, dass ich bei jeder Gang plötzlich Dinge wieder entdecke, die ich vorher so nicht gesehen habe.

01:19:57: oder anders gesehen habe.

01:19:59: Wie ist denn das jetzt?

01:20:03: Du hast gerade den Begriff Wertschätzung benutzt, als du über dein Team und wie ihr zusammenarbeitet gesprochen hast.

01:20:10: Und jetzt würde mich nochmal interessieren, wie sich denn so eine Wertschätzung für das Projekt Kolumba oder größer gefasst für Kunst und Kultur eigentlich bemisst.

01:20:21: Wie erlebst du das in diesem Spannungsfeld zwischen Marketing, zwischen einem Ort, der eben auch nach finanziellen Kriterien funktioniert und eine Praktik, die sich eigentlich auf eine Art dem auch entzieht.

01:20:36: Also ich habe das ja mit dem Finanziellen schon angedeutet.

01:20:38: Das Kolumbaprojekt war von Anfang eines das, was die Möglichkeiten, die finanziellen Möglichkeiten anbetrifft, relativ kompakt aufgestellt war.

01:20:47: Auch das betrachte ich überhaupt nicht als Nachteil.

01:20:50: Ganz im Gegenteil, das zwingt einen wirklich dazu viel stärker.

01:20:53: zu formulieren, was will man denn eigentlich, was wollen wir eigentlich, wo investieren wir hinein.

01:20:58: Die Wertschätzung heißt grundlegend erstmal, dass ich, dass jeder und jedem Team weiß, dass wenn wir uns hart über eine Sache streiten können und verhandeln, wir es immer über die Sache machen und nicht eine Kritik nie an die Person rangeht.

01:21:18: weil die verschiedene Artigkeit der Person darüber Handwaschung gesprochen, eben eine Voraussetzung, wie das besser ist.

01:21:24: Aber ich finde, Kritik ist eine Form der Wertschätzung.

01:21:29: Kritik ist eigentlich, wenn ich das im Team übertrage, unternehmerisch betrachte, würde ich sagen, ist die interne Kritik die höchste Form der Wertschätzung.

01:21:36: Weil es ja heißt, dass offensichtlich ein Klima da ist, wo man mit der Sachkritik an der richtigen Stelle eben auch vernünftig umgehen kann.

01:21:48: Genau, ich glaube, ich wollte mit der Frage nach der Wertschätzung nochmal auf so einen etwas anderen Aspekt hinaus, nämlich wie du das erlebst, weil ich finde, das sind ganz wichtige Sachen, über die wir gesprochen haben, sowohl über die Kunst, über diesen Moment, der da entsteht, entstehen kann, der eine hohe Qualität hat, der aber auch nicht zuverlässig sich einstellt.

01:22:13: Also die Ästhetik des Augenblicks, die Ästhetik des Humanen, jetzt sprechen wir bei Wertschätzung im zwischenmenschlichen Bereich, mein Kind, deine Mitarbeiter.

01:22:26: Und das sind alles aber auf eine Art Werte, die ja in einem Kunstbetrieb, in dem das Küllema auch stattfindet, nicht zwangsläufig sichtbar sind.

01:22:36: Also auch da haben wir wieder was... unsichtbares, wenn man so will, denn ob du jetzt nette Mitarbeiter hast oder Mitarbeiter, die sich wertgeschätzt fühlen oder Kritik als Wertschätzung begreifen können oder nicht, ist ja sozusagen unterm Strich, wenn man über Geld spricht, wenn man über Zuschauerzahlen spricht, erstmal total ja mindestens auf eine Art zweitrangig.

01:22:57: Wie gehst du mit diesem Spannungs- oder wie geht ihr als Kolumbar mit diesem Spannungsfeld eigentlich um?

01:23:03: Ich glaube, man muss sich ja klar machen, dass egal was wir machen, an welchem Bereich wir arbeiten, ob ich im Restaurant führe, im Hotel oder im Museum, dass wir in der realen Welt operieren und natürlich geht es auch um Geld.

01:23:18: Um sich dann klar zu machen, wie sehen Formate aus, bei denen es am Ende nicht nur ums Geld geht, sondern vielleicht zunächst mal ganz andere Fragen.

01:23:27: Gleichzeitig auch Teil unserer Welt, auch im Kulturbetrieb.

01:23:32: Es gehört zu jedem guten Projekt dazu, dass es eine Erkennbarkeit hat.

01:23:38: Dass es tatsächlich im Grunde auch als Marke funktionieren kann.

01:23:42: Dass ich mit diesem Produkt, was ich da anbiete, mit dem Angebot, was ich stelle, eine Erkennbarkeit schaffe.

01:23:48: Für bestimmte Dinge, die, man würde heute sagen, Alleinstellungsmark male für sich beanspruchen.

01:23:53: Ich glaube, das ist etwas sehr Wichtiges.

01:23:55: So funktioniert die Welt.

01:23:56: Man wäre völlig falsch beraten, wenn man sagt, das interessiert mich alles überhaupt nicht.

01:24:01: Da ich mein ganzes Studium über mit Marktforschung finanziert habe, bild ich mir ein, dass ich dann eine ganz gute Grundlage mir angeeignet habe, dass ich weiß, wie das in der Regel gehandhabt wird und wie das funktionieren könnte.

01:24:14: Und sehe, was die Kultur betrieb, was die Kultur anbetrieb, nur einen Megaunterschied, einem riesigen Unterschied.

01:24:21: Nämlich, dass unser Bestreben, und das hat dann wieder mit einer kuratorischen Aufgabe zu tun, zum einen eben nicht darin bestehen kann vorauszudenken, wie muss das Produkt aussehen, das es anderen Leuten schmeckt, sondern dass ich da sage, ich bin nicht dafür verantwortlich, wie es rezipiert, aber umso deutlicher muss die Marke erkennbar sein dem Angebot, was ich stelle.

01:24:45: Das heißt, dass man die Schärfung dessen, was man macht, nicht aus der erwarteten Rezeption heraus ableitet.

01:24:52: Und das ist ja das, was tatsächlich in der freien Wirtschaft eben leider oft genug der Fall ist, wenn ein Unternehmen ein Auto entwickelt.

01:25:02: Und das kann ich tatsächlich eben berichten, weil ich da sehr lange drin gearbeitet habe in dem Bereich.

01:25:07: Dann macht man unglaubliche Studien herauszufinden, was würde den Leuten denn als Auto gefallen?

01:25:14: Und das ist ein Kriterium, was ich für die Kunst radikal ablehne, weil da müssen wir es umgekehrt denken.

01:25:20: Da müssen wir den Künstlern und die Künstlerinnen die Freiheit geben, dass sie das machen können, was sie für wichtig halten.

01:25:26: Und das ist in der Regel etwas, wo nach niemand gefragt hat.

01:25:29: Das ist das Besondere daran.

01:25:30: Sie machen das aus einem ganz anderen Interesse heraus.

01:25:33: Also muss die Verlängerung in den Ortmuseum Design, dass wir diesen Dingen Raum geben und tatsächlich das Beste versuchen, um diesen Raum zu schärfen, damit das, worum es da geht, erkennbar wird.

01:25:47: Also das ist eigentlich eine umgekehrte Form von Marketing, die, das sage ich auch ganz offen, nicht dazu führt, dass jetzt in der Regel die Mensch Schlange stehen, um da reinzukommen.

01:25:58: Das hat ja teilweise was Kult-artiges.

01:26:00: Also wenn alle Bilder vermehrst zusammengezogen werden, wo ich sage, was soll das denn für einen Unsinn sein?

01:26:05: Mir reicht ja ein Bild und schon bin ich im Grunde am Tag lang mindestens beschäftigt.

01:26:11: Dann kann man das so machen und dann wird man mit Sicherheit in allen Führigintons vorkommen und man wird schlangen vor den Kasten haben und ich weiß nicht was alles.

01:26:18: Und ich sage dann ganz case einfach mal, das ist das falsche Kriterium.

01:26:21: Das kann nicht unser Kriterium sein.

01:26:22: Unser Kriterium kann nicht Quantität sein.

01:26:25: In der Kultur muss es und es ist meine Grundüberzeugung ganz anderes Kriterium geben und das heißt nicht Quantität, sondern das heißt Intensität.

01:26:32: Das heißt, dass das, was wir anbieten, sich nicht anerrichtet, welche Erwartungen haben wir an die Quantität.

01:26:38: Sondern es richtet sich daran, welches Angebot stellen wir in der Hoffnung, dass es eine Intensität produziert.

01:26:44: Das schließt im Übrigen die Quantität gar nicht auf.

01:26:46: Ich bringe das beste Beispiel.

01:26:48: Wir haben das leere Gefäß nie gezeigt.

01:26:51: Also das war auch ein Übereinkopf mit den Architekten von Anfang an.

01:26:54: Das Haus ist geplant worden, als ein Gefäß für Kultur, für Kunst.

01:26:58: Also werden wir das nicht, was man ja damals gerne gemacht hat, spektakuläre Architekturen.

01:27:03: Daniel Liebeskind als Beispiel in Berlin zum Beispiel, im jüdischen Museum, wurde natürlich erstmal leer vorgestellt.

01:27:11: Mit dem Bombenergebnis, dass die Leute das leer alle super fanden und dann war es nachher eingerichtet und alle haben ihn gegähnt.

01:27:16: Also wir haben das nicht gemacht.

01:27:17: Wir haben gesagt, wir stellen uns diese Herausforderung und wollen das Haus tatsächlich, wenn wir es eröffnen, den Menschen so vorstellen mit den Inhalten, für die wir geplant und gebaut haben.

01:27:28: um dann nach zehn Jahren etwas zu machen, womit keiner gerechnet hat.

01:27:32: Nämlich nach zehn Jahren zu sagen, so, passt mal auf, jetzt ist es für eine Woche mal leer.

01:27:36: Und was war das Ergebnis, und das hat dann schon mit Marketing zu tun, dass tatsächlich plötzlich nach zehn Jahren die Schlangen vor der Tür standen.

01:27:44: Und alle Menschen wollten das Lehrer Haus sehen.

01:27:47: Es war nicht leer.

01:27:48: Und es war nicht nur nicht leer, weil wir dann doch mit ein paar kleineren künstlerischen Innovationen darin gearbeitet haben, um diese dieses Thema der Lehre auch im Grunde genommen mal zu bearbeiten.

01:28:00: Nein, es war vor allen Dingen nicht leer, weil alle die Menschen kamen und in den leeren Räumen sofort erzählten, was sie da gesehen haben.

01:28:08: Und da wir auf lehmgeputzten Wänden arbeiten, wo wir die Befestigungsspuren mit Nägeln und Schrauben tatsächlich nach einer Ausstellung flicken, den Leben wieder stopfen und man tatsächlich auch diese Narben in Anführungszeichen sieht, diese Spuren von etwas, was stattgefunden hat.

01:28:23: konnten die Besucherinnen, die das Haus kannten, ihre Erinnerungen sogar festmachen und sagen, schau mal, da siehst du noch die Löcher, wo das große Bild auch offensichtlich gehangen hat.

01:28:35: Also war es voll das Haus.

01:28:37: Es war wahrscheinlich voller den je, weil man sich mit den eigenen Erinnerungen beschäftigt hat.

01:28:43: Und jetzt nochmal das inhaltliche Abgleichen mit Marketing.

01:28:49: Natürlich macht das einen riesen Unterschied.

01:28:51: ob diese Erinnerungen an irgendwelche Leihgaben geknüpft waren, die dann eben temporär mal da waren oder ob man verlässlich weiß, dass, was ich da jetzt gerade als Erinnerung beschreibe, von dem weiß ich, dass das immer noch Teil des Hauses ist.

01:29:07: Das war ja deren Werk, das ist nach wie vor da und deshalb kann es eben auch passieren und das ist ja in achtzehn Jahren mittlerweile häufig vorgekommen, dass man ein und dasselbe Ding plötzlich an einer anderen Stelle in einem ganz anderen Kontext wieder sieht.

01:29:20: Das schafft eine ganz andere Identität für das Produkt, für die Markekolumbar, eine ganz andere Identität, weil man weiß, dass die Summe dieser Erlebnisse, die Summe dieser Erfahrungen, dann eben diesen Ort tatsächlich bis heute auch ausmachen.

01:29:36: Und dieser ideelle Wert, den du da beschreibst, ist der denn relevant auch für euch?

01:29:41: Also kann man den abbilden oder geht es am Ende dann doch nur um Zuschauer oder Besucherzahlen?

01:29:46: Ja, das ist eben das Schöne.

01:29:48: Die Quantität kannst du natürlich abbilden.

01:29:49: Du kannst sagen, ich habe so viele Besucher im Jahr und schon ist das ein Erfolgsmodell.

01:29:53: Wie misst man diese Intensität?

01:29:55: Die

01:29:55: kannst du eben nicht messen.

01:29:56: Die kannst du nicht messen, die will ich auch nicht messen.

01:29:58: Aber kannst

01:29:59: du die dann vermitteln dann an... Also es muss sich ja irgendwie, wird es ja gerechtfertigt.

01:30:05: Also ich kann dir ein konkretes Beispiel bringen, vielleicht das Verweck.

01:30:08: Du hast von deinem Sohn gesprochen, der eben die Kugelbahn einweihen durfte bei der letzten Eröffnung.

01:30:13: Ich hatte vor einigen Jahren schon, wir haben die Kugelbahn im zweiten Kolumbia gezeigt, da war sich schon zu sehen, im selben Raum auch, weil das sich als ein sehr guter Raum dafür erwiesen hat.

01:30:21: Und ich hatte vor einigen Jahren eine Führung mit Erwachsenen und ihren jugendlichen Kindern.

01:30:26: Und wir kommen in diesen Raum hinein.

01:30:28: und da wir versuchen eben, diese Begegnungen immer sofort vom ersten Moment an, als dialogische Situationen zu verstehen, ist dann eben sehr schnell irgendwann das Eis auch geschmolzen, wir treten in den Raum rein und dann sagt dann einer von diesen Jugendlichen, wo ist denn die Maschine geblieben, die hier stand?

01:30:47: Und da wir nicht so viele Maschinen in der Sammlung haben, habe ich gedacht, jetzt lass ich ihn mal beschreiben an, was er sich denn erinnert, was meinst du für eine Maschine?

01:30:54: Und natürlich hat er die Kugelbahn beschrieben.

01:30:57: Und ich habe dann mal gerechnet, wie lange war es her, dass wir die ausgestellt hatten und konnte dann relativ klar sagen, du warst hier als Vorschub-Kindergartenkind.

01:31:06: Da sagt er ja, woher wissen Sie das denn?

01:31:08: Ja, ich dachte, die war vor acht Jahren ausgestellt.

01:31:11: Und er konnte nach acht Jahren noch beschreiben, was er als fünf- und halb-Jähriger gesehen hat.

01:31:16: Das ist für mich zum Beispiel ein Gradmesser der Intensität, von der ich eigentlich behaupte, man kann sie gar nicht messen und das ist auch gut so.

01:31:24: Das bleibt das Geheimnis des Rezipienten.

01:31:27: Weil, was weiß ich?

01:31:29: Was ihn beschäftigt?

01:31:31: Was bild ich mir da ein?

01:31:32: Ich weiß es halt nicht.

01:31:33: Wie kann man das vermitteln?

01:31:35: Ich glaube schon, dass wir da den Vorteil haben, einen kirchlichen Träger zu haben, der, egal was man von Kirche und Überkirche denkt, doch sicherlich immer wieder deutlich gemacht hat, dass Unsichtbare ist.

01:31:47: unser Thema schon.

01:31:49: Und wir können nicht nach Quantität rechnen, sondern wir bieten etwas an, was sich mit anderen Kriterien kaum fassen lässt.

01:32:00: Und glaubst du, das überträgt sich?

01:32:02: Auf wen?

01:32:03: Auf alle.

01:32:04: Ich weiß es nicht.

01:32:06: Ich weiß es nicht.

01:32:06: Die Frage stelle ich mir eigentlich auch gar nicht.

01:32:08: Also außer, dass ich selbst behaupte und immer wieder auch auffordere, auch wenn ich in anderen Kontexten arbeite, sei es zum Beispiel in der Jury von Kunstwettbewerben, dass ich immer versuche, allen bewusst zu machen, dass die Kriterien nicht vorgedacht sein dürfen, sondern immer erst der Sache selber heraus... abgeleitet sein sollten.

01:32:29: Noch mal auf die Institutionenmuseum bezogen, damit das eines ganz deutlich ist.

01:32:33: Es gibt keinen Königsweg, wie man sowas machen sollte.

01:32:38: Ich selbst beurteile Ausstellung und Museen nicht nach meinen Kriterien, die ich an Kolumbaren wende.

01:32:44: Das interessiert mich nicht, sondern ich versuche sie, versuche zu beurteilen, wie weit sehe ich, wie weit kann ich erkennen, dass man selbst darüber nachgedacht hat, für welchen Inhalt man findet, welche Form und dass man nicht einfach zurückgreift auf Formen, die sich etabliert haben, eben die Retrospektive als monographische Ausstellung mit, ich sag mal, dreihundert Werken, sondern dass man sich selbst überlegt, wenn ich der Kunst von Vermehr, ich bringe jetzt nochmal das Beispiel und ich bitte diese Plattitüden zu entschuldigen.

01:33:13: Wenn ich es darum geht, vermehr und das Faszinosum von mehr bewusst zu machen, dann glaube ich, gäbe es bessere Möglichkeiten, als eben den Anspruch, ich bringe jetzt neunzig Prozent der Vermehrbilder, die wir weltweit haben, in einer einzigen Ausstellung zu haben.

01:33:26: Ich glaube, es geht bessere Formate.

01:33:29: Erwachtungshaltungen bediene ich die oder formuliere ich ein Angebot, bei dem der Verzicht oder die Verlusterfahrung diese Erwachtungshaltung nicht erfüllt zu haben, ersetzt wird durch etwas anderes.

01:33:42: Ich würde da in manchen Situationen mir eine unglaubliche Radikalität wünschen.

01:33:47: Also wenn man weiß, dass fast alle Menschen, die Paris besuchen, die Mona Lisa gesehen haben.

01:33:54: Bin ich dann als Louvre Museum wirklich gut beraten, dass ich von der Kasse aus eine Beschilderung mache, wie ich am schnellsten da hinkomme?

01:34:02: Oder wäre es nicht fast viel spannender, ich würde diese Erwartungshaltung brechen?

01:34:07: und jetzt denke ich mal, spinne ich mal ein bisschen rum und würde an der Kasse Richtungsfeiling ganz verschiedene Richtungen bringen.

01:34:14: Vielleicht führen die am Ende alle zum Mona Lisa, keine Ahnung.

01:34:17: Vielleicht wäre es auch sinnvoll, dass man sagt, wir holen uns jetzt mal ein paar gute Kopisten, die sitzen ja im Lube bis heute und hängen einfach mal Fälschungen, Kopien an verschiedenen Orten auf.

01:34:29: Fünfzehn Stück.

01:34:30: Und lassen die Besucher ihnen selbst herausfinden, wo ist denn wohl die Echte?

01:34:35: Also ich glaube, dass man selbst mit diesen berechtigten Erwachtungshaltungen nach Kriterien der Kunst und Kultur und nach Kriterien, die vielleicht fürs Museum viel spannender sind, sehr konstruktiv umgehen könnte, wo ich denke, dass viele Menschen sogar Freude daran hätten zu sehen, dass ihre Erwartungshaltung gebrochen werden.

01:34:56: Also ich zum Beispiel würde mich freuen, sowas zu sehen.

01:34:58: Ich fände das superklasse und würde dem Zeit schenken wollen, weil ich den Eindruck habe, hm, da stecken ja nicht irgendwelche Formalien hinter dieser kuratorischen Absicht, sondern da stecken Menschen dahinter.

01:35:10: die sich wirklich mal Gedanken gemacht haben, in welcher Situation befinden wir uns ja eigentlich.

01:35:15: Da ist wieder dieses spielerische Element.

01:35:19: Woher kommt denn dieser Spieltrieb bei dir?

01:35:21: Weil man sieht tatsächlich wieder so ein Leuchten in deinen Augen.

01:35:26: Vielleicht bevor wir uns in unsere kleine Zeitmaschine setzen.

01:35:30: Was war denn oder was ist denn so dein Weg?

01:35:32: Also wie bist du da hingekommen, wo du jetzt bist?

01:35:36: Daniel, das ist eine Frage, die mich beschäftigt, solange ich, glaube ich, denken kann, dass ich mit Kunst umgehe.

01:35:44: Und ich hoffe, dass ich irgendwann die Zeit finden werde, mal diese ganzen Gedanken, auch über die wir hier sprechen, in eine Form zu gießen, dass man sich das schön am schreiben, was ich sehr gerne mache, denn da muss man die Gedanken in eine nachvollziehbare Folge bringen.

01:35:58: Ich hoffe, das gelingt mir irgendwann noch.

01:36:00: Ich weiß, dass ein Kapitel ganz wichtig sein wird, ist nämlich das der Kindheit.

01:36:05: Und das sage ich jetzt nicht aus Altdruckheit heraus, dass ich über meine Kindheit Auskunft geben möchte unbedingt, sondern weil ich weiß, dass viele Künstler und Künstler in mir immer wieder erzählt haben, dass vieles, was sie machen, sich tatsächlich zurückführen lässt auf Kindheitserlebnisse.

01:36:20: Und ich glaube, dass das ein ganz entscheidender Punkt ist.

01:36:23: Und ich kann es für mich selbst tatsächlich behaupten, dass ich weiß, dass Erfahrungen, die ich als Kind gemacht habe, mich bis heute prägen.

01:36:31: Ich bringe mal als eines der Beispiele einen Begriff, der jetzt in den letzten Jahren interessanterweise immer mehr Gewicht bekommt, das ist nämlich der Begriff der Langeweide.

01:36:42: Ich kann für mich selbst behaupten, ich bin ein relativ glücklicher Mensch, glaube ich, dass ich sagen kann, ich habe mich nie gelangweilt, auch als Kind nicht, außer dass ich mich langweilen wollte.

01:36:52: Es gibt Situationen, da weiß ich, dass ich das langweilen genossen habe.

01:36:57: in meinem Zimmer zu sein, das Fenster war auf und draußen war ein Sommerregen und der Nachmittag kam kein Ende.

01:37:02: Und ich war in irgendwas vertieft, bei dem ich gar nicht mehr darüber nachgedacht habe, ob das einen Sinn oder Zweck hat.

01:37:08: Und das sind nicht nur Kindheitserinnerungen, das ging bei mir mindestens bis in die Jugendzeit hinein, dass ich solche Situationen geradezu provoziert habe.

01:37:15: Und das ist ja nur eine kleine Facette von etwas, was in unserem ganzen Denken von Erziehung, von Bildung, von Aufwachsen, von Großwerden.

01:37:26: Ich glaube, es sollte einen immer geringeren Raum einnehmen, von dem ich aber behaupte, für mich selbst sagen zu können, dass das ganz entscheidende Situation, in dem ich das geworden bin, was ich heute bin.

01:37:38: Aber worauf baut man auf und wie wird man das?

01:37:42: Ich glaube, jeder Weg ist eigen, jeder Weg ist anders und ich kann jungen Menschen immer nur empfehlen, das tue ich, wenn wir Voluntäre oder Praktikanten auch haben, dass ich sage, also ich habe das so erfahren, dass zwischen zwanzig und dreißig stehen manche Türen offen.

01:37:54: Und ich glaube, man ist gut beraten, wenn man diese Offen und Türen mal betritt.

01:37:58: Weil zurückgehen kann man immer.

01:38:00: Aber nicht reingehen ist eigentlich schade.

01:38:02: Weil vielleicht nannte man ja was kennen, nur mit man gar nicht gerechnet hat, was einen weiterbringen könnte.

01:38:07: Schöner Rat, auf jeden Fall.

01:38:09: Schreibt das Buch.

01:38:10: Bitte, schreibt das Buch.

01:38:12: Sollen wir mal in die Zukunft reisen?

01:38:15: Ja.

01:38:16: Wir haben

01:38:17: ja über viele wichtige Sachen gesprochen.

01:38:20: Die Intensität, die Radikalität.

01:38:23: Die Ästhetik des Augenblicks, das Miteinanderarbeiten, die Ästhetik des Humanen.

01:38:29: Stefan, magst du mal den roten Knopf unserer Zeitmaschine drücken und wir fliegen in einer Zukunft, wo diese Sachen gesamtgesellschaftlich zur Anwendung kommen?

01:38:41: Ich drück

01:38:41: jetzt

01:38:41: da drauf.

01:38:42: Da sind wir in der Zukunft.

01:39:05: Wie sieht's hier aus, Stefan?

01:39:07: Was?

01:39:08: ist hier anders als in den Jahr.

01:39:12: Wir haben den Kapitalismus überwunden.

01:39:17: Wir haben verstanden, dass Wachstum kein Selbstzirk ist.

01:39:22: Vielleicht haben wir das auch verstehen müssen.

01:39:25: Wahrscheinlich Letzteres.

01:39:27: Wir haben hoffentlich verstanden, dass die Demokratie als die tragende Staatsform bis zum zwanzigsten Jahrhunderts auch für die Zukunft dann sich doch als die wirklich Beste.

01:39:40: politische Gemeinschaft durchgesetzt hat, weil sie weiß, dass das Miteinander der Individuen besser ist als das autokratische Folgen von einzelnen, ich sage jetzt mal alten Männern, wie wir es derzeit erleben.

01:39:58: Wir haben einen ganz anderen Bildungsbegriff etabliert, bei dem nicht Information im Mittelpunkt steht.

01:40:08: sondern viel viel stärker eine Bildung zu sich selbst, dass jede und jeder weiß, was er oder sie vom anderen unterscheidet und was er oder sie vielleicht besser kann, aber was auch andere besser können, um eben mit selbstverständlichen Formen des Miteinanders, der Kommunikation, Gesamtgesellschaftlich eine viel größere Kreativität und Freiheit leben zu können.

01:40:43: Wie sieht es denn aus, diese Intensität, die du schon früher im Kolumbar in den Vordergrund gestellt hast, hat die sich auch auf andere Bereiche des Lebens ausgeweitet?

01:40:56: Naja, ich meine, wir sind jetzt in der Zukunft und wir visionieren jetzt mal.

01:41:00: Wir wissen alle drei, dass uns die Zukunft überhaupt nicht zur Verfügung steht.

01:41:05: Die Vergangenheit im Übrigen auch nicht.

01:41:06: Und die Gegenwart schon gar nicht.

01:41:08: Wir arbeiten damit Begriffen, die auch alles nur Hypothesen sind.

01:41:11: Deswegen

01:41:12: können wir das ja machen, was wir hier machen.

01:41:13: Genau.

01:41:14: Und deshalb lamentieren wir jetzt nicht über die Vergangenheit, sondern wir tun jetzt mal so, dass wir an das glauben, was wir vertreten.

01:41:22: Und da rede ich eben jetzt sehr stark für die Kultur, für die Kunst.

01:41:27: Und dass das zu etwas Neuem geführt hat.

01:41:32: Und das setzt bei ganz einfachem Dingen an, dass wir Erkannt haben, dass wir alle gemeinsam auf diesem Raumschiff unterwegs sind und dieses Raumschiff unser Träger ist und wir nicht gegen diesen Träger arbeiten können und es auch nicht unserer Aufgabe ist diesen Träger nur auszubeuten, sondern dass wir Teil eines immerwährenden Prozesses sind, dass wir Menschen Teil eines großen Organismus sind, den wir bei allen Fortschritten der Wissenschaft nicht wirklich verstanden haben.

01:42:01: Frag nochmal weiter Paul.

01:42:04: Diese Bildung zu sich selbst, die du gerade beschrieben hast, die jetzt in der Zukunft, in der wir sind, funktioniert hat oder wo sich der Bildungsbegriff dahingehend verändert oder erweitert hat.

01:42:16: Was hat diese Bildung zu sich selbst so gesamtgesellschaftlich für Folgen?

01:42:22: Wie kann man das spüren, wenn man jetzt auf die Straße geht?

01:42:26: Versuchen wir gerade vorzustellen, wie sieht die Straße überhaupt aus?

01:42:28: Ja, wie sieht die denn aus?

01:42:30: Wie begegnen sich denn die Menschen da drauf?

01:42:33: Respektvoller?

01:42:34: und zwar unabhängig von Geschlecht, von Alter, von Herkunft.

01:42:39: Das sind natürlich Utopien, die es in der Menschheitsgeschichte immer wieder auch gegeben hat.

01:42:45: Deswegen sprechen wir so oft davon, dass wir das Bekannte nutzen, um es neu anzuordnen.

01:42:51: Ich glaube, dass das wichtig ist, dass man immer wieder weiß bei allem, was wir tun, mit einer gewissen Demut umgeht, um sich immer wieder auch klar zu machen, wir finden ja nicht das Rad völlig neu, sondern wir... Formulieren Dinge, die es eigentlich immer schon gegeben hat, wir aktualisieren sie, wir relauen schon sie, was auch immer, oder führen sie konsequenter zusammen.

01:43:13: Weil ich glaube, dass tatsächlich diese Grundbedürfnisse, die existenziellen Grundbedürfnisse des Menschen, die artikulieren sich vielleicht anders, aber sie bleiben am Ende ja gleich.

01:43:22: Sie finden andere Formen, sie finden andere Formate.

01:43:25: Und deshalb die Frage, wie tritt man auf die Straße, ist schon eine spannende Frage.

01:43:28: Auch da sind wir nicht die Ersten, die sich diese Frage stellen.

01:43:31: Wie sieht die Straße überhaupt aus?

01:43:34: Ich z.B.

01:43:34: hätte dir Hoffnung, dass das Auto dann doch endgültig ans Ende gekommen ist und dass man eben nicht meinen, dass in der Elektromobilität des Autos die Zukunft liegt, sondern dass man eben sich klar macht, dass Auto selbst als individuelles Ding was einen bewegt, das kann nicht die Zukunft sein.

01:43:52: Zukunft ist, finde ich, ein ganz spannend, aber auch heikles Thema.

01:43:59: Ich habe neulich mir das Vergnügen gemacht und habe Mir die erste Folge von Raumschiff Orion angeguckt.

01:44:06: Ich weiß nicht, ob ich das überhaupt was sage.

01:44:08: Du findest das wahrscheinlich schon kult.

01:44:10: Ich bitte, ich bin keine Achtzehn.

01:44:14: Raumschiff

01:44:14: Orion, klar.

01:44:16: Das war ja mal die gedachte Zukunft.

01:44:21: Das war ja mal die gedachte Zukunft.

01:44:23: Ich glaube, wir haben damals schon nicht recht angeglaubt, dass die Zukunft so aussehen wird, sondern das war ein großartiges Spiel.

01:44:30: müsste ich eine Klammer aufmachen, weil ich das Dator fand, jetzt aus heutiger Perspektive zu sehen, was mir als Kind nicht so deutlich geworden ist, mit welchen simplen Mitteln man damals da dieses Zukunftsbild realisiert hat.

01:44:43: Und wie sehr es, das ist dann schon wieder Teil unseres Themas, nur funktioniert hat, weil es großartige Schauspieler waren.

01:44:50: Die wussten, dass sie den Griff eines Bügeleisens bedienen, wenn sie da in ihrem Schallpult saßen und haben aber trotzdem so getan, als wenn man damit jemand, ich sag mal plötzlich, in eine andere Zeit hineinversetzen könnte.

01:45:03: Deshalb ist die Zukunft ebenso spannend wie Heike.

01:45:06: Wir leben jetzt im Jahr twenty-fünfundzwanzig.

01:45:08: Für mich, für meine Generation war die tausender Wende wirklich, das waren mega, mega Dinge.

01:45:13: Zwei tausend war ja in der Werbung.

01:45:15: Selbst in den achtziger, neunziger Jahren war zwei tausend immer noch Zukunft.

01:45:19: Das war das neue Jahrtausend.

01:45:21: Und so sind wir ja auch mit dem Jahreswechsel damals da reingegangen.

01:45:24: Und jetzt haben wir twenty-fünf Jahre später und stellen fest, naja, so viel hat sich gar nicht geändert.

01:45:28: Hier fliegen immer noch keine Autos durch die Luft.

01:45:32: Und wir schlagen uns leider wieder viel stärker mit Dingen herum, von denen wir eigentlich dachten, dass wir die schon überwunden hatten.

01:45:42: Also ich sag mal, wenn ich tatsächlich mich in die Zukunft wiederfinden würde, dann hätte ich die große Hoffnung, dass wir von einer Welt reden und nicht mehr von verschiedenen Welten und dass die Globalisierung, so wie sie unter dem Aspekt des Wirtschaftswachstums ja betrieben worden ist und wie wir jetzt ja doch in den letzten Jahren gemerkt haben, wie sie nicht funktioniert, dass wir da ein ganz anderes Verständnis entwickelt haben.

01:46:09: Und das, glaube ich, hat wieder sehr stark auch mit der Kultur zu tun, weil meine Auffassung immer war, das Globalisierung, also dieses Bewusstsein, wir leben in einer Welt und wir sind alle voneinander abhängig, dass diese Globalisierung nur funktionieren kann, wenn man den Menschen ihre kulturellen Identitäten zugesteht und sie sogar versucht weiterzuentwickeln.

01:46:34: Also diese Überlegungen, die Menschen sind gleicher natürlich, sie sollen in ihren Möglichkeiten.

01:46:45: gleiche Chancen haben, völlig klar, damit sie ihre Verschiedenartigkeit, die Bildung zu sich selbst, eben viel stärker anwenden können.

01:46:53: Aber dass die kulturellen Unterschiede tatsächlich bestärkt werden.

01:46:59: Und ich glaube, das ist der große Problem des Scheiterns der Globalisierung, dass sie einseitig eben über Wirtschaftsinteressen geleitet worden ist.

01:47:09: Und dass man Über diese Wirtschaftsinteressen natürlich viele Dinge auch nividiert hat.

01:47:15: Also, wenn man heute ins Ausland fährt und geht auf eine Shopping Mall, dann sind es absolut dieselben Läden, die wir hier finden.

01:47:23: Ja gut, also was heißt das?

01:47:24: Darüber werde ich keine Identität bilden können.

01:47:27: Über HOM werde ich keine Identität bilden können.

01:47:30: Jetzt muss ich H&M gar nicht verteufeln, sondern ich muss das nur akzeptieren, dass das so ist, um mich dann zu fragen, was bildet denn dann die Identität?

01:47:38: Und das ist eine Aufgabe der Kultur, bin ich sicher.

01:47:40: Das ist eine Aufgabe der Kunst.

01:47:42: Mein Kunstbegriff muss ich dazusagen und nicht nur meiner, sondern das war auch grundlegend im Team, als wir Kolumbien entwickelt haben, basiert schon sehr darauf, dass es für mich eine überragende bünstlerische Position gibt in der zweiten und öfters zwanzigsten Jahrhunderts.

01:47:55: Und das ist die von Josef Beuys, der eben den Kunstbegriff Ich würde aus meiner Perspektive sagen, zumindest hier für unseren westlichen Kulturpreis auf eine Weite ausgedehnt hat, wie man ihn vorher nicht aufgefast hat.

01:48:09: Und der eben zum Beispiel Kommunikation als ein ganz wesentliches Merkmal seiner Kunst verstanden hat und ja nie müde geworden ist, alle Menschen mithin einzunehmen in seinen künstlerisches Denken via Kommunikation.

01:48:25: Das würde ich mir, wenn ich mich in die Zukunft denke, schon, das wäre, ich meine, es sind ja auch Hoffnungen.

01:48:30: Wenn man in die Zukunft denkt, hat man Hoffnung, hat man Utopien.

01:48:33: Und so sehe ich mittlerweile im Moment halt, zumindest in meiner Generation, ich bin ja neunzehntzehntzig geboren, von einem Utopieverlustreden muss, ganz objektiv betrachtet.

01:48:44: Da sind viele Dinge wirklich von denen wir wirklich dachten, dass wir die überwunden haben, leider jetzt uns viel stärker wieder vor die Füße gefahren.

01:48:53: Das geht bis hin zur eigentlich ganz selbstverständlich Fragen wie zum Beispiel der Gleichberechtigung, die wir immer noch nicht realisiert haben, und zwar um Länge nicht realisiert haben, dass man natürlich so ein Bild einen Gang in die Zukunft mit Hoffnungen verbindet, bei denen die Kunst und die Kultur eine große Rolle spielt, umso mehr, wie wir zumindest im Moment ja feststellen können, dass das, was Jahrhunderte lang eine Hoffnungskwelle der Menschen war, nämlich dass die Religion aus ganz verschiedenen Gründen in ganz verschiedenen Zusammenhängen in den Gesellschaften dieser Hoffnung nicht mehr erfüllt.

01:49:28: Bei uns nicht, weil diese Kularisierung halt sehr stark vorangeschritten ist und das sicherlich auch mit den Hauptvertretern zu tun hat, die Religion repräsentieren, also mit den Kirchen auch zu tun hat.

01:49:40: Will denen jetzt nicht die Schuld nur ganz in die Schuhe schieben, das hat ganz komplexe Gründe.

01:49:44: Aber wir erleben eben in anderen Gesellschaften, dass die Religion zu einer völlig einseitigen Politisierung geführt hat.

01:49:51: die eigentlich an einen andauernden Konfliktheirtschaft und eben das, was wir uns von der Religion versprechen würden, nämlich eine Wertschätzung der Menschen untereinander, eine gewisse Demut auch menschlichen Handeln zu verstehen, dass das ja weit davon entfernt ist.

01:50:12: Und dann stellt sich natürlich die Frage, was passiert eigentlich, wenn die Region das nicht mehr erfüllt?

01:50:17: Und schon sind wir wieder bei der Kunst, sind wir wieder bei der Kultur.

01:50:20: wo ich gleich dazu sagen würde, dass es nicht, dass die Kultur überfordert wäre, wenn sie diese Lücke füllen müsste oder alleine füllen müsste.

01:50:31: Also ich glaube schon, dass das, also zumindest in meinem Bild der Zukunft spielt die Spiritualität und die Religion eine ganz große Rolle nach wie vor, weil ich glaube, dass wir jeder und jede, wenn man an einem bestimmten Ort sich aufhält und mal die Gelegenheit hat, einem Sommerabend eben auf einer Wiese liegen, ins Weltall zu gucken, dass man spätestens dann dahin kommt zu sagen, naja, also das ist so gigantisch, das lässt sich durch uns auch wahrscheinlich in der Zukunft nicht voll ins Erklären, um dann eben sehr schnell dahinter zu kommen, also muss es ja irgendein Bereich geben, wo wir das parken, was wir uns nicht erklären können.

01:51:09: Und ich würde mir persönlich wünschen, dass das eben nach wie vor die Religion und auch die Kunst

01:51:16: ist.

01:51:17: Das ist total schön.

01:51:20: Was Sie im Kolumbar sozusagen in der Vergangenheit, also bevor wir in die Zeitmaschine gestiegen würden, gelebt hat.

01:51:31: Ich habe das für mich zusammengefasst als ein radikales Plädoyer für die Wiederentdeckung.

01:51:36: Das wäre ja sozusagen ein Prinzip, was man auch in der Zukunft anwenden könnte.

01:51:43: Wenn das Kolumbar dann noch steht, ja, oder dass man vielleicht vergleichbare Formen an anderen Orten entwickelt hat.

01:51:51: Zu meinem Utopieverlust gehört ganz konkret dazu, dass ich sagen kann, als wir uns dafür entschieden haben, die Ruine dieses zweitausendjährigen Kulturortes neu zu bespielen, zu überformen, mit eben einer zeitgenössischen Architektur, mit einem zeitgenössischen Konzept.

01:52:09: Dann war das Mitte der Neunzigerjahre schon noch so gerade nach dem Ende des Kalten Krieges, nach der Wende so, dass wir alle dachten, wir bauen da jetzt für die Ewigkeit.

01:52:21: Aus unserer heutigen Perspektive, ich bin jetzt noch mal in den Jahr- und-zwanzig, muss ich gestehen, sehe ich das Ambivalenter, weil ich sehe, dass dieser zweitausendjährige Ort immer wieder Phasen gehabt hat, wo Menschen alle Energie zusammengenommen haben, um ihn neu zu bespielen.

01:52:37: zeitgemäß mit ihren eigenen Wünschen neu zu realisieren, das alte mitnehmen, das ist ja das die tolle Tradition der Kirche, dass sie weiß, dass sie dieses alte immer bewahrt hat und immer wieder neu formuliert hat.

01:52:49: Und dass ich mir angesichts der Konflikte, in denen wir jetzt ganz konkret uns befinden und auch der Kriegs-Kriegsituation und der ganzen Aufrüstungsdebatte und dem Hass, der an allen Orten sich Bahn bricht, natürlich nicht mehr ganz so sicher bin, ob wir das für die Ewigkeit gebaut haben oder ob nicht, wenn ich Historiker bin und auf diese lange Geschichte dieses einen konkreten auch des Schaue nicht am Ende, ich mir doch zumindest wieder klarmachen muss, dass ein nicht unerhebliches Risiko darin besteht, dass auch dieser auch den wir da geschaffen haben irgendwann wieder zerstört.

01:53:23: Aber wer weiß, was vielleicht Wunderbares auf den Trümmern des Kolumbas wieder aufgebaut wurde, denn die Tradition hat das ja... auf Ruinen aufgebaut zu sein.

01:53:33: Ich glaube, dass Zukunft im Kleinen beginnt.

01:53:36: Das ist ein Gedanke, der mir jetzt eigentlich da kommt.

01:53:38: Und dass Zukunft im Kleinen beginnt und dein Sohn, und das, was er mit der Eröffnung der letzten Ausstellung erlebt hat mit der Kugelbahn, dass das so ein kleiner Schritt Zukunft sein könnte.

01:53:51: Dann lassen Sie uns doch mal in die ... ... in den ... ... im ... ... im ... ... im ... ... im ... ... im ... ... im ... ... im ... ... im ... ... im ... ... im ... ... im ... ... im ... ... im ... ... im ... ... im ... ... im ... ... im ... ... im ... ... im ... ... im ... ... im ... ... im ... ... im ... ... im ... ... im ... ... im ... ... im ... ... im ... ... im ... ... im ... ... im ... ... im ... ... im ... ... im ... ... im ... ... im ... ... im ... ... im ... ... im ... ... im ... ... im ... ... im ... ... im ... ... im ... Gestaltung hast.

01:54:12: Weil genau darum geht es uns ja so ein bisschen am Ende, dass wir so eine Anleitung zum zukünftig sein.

01:54:17: Nicht liefern, sondern einfach den Menschen etwas mitgeben.

01:54:21: Das war auch in den letzten Folgen schon so.

01:54:23: Das hat sich immer so ein bisschen manifestiert, dass das, was du gerade gesagt hast, deswegen total geil, dass das auch hier sozusagen wieder aufkommt.

01:54:30: Es sind Kleinigkeiten.

01:54:32: Es sind kleine Dinge, die man sozusagen machen kann, die jeder machen kann bei sich.

01:54:37: oder die passieren, so wie bei deinem Sohn, Paul.

01:54:41: Welche siehst du da, Stefan?

01:54:43: Ich habe jetzt bei auch einem musikalischen Zwischenspiel darauf gewartet, wie bringen sie das zu Ende?

01:54:47: Ist das eine harte Landung oder ist das eine weiche Landung?

01:54:50: Zurück, zurück, zu zweitausendfünfzig zu sein.

01:54:54: Also offensichtlich habt ihr diese Frage oft gehalten.

01:54:56: Das war ja eher ein soft, eher ein

01:54:59: softes... Ein Ausleiern in die Gegenwart.

01:55:01: Es trudelt

01:55:02: so aus.

01:55:02: Ja, so hat sich das angehört.

01:55:04: Die Gegenwart trudelt aus.

01:55:07: truttelt wieder rein.

01:55:09: Ja, ich sag mal, bei der Frage fühle ich mich natürlich schon wieder ein kleines bisschen mehr mit Bodenhaftung ausgestattet, weil die Beantwortung dieser Frage gibt sich ja aus der Summe dessen, was wir jetzt alles besprochen haben.

01:55:21: Und das heißt, dass Kultur eben dem Menschen absolut eigen ist, und zwar ab dem Moment, wo er auf die Welt kommt, und dass ab diesem Moment eigentlich mit vielen kleinen Schritten etwas anders gemacht werden müsste, nach meiner Vorstellung.

01:55:37: Und das heißt, das setzt bei ganz grundlegenden Bedingungen an, wie sehen eigentlich die Situationen aus, in die Menschen hineingeboren werden?

01:55:45: Da muss mir eines ganz klar sagen, das ist selbst in einem der reichsten Länder der Welt, in dem wir das Glück haben zu leben, leider immer noch eine ganz beschissene Situation oder vielleicht eine, die immer schwieriger wird.

01:55:58: Also, es gehören immer zwei Menschen dazu, um einen Menschen in die Welt zu setzen.

01:56:03: Welche Bedingungen schaffe ich für die zwei Menschen?

01:56:05: Wie leben die denn eigentlich?

01:56:07: Wie kommen die klar?

01:56:09: Also ich denke, dass man ganz einfach.

01:56:10: zunächst mal, dass ich mich frage, warum akzeptieren wir nach wie vor, dass Menschen, die sich um das Großverden von anderen Menschen kümmern, nachteiligt werden, radikal benachteiligt werden?

01:56:23: Warum akzeptieren wir, dass Mütter, die die größte Last nach wie vor tragen, weil sie bringen die Kinder zur Welt, benachteiligt werden?

01:56:32: Dass der Status bis heute nie auf Augenhöhe kommt mit anderen Tätigkeiten in unserer Gesellschaft.

01:56:39: Warum akzeptieren wir, dass man in Städten nicht mehr wohnen kann als Familie?

01:56:43: Dass man den Raum nicht mehr findet, den man braucht, um eben Menschen in ihrer Individualität wirklich auch Raum zu geben.

01:56:50: Das fängt ja ein paar Milliarden schon an.

01:56:52: Und geht dann weiter.

01:56:54: Und da ist ein ganz entscheidender Hebel, dass wir uns mit dem Bildungsbegriff beschäftigen müssen.

01:56:59: Ein befreundeter Maler von mir hat vor Jahren, weil er eben Jahrzehnte lang unterrichtet hat, für mich in einem wunderbaren Statement gegeben, der hat gesagt, Tool ist eigentlich nur noch zum Tod leiden.

01:57:09: Also was müsste sich da verändern?

01:57:11: Was müsste sich verändern in dieser ganzen berechtigten Frage?

01:57:18: Wo sind denn Kinder eigentlich?

01:57:21: Wenn sich Eltern unabhängig von den Kindern, auch als Individuum weiterentwickeln dürfen sollen, dann muss es ja Form geben, wo diese Kinder tatsächlich in ihrer Ganzheit, auch wieder als Individuum, andere Orte erleben, aufgefangen werden.

01:57:38: Ja, wie sehen denn diese Orte aus?

01:57:39: Das mag sich jetzt Oldschool anhören, aber ich glaube, dass wir da in den letzten dreißig Jahren nicht nur nicht weitergekommen sind, sondern wir haben Rückschlüsse zu verzeichnen.

01:57:47: Ich bringe ganz einfache Beispiele.

01:57:49: Man hat zwar heute das Recht auf ein Kindergartenplatz, man hat dieses Recht.

01:57:52: Das gibt aber nicht genug Plätze.

01:57:55: Und im Unterschied zu meiner Generation, wo sich jede Kindergärtnerin ein Bein ausgerissen hätte, bevor sie uns gesagt hätte, In dieser Woche Donnerstag gibt es keinen Kindergarten, weil wir kriegen es irgendwie nicht auf die Reihe, ist das heute der Regelfall.

01:58:08: Das darf doch alles nicht sein.

01:58:10: Wie sehen Schulen aus?

01:58:12: Sind das tolle Architekturen oder sind das Notlösungen?

01:58:17: Wie sehen die Schulinhalte aus?

01:58:19: Was ist Bildung?

01:58:22: Wie sehen eine Schule aus, bei der das Bewusstwerden des selbst das wichtigste Ziel wäre?

01:58:30: Wie sieht eine objektive Lehrer aus, gibt's die überhaupt?

01:58:35: Wenn ich weiß, dass alle eigentlich verschieden sind, wie gehe ich dann mit objektiven Kriterien an den Begriff der Bildung an?

01:58:43: Und ich glaube, da müsste man entschieden den Hebel ansetzen.

01:58:46: Und natürlich, wenn wir doch die Grundüberzeugung teilen, dass Kunst etwas ganz, ganz Wichtiges ist.

01:58:52: Und ich habe der Eingangs gesagt, dass die Frage, wozu brauchen wir Kultur, für mich schon das Missverständnis birgt, weil das ja heißen wurde, wir können das haben oder wir können es lassen.

01:59:01: Na die Entscheidung haben wir gar nicht.

01:59:03: Wir Menschen sind Kultur.

01:59:04: Wir brauchen die Kultur nicht nur, wir sind sie.

01:59:07: Das ist die Frage, wie handhaben wir das?

01:59:10: Und ich glaube, da müsste man diesem Anteil oder die müsste man der Kultur, der Kunst, müsste man einen ganz anderen Anteil geben.

01:59:17: Und das führt dann hin eben zu fragen, welches T-Shirt ziehe ich morgens an?

01:59:22: Aus welchen Glas trinke ich?

01:59:24: Wie bewege ich mich frucht?

01:59:26: Diese ganze Frage der Nachhaltigkeit.

01:59:29: Die hat für mich als Kulturschaffender in jedem Fall auch die ökologische Komponente.

01:59:34: Natürlich hat sie die, weil die Natur ist unsere Grundlage, sich nachhaltig zu verhalten, was die Ressourcen Verwendung anbetrifft, ist eine Selbstverständlichkeit.

01:59:43: Da sind wir malenweit von entfernt.

01:59:45: Aber wir sind noch viel weiter davon entfernt, mal nach einer ethischen Nachhaltigkeit zu fragen.

01:59:50: Und das ist für mich zum Beispiel ein Begriff, den ich umso stärker einbringe, um auch nochmal eine Ergänzung zu schaffen.

01:59:56: über das ökologische hinaus, was wir ja schon nicht erfüllen.

01:59:59: Aber ich glaube, das ethische erfüllen wir noch viel weniger.

02:00:02: Und das heißt, da sind wir wieder bei dem Intensitätsbegriff.

02:00:05: Das heißt, dass ich Erlebnissituationen schaffen möchte, die nachhaltig werden.

02:00:11: Das ist natürlich etwas, was man sich als Kunstvermittler wahrscheinlich wünscht, solange es das gibt.

02:00:16: Also ich glaube, da lohnt sich sehr stark nochmal bei Alfred Lichtwerk nachzulesen.

02:00:20: Das ist ja einer der ersten Museumsmenschen, die am Anfang des letzten Jahrhunderts, am Ende des neunzehn Jahrhunderts, am Anfang des letzten Jahrhunderts im Grunde genommen sich sehr stark damit beschäftigt haben, wie begegnen wir mit jungen Menschen der Kunst und wie begegnen die Kunst den jungen Menschen.

02:00:35: Und ich glaube dieser Wunsch, dass das nachhaltig wird, den haben schon viele gehabt.

02:00:40: und trotzdem glaube ich, dass die Frage in jeder Generation neue Antworten finden sollte und dass wir uns eben nicht nur mit dieser öpologischen Frage beschäftigen sollten, sondern eben vor allen Dingen auch mit Formaten, wo das Erlebnis von Kultur, von Kunst nachhaltig werden kann, damit man versteht, dass es genauso wichtig ist wie ein Glas Wasser oder eben ein Stück Rot.

02:01:01: Wow, ich finde, das ist ein perfektes Schlusswort für diese wundervolle Folge.

02:01:09: Was ich noch sagen wollte ist, Stefan, du hast ja tatsächlich heute so ein paar Autoren, Künstler, Bücher genannt und in die Runde geschmissen.

02:01:18: Liebe Hörer, die könnt ihr natürlich alle in den Show Notes sozusagen nachlesen.

02:01:22: Und wir empfehlen, das werde ich tatsächlich auch tun, Teile dieser Literaturliste sich einfach mal anzugucken und da reinzulesen.

02:01:31: Lieber Stefan, vielen Dank, dass du bei uns warst.

02:01:34: Vielen Dank für die Einladung, sag ich nochmal.

02:01:36: Vielen Dank für das schöne Gespräch.

02:01:37: Wie gesagt, auch das war keine Einwandstraße.

02:01:39: Das freut uns.

02:01:41: Und wir sagen bis zur nächsten Folge.

02:01:43: Wir danken euch.

02:01:50: Best Case Szenario ist ein Podcast von Tomorrowness und wird produziert von uns Daniel Scheuch und Paul Bachmann bei TBA, The Beauty is Side.

02:01:58: Detaktionelle Mitarbeit, Leonie Müller, Sounddesign und Titelmusik kommen von Robert Keilbar.

02:02:03: Best Case Szenario erscheint einmal im Monat auf den gängigen Plattformen.

02:02:07: Wir bedanken uns fürs Turen und freuen uns darauf, wenn ihr uns abonniert und teilt und eine gute Bewertung hinterlasst.

02:02:12: Bis zum nächsten Mal.