#3: Freiheit gestalten: Öffentlicher Raum als Anti-Bubble

Shownotes

In dieser Folge tauchen wir mit Landschaftsarchitekt Sebastian Sowa und Architekt Jochen Jürgensen tief in die Frage ein, was öffentlicher Raum heute bedeutet – und wie er zu einem Ort für gelebte Demokratie, Freiheit und Begegnung wird. Wir sprechen darüber, warum öffentliche Räume mehr sind als Plätze und Straßen, wie Konflikte und Vielfalt unser Zusammenleben prägen und warum gerade Parks und scheinbar "übrig gebliebene" Flächen zu Experimentierfeldern für Teilhabe werden können.

Gemeinsam wagen wir den Blick in die Zukunft: Wie können Städte aussehen, wenn wir "professionell träumen" und Verantwortung übernehmen? Welche Rolle spielen Gestaltung, Empathie und das Recht auf Mitbestimmung? Wir nehmen euch mit in inspirierende Prozesse, diskutieren die Kraft von Netzwerken und fragen uns, was es braucht, damit aus öffentlichem Raum ein echtes Zuhause für alle wird. Wer wissen will, wie Freiheit, Vielfalt und Nachhaltigkeit im urbanen Alltag zusammenfinden, ist hier genau richtig.

Sowatorini Landschaftsarchitektur

https://www.sowatorini.de/

Hochschule Geisenheim University

https://www.hs-geisenheim.de/

Architects for Tempelhof

https://architects4thf.com/

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00:00:16: Hallo, wir sind Daniel und Paul und dieses Best-Case-Szenario,

00:00:20: unser Podcast über Zukünftigkeit und wie sie gelingen kann.

00:00:24: Zu Gast bei uns sind heute der

00:00:26: Landschaftsarchitekt Sebastian Sowa und der Architekt Jochen Jürgensen.

00:00:31: Sebastian Sowa ist Mitgründer des Landschaftsplanungsbüros Sowatorini und Professor

00:00:36: für Entwurf und experimentelle Räume an der Hochschule Geisenheim.

00:00:39: Er arbeitet an der Schnittstelle von Kunst, Urbanismus und einer spielerisch-experimentellen

00:00:44: Landschaftsarchitektur, in der jeder Ort individuell und kontextspezifisch gedacht wird.

00:00:49: Jochen Jürgensen ist Architekt mit Fokus auf nachhaltige, gemeinwohlorientierte Stadtentwicklung.

00:00:54: Er arbeitet zwischen Architektur und Kommunikation, war in Ausstellungen und

00:00:58: Publikationen beteiligt und beschäftigt sich auch fotografisch mit Architektur.

00:01:02: Als Mitbegründer von Architects 4 Tempelhof engagiert er sich gegen eine Bebauung

00:01:06: des Tempelhofer Felds in Berlin.

00:01:08: Herzlich willkommen.

00:01:10: Hallo.

00:01:11: Hallo, vielen Dank für die Einladung.

00:01:13: Sehr gerne. Ja, was ist öffentlicher Raum?

00:01:18: Vielleicht um mal bevor wir ins Detail gehen voranzustellen,

00:01:24: der öffentliche Raum ist der Raum, der uns allen gehört,

00:01:29: also der uns alle angeht, den wir alle gemeinsam benutzen und auf den wir in

00:01:36: einer Demokratie auch ein Recht haben, ihn mitzugestalten.

00:01:41: Ja, da kann ich mich ziemlich anschließen. Ich würde vielleicht noch ergänzen,

00:01:46: wo man auch dem anderen immer wieder unausweichlich begegnet und nicht immer

00:01:51: nur dem Gleichen. Das finde ich...

00:01:54: Wäre zu kultivieren, würde ich mal sagen.

00:01:57: Ist das denn so, dass der öffentliche Raum tatsächlich allen gehört?

00:02:01: Also wem gehört denn der öffentliche Raum eigentlich?

00:02:04: Er gehört formal gesehen der Öffentlichkeit, der Stadtgesellschaft.

00:02:10: Aber wie du schon ansprichst, ist er natürlich immer ein umkämpfter Raum,

00:02:15: in dem ganz unterschiedliche Interessen zusammenkommen.

00:02:19: Und diese Konflikte auch in dem öffentlichen Raum ausgetragen werden.

00:02:23: Und das ist, würde ich sagen, ein ganz wesentlicher Teil der Planung auch in

00:02:29: der Architektur und auch in der Freiraumgestaltung, diese verschiedenen Interessen

00:02:33: oder Zielkonflikte, die da auftauchen,

00:02:38: zusammenzubringen.

00:02:41: Und vielleicht auch die Verhandlungsoptionen offen zu lassen.

00:02:47: Also wir erleben ja im Freiraum oder in der Landschaftsarchitektur,

00:02:51: da kann ich jetzt etwas kenntnisreicher darüber berichten, schon auch relativ

00:02:55: häufig den Fall, dass die Dinge sehr klar zugeordnet werden sollen,

00:02:58: auch von Auftraggeberseite.

00:03:01: Und das erschwert natürlich Aneignung und Teilhabe.

00:03:05: Und ich glaube, da müssen wir aufpassen, dass wir da nicht die Schraube überdrehen an dem Punkt.

00:03:11: Also du meinst, dass es nicht zu spezifisch wird?

00:03:14: Ja, dass es nicht zu spezifisch wird. Das ist auf jeden Fall mal,

00:03:17: also man kann ja auch, also öffentlicher Raum ist ja immer eine Abfolge und

00:03:20: ein riesiges Netz an Räumen. Das ist ja immer nicht nur der eine Raum.

00:03:24: Also ich finde schon okay, wenn mal ein Thema in einem öffentlichen Raum sich

00:03:29: jetzt irgendwie verräumlicht und dann da ist.

00:03:31: Das finde ich schon okay. Aber insgesamt, glaube ich, brauchen wir einen öffentlichen

00:03:33: Raum, der ein Netzwerk von Räumen bietet, die möglichst vielen Menschen die

00:03:38: Möglichkeit eröffnet, dort zu sein, dort Dinge zu versuchen,

00:03:41: dort in Kontakt zu treten mit anderen Menschen und öffentlichen Raum auszuhandeln

00:03:45: mit dem, was dann am Ende passieren soll.

00:03:48: Das finde ich einen interessanten Punkt, du hast gerade gesagt,

00:03:53: das Netzwerk von Räumen.

00:03:54: Also der öffentliche Raum ist eigentlich ein Netzwerk von Räumen,

00:03:57: weil ich auch sofort in dem Moment, wo man sagt, öffentlicher Raum,

00:04:02: denkt man erstmal an einen Platz oder so.

00:04:04: Wir sind jetzt hier ganz in der Nähe vom Kölner Ebertplatz und sind da auf dem

00:04:08: Weg hierher drüber gelaufen und man denkt schnell oder mir geht es so,

00:04:12: dass ich schnell an solche Plätze als öffentlicher Raum denke,

00:04:16: aber vielleicht können wir ganz kurz nochmal irgendwie versuchen zu greifen,

00:04:19: was eigentlich sozusagen oder welche Dimensionen der öffentliche Raum eigentlich

00:04:24: hat oder welche unterschiedlichen Räume,

00:04:26: aus welchen unterschiedlichen Räumen sich dieses Netzwerk, was du gerade gesagt hast, zusammensetzt.

00:04:31: Ja, mach doch mal einen Aufschlag.

00:04:32: Ja, also architektonisch gesehen ist der öffentliche Raum natürlich immer mit

00:04:39: dem Privaten komplementär zu sehen.

00:04:41: Die bebaute Umwelt und der Negativraum sozusagen, der öffentliche Raum ergänzen

00:04:47: einander und beeinflussen einander immer und informieren einander.

00:04:53: Es ist sozusagen der Raum, der übrig bleibt, der die Stadt verbindet.

00:05:02: Der Bewegungsraum und sollte aber eben nicht, wie du gerade gesagt hast,

00:05:07: darauf beschränkt sein.

00:05:08: Ich glaube, das ist ein wesentliches Problem, dass viele öffentliche Räume darauf reduziert sind,

00:05:16: von A nach B zu kommen und eben diese Multifunktionalität oder Offenheit für

00:05:23: Benutzung verloren geht,

00:05:25: indem sie zum Beispiel nur dem Autoverkehr zur Verfügung stehen.

00:05:30: Also ich würde mal quasi typologisch ergänzen, also es ist im Wesentlichen doch

00:05:35: der Raum zwischen den Gebäuden, kann man vielleicht vereinfacht sagen.

00:05:40: Natürlich gibt es auch immer hybride Formen, wo dann öffentlicher Raum auch

00:05:43: in die Gebäude reingeht, selbstverständlich.

00:05:45: Aber ganz im Wesentlichen können das eben Straßen sein, Hinterhöfe,

00:05:49: Nischen, es können Infrastrukturräume sein, es können wirklich ganz bunter Strauß

00:05:54: von unterschiedlichen Räumen können öffentlicher Raum sein.

00:05:56: Das ist nicht immer nur der klassische Platzraum, auch wenn der natürlich nach

00:05:59: wie vor wichtig ist, aber es ist eben ein ganz schönes Netz und ganz unterschiedlich

00:06:04: mit unterschiedlichen Besonderheiten und Qualitäten.

00:06:07: Genau, er kann gestaltet sein durch die umgebende Architektur,

00:06:13: er kann durch die Landschaftsarchitektur gestaltet sein.

00:06:15: Es gibt aber auch im Blick aufs Tempelhofer Feld Räume,

00:06:20: die vielleicht mal eine ganz andere Nutzung haben, die übrig geblieben sind

00:06:24: und dann ganz neu genutzt werden können und von der Stadtgesellschaft angeeignet werden.

00:06:32: Und das sind natürlich auch sehr spannende Räume.

00:06:35: Ich glaube, da können wir noch viel drüber reden. Wie viel Gestaltung braucht es eigentlich?

00:06:42: Wer gestaltet das und was ist die Rolle der Menschen, die diesen Raum benutzen?

00:06:48: Jochen, du hast gerade gesagt, der Raum, der übrig bleibt. Das finde ich einen

00:06:54: schönen Begriff. Von was bleibt der denn übrig?

00:06:58: Also erstmal habe ich es so gemeint, einfach figürlich im Stadtgefüge oder aus

00:07:04: meiner architektonischen Sicht stehen natürlich erstmal das Bauen von Gebäuden im Vordergrund.

00:07:11: Und so würde man vielleicht auch denken, wenn man auf Architektur schaut.

00:07:14: Aber wenn man ein Gebäude baut, baut man eben auch immer den Zwischenraum mit.

00:07:21: Oder beeinflusst ihn durch die Fassaden, aber auch durch die Nutzung,

00:07:25: durch Erdgeschossnutzung, die, glaube ich, ein ganz wesentlicher Faktor sind,

00:07:30: um den öffentlichen Raum zu beleben.

00:07:33: Und in einem anderen Sinne, ich weiß nicht, ob du das gerade meintest,

00:07:37: gibt es natürlich auch Räume, die im Laufe der Zeit ihre Nutzung verlieren,

00:07:44: wie zum Beispiel das Tempelhofer Feld,

00:07:46: der ja fast 100 Jahre lang eigentlich nicht zugänglich war,

00:07:51: mitten in der Stadt gelegen, eine 300 Hektar große Fläche,

00:07:55: die dann mit Aufgabe des Flughafens auf einmal in einen riesigen Park,

00:08:01: in ein Experimentierfeld sich verwandelt hat und eben wenig Planung bisher hatte,

00:08:08: aber im positiven Sinne und dadurch auch ganz neue Nutzungen entstanden sind.

00:08:13: Also so ein bisschen wie die Pflanzen sich da ihre Nischen gesucht haben,

00:08:18: haben dann auch nach und nach die Bevölkerung Berlins da Wege gefunden,

00:08:23: das auf ganz kreative Weise zu nutzen.

00:08:26: Weil das finde ich, also mir ist dieser Begriff auch direkt aufgefallen.

00:08:29: Ich habe mir den auch gerade aufgeschrieben.

00:08:31: Ich habe schon fast gedacht.

00:08:36: Dieses Übrigbleiben hat ja so ein unbedachtes Gefühl auch.

00:08:42: Also da macht man hier was, da plant man das Gebäude oder da hört was auf,

00:08:47: die Nutzung, das ist jetzt kein Flughafen mehr oder so.

00:08:49: Und dann bleibt da sowas übrig und man weiß gar nicht so recht,

00:08:52: was man damit machen will.

00:08:54: Basti, ist das auch dein Gefühl, dass öffentlicher Raum eher ein Überbleibsel

00:09:00: ist oder ist das auch eine Gestaltungsmasse?

00:09:02: Vielleicht können wir uns dem ja nochmal so ein bisschen nähern,

00:09:05: indem wir uns vielleicht nochmal kurz fragen, was ist eigentlich die Funktion,

00:09:08: die öffentlicher Raum so erfüllt?

00:09:10: Ihr hattet gerade schon mal so ein bisschen gesagt, da werden Sachen ausgehandelt,

00:09:14: die Begegnung, das Aufeinandertreffen scheint ein wichtiger Faktor zu sein. Wie sieht das aus?

00:09:20: Das ist eine ganze Reihe von Fragen. Also ich würde mal sagen,

00:09:23: natürlich ist öffentlicher Raum auch gestalteter Raum.

00:09:26: Also da gibt es eine doch ziemlich lange Tradition, die weit in die,

00:09:29: also eigentlich in die Verstädterung am Ende hinein reicht.

00:09:32: Also das kann ich jetzt auch nicht ganz historisch klar umreißen,

00:09:35: wo das eigentlich startet, aber das ist es sicherlich. Aber auf der anderen

00:09:38: Seite gibt es eben auch die Räume.

00:09:39: Wir hatten gerade das Beispiel aus Berlin und davon gibt es ja in jeder Stadt

00:09:42: zig Räume, die übrig bleiben. und ich wollte gerade noch mal ganz kurz auf diesen

00:09:47: übrig bleiben Begriff eingehen.

00:09:51: Also zumindest ist da irgendwie so eine Tonart schon der Bewertung mit drin,

00:09:56: die das irgendwie herabwürdigt.

00:09:58: Also man könnte doch ganz was anderes daraus machen.

00:10:01: Und das ist natürlich häufig eine ökonomische Logik, eine Immobilienlogik,

00:10:05: eine Stadtentwicklungslogik, die dahinter steht.

00:10:08: Und hier wird also Landschaft am Ende, so würde ich das natürlich bezeichnen,

00:10:12: oder Raum, am Ende zur Ware und die hat einen bestimmten Wert,

00:10:16: einen bestimmten Preis, die,

00:10:18: Und das ist eigentlich diese Perspektive, die wir darauf werfen.

00:10:21: Und wir müssen natürlich unbedingt bei öffentlichem Raum ganz viele andere Perspektiven

00:10:25: auch noch in die Bewertung oder in die Beurteilung oder in das,

00:10:28: was wir daran schön finden, von dem wir uns begeistern lassen, mit einbeziehen,

00:10:32: die nichts mit einer ökonomischen Verwertung am Ende zu tun haben,

00:10:35: sondern eben über Teilhabe, über Gleichberechtigung, über Freude,

00:10:39: über Sport, über Bewegung und alles mögliche andere, das unbedingt mit berücksichtigen.

00:10:45: Das wollte ich jetzt erstmal nochmal zu dem übrig bleiben sagen.

00:10:48: Aber da sind wir ja total auch schon dran an der Frage, welche Funktion das hat.

00:10:52: Also neben so einer Verwertungsfunktion oder die eine in Anführungszeichen spezifische

00:11:00: Nutzung für irgendwas, was man dann auch irgendwie messen kann oder so.

00:11:05: Teilhabe, Freude, Bewegung, was gibt es noch?

00:11:09: Also mir fällt direkt noch ein irgendwie Natur als Erlebnis wenn wir jetzt ans

00:11:14: Tempelhofer Feld denken und ja nicht nur das sondern auch irgendwie,

00:11:20: Stadtklima wird dadurch ganz massiv beeinflusst, was ja auch wiederum eine Form

00:11:24: von, es kommt allen zugute, wir haben Klimawandel, es geht darum Wind weht durch

00:11:31: eine Stadt Raum kühlt sich ab,

00:11:35: was gibt es noch.

00:11:37: Also im Falle des Tempelhofer Felds ist das natürlich ein ganz wesentlicher

00:11:42: Faktor und Sebastian, was du gerade gesagt hast, das war auch unsere Beobachtung

00:11:49: im Einsatz für das Tempelhofer Feld,

00:11:53: also dass wir einfach feststellen mussten, also mit Erschrecken,

00:11:57: dass einfach dieser wunderbare Raum einfach als Ressource umzubauen gesehen

00:12:02: wird, also aus politischer Richtung.

00:12:04: Und natürlich, wir sind in der Klimakrise, wir müssen unsere Städte klimaresilient

00:12:09: machen, wir müssen Naturflächen erhalten und das Tempo Verfeld ist auch ein ganz toller Ort,

00:12:17: um mitten in der Stadt einfach Natur erleben zu können.

00:12:20: Das ist nicht nur die Flora und Fauna, sondern auch einfach diese Weite,

00:12:26: die man da erleben kann, was, glaube ich, ziemlich einzigartig ist,

00:12:29: auch international. Ich weiß nicht, ob dir noch andere vergleichbare Räume da einfallen.

00:12:34: Oft sind Parks ja bewaldet und das Tempelhofer Feld ist eben eigentlich so eine

00:12:39: offene Landschaft, die man sonst in der Stadt eigentlich nicht hat.

00:12:44: Und für viele ist das einfach mit so einem Gefühl der Freiheit verbunden.

00:12:48: Wenn man die Straße aufs Tempelhofer Feld zugeht, öffnet sich schon der Horizont,

00:12:54: so wie man es sonst vielleicht am Meer erleben kann.

00:12:58: Und das hat natürlich auch einen ganz wichtigen psychologischen Faktor und Erholungsfaktor.

00:13:04: Ja, das ist natürlich ein tief

00:13:06: gestalterisches Thema, in dem Fall aber von niemandem so beabsichtigt.

00:13:11: Also dieses Aufeinanderprallen der Maßstäbe, das wird da wirklich extrem deutlich

00:13:15: von der Dichte in die Offenheit.

00:13:18: Ich wollte eigentlich später noch darauf zurückkommen, aber jetzt kann ich anekdotisch

00:13:23: gleich nochmal einwerfen.

00:13:25: Wir hatten irgendwann mal eine Exkursion dahin, das ist schon einige Jahre her,

00:13:28: mit der TU München, wo ich da zu der Zeit studiert habe.

00:13:32: Und dann bin ich auf dieses Feld zum ersten Mal bin ich da drauf gegangen und

00:13:37: das erste, was ich dachte, war, ich habe es auch zu meiner Professorin gesagt,

00:13:40: ich zweifle gerade massiv an meinem Beruf.

00:13:43: Das war das erste Gefühl, das ist ja, was machen wir eigentlich?

00:13:46: Wie wunderbar kann das sein, wenn wir einfach mal gar nichts machen?

00:13:48: Und es war tief, es war einschneidend, das kann ich wirklich sagen.

00:13:53: Genau, also habe ich jetzt einfach mal gedroppt.

00:13:55: Das finde ich total super, weil das ist ja,

00:13:59: genau das Spannungsfeld, an dem Jetzt auch so ein Phänomen wie das Tempelhofer Feld,

00:14:03: was ungestaltet einfach geschieht erstmal und du hast gerade gesagt,

00:14:10: dass es eine gestalterische Frage ist oder ein gestalterisches Thema und du

00:14:14: ja auch Landschaft gestaltest als Landschaftsarchitekt.

00:14:20: Vielleicht können wir da jetzt oder später nochmal drüber sprechen aber das

00:14:24: interessiert mich unglaublich, dieses Spannungsfeld zwischen,

00:14:27: diese ganzen Aspekte, die wir gerade besprochen haben auch,

00:14:30: ja doch dort große Begriffe, Freiheit und so wie kommt sowas eigentlich zustande

00:14:35: hängt das davon ab, dass man es so lässt dass man es eben nicht gestaltet dass

00:14:39: man einen Raum zur Verfügung stellt der dann bespielt wird, kann man Räume so gestalten, dass die,

00:14:45: diese Freiheit, also kann man Freiheit gestalten,

00:14:50: oder was braucht es eigentlich an so einem Raum, damit sowas gelingt?

00:14:54: Dieses Miteinander, diese vielfältigen Dimensionen.

00:14:58: Das ist eine harte Frage.

00:15:02: Also ich hoffe doch, dass das gelingen kann, dass wir Freiheit,

00:15:06: also eine Offenheit zumindest gestalten können.

00:15:09: Das geht mit Sicherheit, also da bin ich mir doch relativ sicher.

00:15:12: Es gibt eben, glaube ich, Beispiele in beide Richtungen, wo man sieht,

00:15:15: das passiert eben genau nicht.

00:15:16: Also sehr monofunktional, sehr vorgedacht, sehr, Jörn Düvel,

00:15:22: Architekturtheoretiker aus Hamburg, sagt immer, Platzeinweiser,

00:15:25: die einem immer sagen, hier musst du dies tun, dort musst du jenes lassen und

00:15:29: Verbote, Regelungen und dergleichen mehr.

00:15:31: Und andere Orte, die doch einen Geist der Offenheit und der Aneignung einfach

00:15:36: haben, das gibt es schon und das kann man auch gestalten, das würde ich schon sagen.

00:15:39: Also eben muss man über seine eigene Rolle natürlich nachdenken,

00:15:42: aber das geht ja, doch von dem gehe ich aus.

00:15:47: Ich finde das ganz interessant, was du gesagt hast mit den Regeln, die Orte haben.

00:15:53: Ich glaube, das macht man sich oft gar nicht so klar im Benutzen von öffentlichen

00:15:57: Räumen, dass in jedem Raum eigentlich solche Regeln eingeschrieben sind,

00:16:03: ohne dass sie vielleicht ausgesprochen werden.

00:16:05: Aber durch die Gestaltung, durch die Ästhetik, ihre Dimensionen,

00:16:11: man verhält sich zu den Räumen.

00:16:22: Könnte man sagen, weil der Interpretationsspielraum eigentlich auch relativ klein ist.

00:16:27: Also die Spielräume, diesen Raum, welcher es auch immer jetzt ist zu lesen,

00:16:31: sind relativ überschaubar.

00:16:33: Häufig, sage ich jetzt mal. Also dahinter stehen dann die Regelwerke, ne?

00:16:37: Genau, aber eben auch im positiven Sinne.

00:16:42: Und ja, es gibt eben Räume, die regen dazu an, sich zu begegnen,

00:16:47: sich aufzuhalten und andere sind eben einfach bloße Durchgangsräume.

00:16:51: Es kann manchmal eine ganz kleine Sache sein, eine Bank, die irgendwo steht

00:16:55: oder eine Aufweitung als Platz.

00:17:00: Gibt es denn da eine Veränderung, wie sozusagen aus eurer Perspektive,

00:17:04: wie mit öffentlichem Raum umgegangen wird, also über die Zeit,

00:17:07: also wenn man jetzt mal sozusagen die letzten 30 oder 40 Jahre irgendwie betrachtet?

00:17:12: Also ich würde mal versuchen, einen Einstieg zu wagen. Also die historische

00:17:17: Dimension kann ich nicht ganz so gut abbilden.

00:17:19: Also die Zeiten, in der ich mich jetzt mit zeitgenössischer Landschaftsarchitektur,

00:17:23: vor allem natürlich auch Städtebau und Architektur, auseinandersetze,

00:17:27: sind eher so die letzten 10, 15 Jahre, 20 Jahre.

00:17:31: Und ich stelle schon ein paar Dinge fest, die ich nicht wirklich gut finde und

00:17:36: das ist schon ein Hang zu sehr viel Kontrolle und Ordnung in innerstädtischen Räumen.

00:17:41: Also genau das, was wir gerade hatten, eine sehr klare Definition,

00:17:44: was ist zu tun, was ist zu lassen,

00:17:46: spielt eine große Rolle und ich finde auch, also eben unsere eigene Profession

00:17:52: angesprochen, dass die schöpferische Bandbreite, die doch öffentlicher Raum

00:17:56: und der jeweilige Ort eigentlich unbedingt hergeben.

00:18:00: Also wir als Entwerferinnen und Entwerfer lesen ja Raum.

00:18:03: Wir können ihn ganz unterschiedlich auffassen, interpretieren in seinem Bestand

00:18:07: und dann ist doch unsere Aufgabe, eine mögliche Zukunft zu entwickeln.

00:18:10: Und ich stelle eine wahnsinnige Gleichförmigkeit der Vorschläge fest.

00:18:15: Das finde ich wirklich verrückt.

00:18:16: Also wenn man ein Wettbewerbsergebnis für einen innerstädtischen Platz anguckt

00:18:20: Oder auch Straßenzug oder Fußgängerzone oder was auch immer.

00:18:23: Dann hat man schon den Eindruck, naja, also irgendwie 18 von 20 Entwürfen tradieren

00:18:28: eigentlich irgendwie dieselbe Geschichte.

00:18:30: Und es ist wahnsinnig ähnlich. Und es sind immer dieselben Konzepte,

00:18:33: die zum Vorschein kommen. Und das finde ich eigentlich schade.

00:18:36: Weil ich doch glaube, dass da viel,

00:18:39: viel mehr drinsteckt. Das kann ich mir eigentlich gar nicht vorstellen.

00:18:41: Dass das so gleichförmig in der Lesart dann irgendwie sein kann.

00:18:46: Mehr Mut und mehr Freude daran, was auszuprobieren. Das wäre schon schön.

00:18:52: Jetzt bin ich gleich so berufspolitisch geworden. Sorry.

00:18:58: Was ist deine Erklärung dafür, dass das so ist? Also, dass sich da auch was verengt gerade?

00:19:04: Eine Erklärung, die nicht schön ist, wäre,

00:19:09: ich weiß nicht, ob es auch im wirtschaftlichen und ökonomischen Druck liegt,

00:19:13: aber ich glaube schon, dass man sagen kann, dass die Intensität der Auseinandersetzung

00:19:18: mit den einzelnen Räumen in vielen Fällen nicht dazu ausreicht,

00:19:23: um diese besonderen Geschichten zu entdecken.

00:19:26: Diese besonderen Zusammensetzungen, die jeder Ort hat, da glaube ich wirklich ganz, ganz fest dran.

00:19:31: Also es ist eigentlich nicht möglich, denselben Entwurf zu replizieren und auf

00:19:35: einen zweiten Raum zu übertragen, weil da immer andere Geschichten,

00:19:38: andere Milieus, andere Träume, andere Ängste, was auch immer, das ist nie gleich.

00:19:43: Das kann ich mir einfach nicht vorstellen und dafür braucht man Zeit.

00:19:46: Im Vorfeld schon in der Planung.

00:19:48: Genau, und das ist auf jeden Fall ein Punkt. Also sich Zeit zu nehmen,

00:19:51: nicht gleich alles zu verstehen, nicht gleich direkt wieder zu wissen,

00:19:57: was man tun muss und was ist denn hier jetzt angemessen.

00:19:59: Und da hat man schon teilweise das Gefühl, dass da gut funktionierende Konzepte,

00:20:03: die am Ort A funktioniert haben, eigentlich in so einer Art Variante wieder

00:20:08: rausgeholt werden und gleich wieder reingespielt werden.

00:20:12: Das ist jetzt überhaupt nicht das, wofür wir stehen und das ist auch das,

00:20:16: wofür ich an der Hochschule und überhaupt immer kämpfe, dass wir respektvoll

00:20:19: mit den Orten umgehen, die wir vor der Brust haben und uns Zeit nehmen.

00:20:24: Also Zeit ist sicherlich ein Punkt. Vermute ich.

00:20:27: Ja, du hast gerade nach der historischen Dimension gefragt. Vielleicht kann

00:20:31: man nochmal festhalten, dass natürlich das in den 70er Jahren eigentlich so,

00:20:39: oder auch schon früher entwickelte Paradigma der autogerechten Stadt uns natürlich

00:20:44: immer noch beschäftigt.

00:20:46: Und seitdem der Verkehr nochmal viel mehr zugenommen hat.

00:20:51: Und wir haben uns da so sehr dran gewöhnt, dass der Autoverkehr und auch vor

00:20:56: allem die parkenden Autos oft den öffentlichen Raum dominieren,

00:21:00: dass wir uns oftmals gar nicht anders vorstellen können und ich glaube darunter

00:21:04: leidet der öffentliche Raum immer noch.

00:21:07: Gleichzeitig haben wir ja wirklich auch eine Krise der Innenstädte.

00:21:12: Viele Innenstädte sind am Verweisen durch vielleicht Onlinehandel,

00:21:19: oder sonstigen Strukturwandel und da sind ganz neue Konzepte auch, was Architektur,

00:21:27: anbelangt, was Nutzung dieser alten Kaufhausgebäude, die oft leer stehen, anbelangt.

00:21:34: Und ich glaube, das erfordert wirklich ganz radikal neue Ideen,

00:21:38: auch die Innenstädte neu zu beleben, ohne die kommerziellen Zentren, die sie waren.

00:21:47: Wobei ich da den Eindruck habe, also dass jetzt vor allem die Landschaftsarchitektur

00:21:50: schon an dem Thema schon relativ lange dran ist, einfach überhaupt keine Wucht

00:21:55: entwickelt hat, das irgendwie tatsächlich in die Prozesse reinzukriegen.

00:21:58: Also Landschaftsarchitektinnen sind ja Träumerinnen vom Grund her.

00:22:05: Und ich glaube, unser aller Traum ist nicht, dass wir öffentlichen Raum mit

00:22:08: Parkplätzen besetzen, sondern wir haben eigentlich immer andere Träume gehabt,

00:22:11: aber auf die hat halt überhaupt niemand gehört. Und ich finde schon,

00:22:14: dass man sagen kann, da ist schon einiges an Bewegung drin.

00:22:17: Also Land auf, Land ab. Also die finde ich schon, dass die Auslohungen das immer

00:22:21: stärker berücksichtigen, dass wir von dem Paradigmen langsam mal wegkommen.

00:22:26: Da gerät schon was in Bewegung, vielleicht noch nicht intensiv genug,

00:22:28: aber da habe ich schon den Eindruck, da ist was in eine gute Richtung eigentlich unterwegs.

00:22:34: Und ich würde noch kurz auf das Innenstadt-Thema eingehen, das ist auch eins,

00:22:36: was mich und uns im Team extrem umtreibt.

00:22:41: Und das ist schon auch sehr interessant, dass ja eigentlich Freiraum Innenstadt.

00:22:46: Eigentlich so eine Andiedung für Handel, das war eigentlich die Rolle, die der Freiraum hatte.

00:22:52: Und jetzt haben wir die Situation, naja, das funktioniert eben nicht mehr so

00:22:54: ganz und müssen uns überlegen, was ist denn das jetzt eigentlich und was kann das eigentlich sein?

00:22:57: Und da sind wir im Moment immer noch relativ zaghaft, ist mein Eindruck.

00:23:01: Also was kann das denn anderes sein? Was können da für andere Orte entstehen?

00:23:05: Warum kann nicht der Hauptplatz in einer kleineren Großstadt ein Sportfeld sein?

00:23:11: Warum kann das nicht ein Garten sein? Warum kann das kein Wald sein?

00:23:15: All das wäre ja denkbar und man kann doch darüber träumen und darüber entwerfen

00:23:18: und darüber dann ins Gespräch kommen, weil da ist es immer noch relativ eng, habe ich den Eindruck.

00:23:23: Und im Gegenteil, also eher die

00:23:26: Feststellung, dass die Antwort auf die Nachhandelsstadt eigentlich ist,

00:23:30: wir machen jetzt die Eventstadt, um die Stadt zu beleben und jeder Platzraum

00:23:34: muss irgendwie freigehalten werden,

00:23:35: damit man irgendwie ein Weinfest und keine Ahnung Feuerwehrfest und Familientag

00:23:40: und was auch immer und das ist wahnsinnig aufwendig und frisst unglaublich viele

00:23:44: Ressourcen und Energie und ist im Übrigen,

00:23:47: leider Gottes in den meisten Teilen

00:23:48: auch noch Konsum und dann am Ende konsumpflichtig und mit Geld verbunden.

00:23:52: Also Teilhabe im öffentlichen Raum über Geld, das kann eigentlich nicht die

00:23:56: Vision für die Zukunft sein.

00:23:58: Also da glaube ich, bei dem Ding haben wir noch ganz schön viel zu tun.

00:24:03: Jetzt wäre das sehr grundsätzlich geworden.

00:24:04: Ja, aber es ist eben auch immer so, dass einfach im öffentlichen Raum ganz,

00:24:11: ganz unterschiedliche Interessen zusammenkommen.

00:24:13: Also auch institutionell, wenn man im Planungsprozess ist, hat man mit ganz

00:24:18: unterschiedlichen Verwaltungen zu tun. Da geht es um Ökologie, um Verkehr, um Kultur.

00:24:24: Alles kommt da zusammen und es wird irgendwie eine Kompromisslösung oftmals

00:24:31: gesucht, die dann gestalterisch auch schwierig sein kann.

00:24:37: Ja, wie siehst du das, Sebastian? Also ist es das Ziel, immer es allen Belangen

00:24:44: recht zu machen oder gibt es vielleicht einfach Orte, wo das eine den Schwerpunkt

00:24:48: hat und andere, wo ein anderer Schwerpunkt gesetzt wird.

00:24:53: Ich musste schon grinsen, während du die Frage gestellt hast.

00:24:56: Das greift tief in das Wesen jetzt und der Diskussion, die wir im Büro mit Gianluca

00:25:01: und mit den anderen führen.

00:25:03: Gianluca Torini, also mein Büropartner, der andere Teil,

00:25:07: Ich habe mal gesagt, wir wollen nicht gefällig sein. Das ist ein Satz,

00:25:10: der, ich weiß nicht, was er denn gesagt hat, das ist schon zehn Jahre her,

00:25:12: aber der kommt immer wieder so hoch. Also das kann nicht das Ziel sein.

00:25:16: Also ich meine, die Frage war wahrscheinlich auch rhetorischer Art, vermute ich mal.

00:25:20: Natürlich nicht, sondern eben Akzente zu setzen, Besonderheiten rauszuarbeiten

00:25:25: und auch dann eher in dem Gesamtgefüge von öffentlichen Räumen.

00:25:28: Es ist ja nicht nur der eine, sondern der hängt immer zusammen mit den anderen.

00:25:31: Und da können wir doch unterschiedliche Themen, Akzente, Schwerpunkte setzen.

00:25:34: Und insgesamt brauchen wir dann ein gutes Netzwerk von diesen Räumen.

00:25:38: Und auf keinen Fall ist allen recht machen. Und da finde ich aber auch,

00:25:40: das ist auch die Rolle der Entwerferinnen und Entwerfer.

00:25:42: Also dann zu sagen, es geht nicht nur darum, jetzt irgendwie mit einer größtmöglichen

00:25:47: Wahrscheinlichkeit einen Wettbewerb zu gewinnen, sondern es geht erstmal darum,

00:25:50: eine eigene Position zur Diskussion zu stellen innerhalb eines Wettbewerbes.

00:25:53: Deshalb machen wir das ja. Wettbewerb der Ideen.

00:25:56: Genau. Also ich sehe das auch so, du sagst zu Recht, Es gibt für manche Themen

00:26:01: eine neue Sensibilität, auch die mitzudenken oder mit einzubeziehen,

00:26:06: aber ein Kompromiss, der es allen recht macht, ist gestalterisch meistens nicht zielführend.

00:26:15: Ich finde das total spannend, dem gerade so zuzuhören, weil das ja wiederum

00:26:20: diese Frage nach Verwertbarkeit berührt.

00:26:25: Also ihr hattet jetzt gerade über die Straßen gesprochen, die so ein wesentlicher

00:26:29: Teil vom öffentlichen Raum sind und die aber eigentlich nur dem Auto zur Verfügung stehen.

00:26:33: Und das ist ja ganz klar einfach ein Interesse der Automobilindustrie gewesen

00:26:38: seit 100 Jahren, die das einfach durchdrücken und sich diesen Raum quasi aneignen.

00:26:44: Und auch die Innenstadt als, du hast gerade gesagt, Nachhandelsstätte zu denken,

00:26:50: aber auch nicht als konsumpflichtige Eventräume.

00:26:56: Diese Frage nach, wie kann man so einen Ort ins Leben bringen,

00:27:00: ist eine individuelle, also ortsspezifische Frage offensichtlich.

00:27:04: Also auch ein Konzept, was da an dem einen Ort funktioniert,

00:27:07: funktioniert an dem anderen nicht.

00:27:09: Und mich interessiert das nochmal sehr, diese Frage zu stellen nach dieser Unvorhersehbarkeit.

00:27:15: Gibt es die? Also ich habe, wenn ich durch die Stadt gehe oder wenn ich Räume

00:27:18: beobachte, die sich auch in der Zeit, in der ich sie erlebt habe,

00:27:22: durchaus verändert haben.

00:27:23: Da war mal das, dann kamen da Leute, Jugendliche,

00:27:28: die hat niemand auf dem Schirm gehabt, scheinbar als der Platz geplant worden

00:27:31: ist, plötzlich fahren die da mit ihren Skateboards lang oder irgendwie sowas,

00:27:34: weil da gibt es plötzlich diese Marmorblöcke, auf denen kann man irgendwie gut Skateboard fahren.

00:27:41: Kann man dieses Ungeplante mitplanen?

00:27:47: Oder wie nähert ihr euch dem eigentlich an, wenn ihr jetzt so einen Raum,

00:27:50: du hast über die Zeit gesprochen, die schön wäre, wenn man sie hätte,

00:27:54: um sich so einem Raum zu nähern und auch das Besondere herauszuarbeiten.

00:27:58: Wie ist da dein Prozess oder wie könnte man sich dem so ein bisschen nähern?

00:28:03: Also zwei Gedanken kommen wir da jetzt in den Sinn. Da können wir gleich auch

00:28:07: wieder zum Tempelhofer Feld quasi rüberschwenken.

00:28:11: Wir haben ja eine wahnsinnig erfolgreiche Freiraumtypologie.

00:28:16: Die nun seit mindestens 200, 300 Jahren Teil unserer Stadtlandschaft ist, die nennt sich Park.

00:28:22: Und in meiner Wahrnehmung, und das könnt ihr euch vorstellen,

00:28:26: ich gehe relativ häufig durch Parks, in allen möglichen Städten,

00:28:29: wo ich bin, das ist natürlich eine der Zielorte, um zu schauen,

00:28:32: was passiert da eigentlich, wie sind die gestaltet, das natürlich auch.

00:28:34: Aber erstmal ist es in meiner Wahrnehmung, hängt natürlich auch vom Wetter ab

00:28:40: und Jahreszeit, aber eine Wucht von Leben,

00:28:43: die einem da entgegenkommt, Die einen überwältigt, die einen wirklich denken lässt, wunderbar.

00:28:51: Das sind die Räume, wo eine ganz, ganz diverse Gesellschaft,

00:28:56: wo piekfeine Menschen irgendwie mit dem kleinen Hund spazieren gehen und daneben

00:29:02: wird gegrillt und dann Sport und ich war jetzt letztens wieder in Kiel,

00:29:05: da gibt es den Schrevenpark, kann ich nur empfehlen, wenn ihr mal in Kiel an der Förde seid.

00:29:09: Und das ist ein Ort, also das hat eine Urbanität, die würde ich vielleicht im Central Park erwarten.

00:29:15: Also das ist extrem cool, super geil und irgendwelche Künstlerinnen hängen in

00:29:20: den Bäumen mit Tüchern, machen irgendwie Akrobatik. Einfach so.

00:29:24: Einfach so. Und man sitzt da und kann sich das anschauen. Ich finde Park ist

00:29:28: erstmal scheinbar so ein Gefäß, so ein Raum, der offenbar relativ viel ermöglicht.

00:29:34: Und das Tempelhofer Feld ist natürlich kein Park im klassischen Sinne,

00:29:37: aber er ermöglicht offenbar auch wahnsinnig viel. Viel Freiraum,

00:29:41: irgendwelche Dinge zu tun.

00:29:42: Keiner geht einmal auf den Senkel und sagt, das darfst du nicht tun.

00:29:46: Da steckt offensichtlich viel drin. Und den anderen Punkt habe ich jetzt vergessen.

00:29:49: Da würde ich erstmal rübergeben, vielleicht fällt er mir gleich wieder ein.

00:29:54: Ja, ich gehe da total mit. Ich finde das auch eine total faszinierende Beobachtung,

00:29:59: was ich vorhin auch schon gesagt habe.

00:30:01: Orte haben implizite Regeln und manche Orte, oft sind es Parks,

00:30:07: das Tempelhofer Feld, insbesondere aus meiner Beobachtung, wo Leute einfach

00:30:12: Dinge tun, die sie sonst nirgendwo machen würden.

00:30:15: Es ist einfach dieser Raum, du gehst da hin und es herrschen andere Regeln.

00:30:20: Du kannst sonst was da machen, kannst Musik spielen, du kannst irgendwie Saxophon

00:30:27: üben, du kannst Sport machen, kannst ein Picknick mit 100 Leuten machen und

00:30:31: trotzdem den anderen Leuten nicht auf den Senkel gehen.

00:30:34: Und gleichzeitig ist das Feld durch diese Offenheit eben so eine große Bühne

00:30:38: und man kriegt mit, was die anderen machen, ohne dass es zu Konflikten kommt

00:30:43: und das finde ich ganz toll.

00:30:46: Oder es kommt zu Konflikten und wir müssen sie austragen. Das ist ja auch ein schöner Moment.

00:30:54: Ich komme mit meiner Big Band hin und sage, ich mache ein Konzert.

00:30:57: Aber ich werde schon erleben, wie die Leute darauf reagieren,

00:31:00: ob das jetzt angemessen ist oder zu viel Raum in Anspruch.

00:31:04: Und das finde ich enorm schön, dass man da in Resonanz, in unmittelbarem Austausch mit anderen kommt.

00:31:09: Darüber, wie wir diesen Raum jetzt irgendwie denken, wie wir ihn füllen.

00:31:13: Und das ist wahnsinnig wichtig.

00:31:16: Das finde ich einen total wichtigen Punkt, den du ansprichst.

00:31:20: Manchmal verfällt man in so eine romantische Beschreibung von Begegnung und

00:31:26: Kommunikation, aber natürlich ist der öffentliche Raum immer auch ein Konfliktraum

00:31:32: und das gehört aber zur Demokratie auch dazu.

00:31:34: Und der öffentliche Raum ist der Raum, wo wir uns als Gesellschaft begegnen,

00:31:40: wo wir Gegensätze oder ganz andere Lebensentwürfe auch antreffen und uns dazu verhalten müssen.

00:31:48: Wir verwandeln uns letztendlich selbst auch, wenn wir in den öffentlichen Raum

00:31:53: treten, werden wir zur öffentlichen Person und spielen bestimmte Rollen und

00:32:00: müssen diese mit anderen verhandeln, wie du es sagst.

00:32:03: Das heißt, der öffentliche Raum ist sozusagen so eine Art Anti-Bubble.

00:32:08: Finde ich einen super Begriff.

00:32:09: Wenn das gut läuft, dann ist er das.

00:32:13: Also da wird sozusagen wirklich Demokratie gelebt.

00:32:20: Frage ich mich nur gerade, wie ist denn öffentlicher Raum in Diktaturen organisiert?

00:32:27: Also ich würde mal die These aufstellen, in einer Diktatur gibt es keinen öffentlichen Raum.

00:32:33: Das ist einfach, der öffentliche Raum ist so eng auch verknüpft mit demokratischen

00:32:40: Freiheits- und Grundrechten,

00:32:43: wenn man denkt an Bewegungsfreiheit, an Meinungsfreiheit, Demonstrationsfreiheit, das sind alles Rechte,

00:32:52: die im öffentlichen Raum verortet sind.

00:32:56: Und sobald das nicht mehr gewährleistet ist, ist der Raum vielleicht öffentlich

00:33:01: zugänglich, aber er ist in dem Sinne kein öffentlicher Raum.

00:33:06: Würde ich voll zustimmen. Es geht um Freiheit und das wird jetzt natürlich sehr

00:33:11: philosophisch, auch wenn ich da wirklich nicht der Beste bin,

00:33:15: um darüber zu berichten, aber Freiheit und Verantwortung, also das spielt dann

00:33:18: schon eine wahnsinnige, eine sehr, sehr große Rolle.

00:33:21: Und solange die zu stark eingeschränkt ist, dann verliert öffentlichen Raum

00:33:25: genau diese Möglichkeit, demokratische Praxis eigentlich zum Leben zu bringen,

00:33:33: die genau darin besteht, eben auszuhandeln.

00:33:35: Also wir sind uns nicht alle einig darüber, wie das funktioniert,

00:33:38: sondern wir kommen jetzt mit unterschiedlichen Hintergründen zusammen und müssen

00:33:42: schauen, dass wir es gemeinschaftlich, kooperativ, im Gespräch,

00:33:45: wie auch immer, irgendwie zu einem Guten bringen.

00:33:48: Und da war der Park, den du gerade so, also der Park als, sage ich jetzt mal,

00:33:52: übergeordneter Begriff ja total,

00:33:55: weil mir geht es auch so, Parks sind einfach, ist genau das,

00:33:58: was du gerade gesagt hast, da findet so viel unterschiedliche statt,

00:34:01: da drüben baut ein DJ sein Ding auf, da drüben wird Capoeira getanzt,

00:34:06: das ist genau das, was du gerade gesagt hast, das macht ja auch guten,

00:34:09: das macht öffentlichen Raum ja auch aus, dass das Demokratische da sozusagen auch verhandelt wird.

00:34:14: Genau und das sind auch nicht nur wir, wir vier, fünf, die wir jetzt hier sitzen,

00:34:19: sondern das sind ganz unterschiedliche Milieus, weil es irgendwie ein Grundbedürfnis

00:34:24: ist, also dass alle Menschen anspricht und angeht, draußen zu sein.

00:34:29: Und gleichzeitig auch dieses Erleben, weil das ist ja auch, wenn ich ans Tempelhofer Feld denke,

00:34:33: was mich immer da so beeindruckt, wie diese unterschiedlichen Milieus und Bedürfnisse

00:34:38: zusammenkommen und eben in der Sichtbarkeit mehr oder weniger friedlich koexistieren

00:34:45: und nur weil es eine Aushandlung gibt, die auch konfliktreich sein kann,

00:34:51: heißt das ja nicht, dass das was Schlechtes ist.

00:34:53: Und man kann sich das ja sogar vorstellen, also wir sind jetzt hier in Köln

00:34:57: und der Brüsseler Platz, ich weiß nicht, ob euch das ein Begriff ist,

00:35:01: das ist eben einer von den wenigen städtischen Räumen, innenstädtischen Räumen

00:35:05: in Köln, die so eine Aufenthaltsqualität haben.

00:35:09: Das ist eine harte These. Ich kenne auch die anderen Räume nicht.

00:35:12: Aber ich glaube, Köln hat da wirklich noch andere schöne Plätze.

00:35:16: Es gibt andere schöne Plätze, aber der Rathenauplatz ist ja jetzt erstmal schon

00:35:21: mal ein gestalteter Platz, dessen erklärtes Ziel ist Aufenthalt.

00:35:27: Das steht da drüber. Da ist ein Spielplatz, da ist ein Biergarten,

00:35:30: da sind irgendwie Blumenbeete und Bänke.

00:35:33: Und der Brüsseler Platz ist eigentlich dafür nicht gemacht. Das ist eigentlich

00:35:37: auf eine Art so ein bisschen so ein Vorplatz von einer Kirche,

00:35:40: der jetzt diese spezifische Nutzung in der Form wie der Rathenauplatz oder der

00:35:44: Leipzigerplatz oder sowas nicht hat.

00:35:46: Und der aber möglicherweise genau deswegen sich so aktiviert hat in den letzten

00:35:51: 20 Jahren, dass da eben wahnsinnig viele Menschen abends zusammenkommen,

00:35:56: Bier vom Kiosk trinken und einfach mitten in der Stadt sich aufhalten.

00:36:03: Und es ist ein andauernder Konfliktraum auch mit den Anwohnern,

00:36:10: wo ganz hart verhandelt wird, auch vor Gericht.

00:36:14: Aber jetzt bin ich da so ein bisschen abgeschwiffen.

00:36:19: Ich finde eben, dass dieses Sichtbarwerden von unterschiedlichen Milieus so

00:36:24: eine wahnsinnige Qualität ist.

00:36:27: Und dass dieses, okay, da gibt es ganz andere Bedürfnisse, ganz andere Sachen,

00:36:31: auch Sachen, die ich gar nicht will.

00:36:32: Also da wird gegrillt, aber ich bin möglicherweise Vegetarier oder irgendwie sowas.

00:36:36: Und trotzdem wird es ausgehalten, trotzdem wird sichtbar, dass es irgendwie

00:36:41: buchstäblich Raum für die unterschiedlichen Lebenskonzepte gibt,

00:36:47: ohne dass man sich irgendwie entscheiden müsste oder ohne dass man sich auch

00:36:50: gegenseitig an die Gurgel gehen muss.

00:36:51: Und das finde ich irgendwie so ein Ding, wo dieser Begriff Freiheit,

00:36:55: du hast ihn gerade gebracht, auch einen Kontext mit, wie du das Feld,

00:37:00: das Tempelhofer Feld erlebst, rein von seiner Physis her, dass es da so weit

00:37:06: ist, dass es eben nicht voller Bäume ist, sondern dass man eben in diese zwei,

00:37:10: drei Kilometer weit sehen kann.

00:37:13: Und Sebastian, du hast die Freiheit nochmal anders auch benutzt und dass beides

00:37:17: irgendwie so da drin ist, finde ich so schön.

00:37:21: Ja, ist mehr ein Statement als eine Frage.

00:37:24: Ja, das greift ganz schön tief. Also eben man sieht,

00:37:28: Also das hat schon einen philosophischen Unterbau. Und das ist vielleicht auch

00:37:33: eine Sache, die wir vielleicht in unseren Berufen, die so ein bisschen vielleicht

00:37:36: auch verloren geht oder in der Lehre, in der Ausbildung, eine wahnsinnig geringe

00:37:40: Rolle spielt, habe ich den Eindruck.

00:37:42: Also das Fass mal aufzumachen und den Blick wirklich zu weiten.

00:37:48: Also was brauchst du denn eigentlich, um sich zu positionieren,

00:37:51: um eine Haltung einzunehmen. Und das ist natürlich ein sehr, sehr weites Feld.

00:37:55: Ich habe den Eindruck, dass da relativ wenig Wert darauf gelegt wird.

00:37:58: Aber am Ende ist es super wichtig.

00:38:00: Wie stehe ich zur Demokratie? Wie stehe ich zur Freiheit? Was traue ich auch den Leuten zu?

00:38:05: Also immer nur zu sagen, das ist alles unmöglich, das geht nicht.

00:38:08: Und es fängt ja an, wenn du hier einen Wettbewerb vorschlägst,

00:38:12: dass man bewegliches Mobiliar, das ist ein Klassiker.

00:38:15: Ich glaube, viele würden sich freuen, viele Landschaftsarchitektinnen haben Bock darauf.

00:38:19: Und es wird ganz, ganz selten vorgeschlagen, zunehmend mehr vielleicht,

00:38:22: aber weil die Angst, das wird geklaut, damit wird Gott weiß was angestellt,

00:38:27: die Menschen schlagen sich damit die Köpfe ein.

00:38:30: Und also da ist ein Menschenbild hinterlegt, das ich extrem irgendwie also ganz

00:38:35: störend und merkwürdig finde.

00:38:37: So mag ich nicht an Gestaltung irgendwie rangehen, sondern ich mag doch mit

00:38:40: einem sehr optimistischen,

00:38:42: konstruktiven und mit einem Glaube daran irgendwie entwerfen,

00:38:46: dass Menschen auch bereit sind, Verantwortung zu übernehmen,

00:38:49: wenn sie die Möglichkeit dazu haben und eben die Freiheit haben,

00:38:52: auch selbst Dinge in die Hand nehmen zu können, Entscheidungen nehmen zu können

00:38:54: und nicht alles immer vorerzählt wird.

00:38:57: Das finde ich total einen wichtigen Punkt, den du da nennst,

00:39:00: dass man eben auch auf die Erfahrungen zurückgreifen sollte im Planungsprozess.

00:39:08: Letztendlich sind wir alle als Bewohner der Stadt auch Experten für die Plätze, in denen wir leben.

00:39:16: Und so eine Planung von oben, die schon genau weiß, was da zu geschehen hat,

00:39:23: die ist einfach nicht mehr zeitgemäß.

00:39:25: Ja, das passt ja so ein bisschen zu dem, wir, Jochen und ich,

00:39:29: wir sind, wie gesagt, über den Ebertplatz hierher gelaufen und da werden jetzt

00:39:32: seit einiger Zeit eben Teile von diesen etwas brachliegenden,

00:39:37: ja was sind das so, Beete oder sowas werden auf jeden Fall bepflanzt von Menschen

00:39:41: und ich bin da neulich mit dem Rad dran langgefahren und habe gesehen,

00:39:43: wie so eine Frau dann da Blumen gießt und so und als wir da gerade drüber gegangen

00:39:48: sind, hast du ja auch sowas gesagt,

00:39:49: dass du das Gefühl hast, ganz viele Leute haben total Lust, sich einzubringen an diese Orte.

00:39:54: Ja, und das ist ja dann auch wiederum Teil, also eigentlich gelebte Demokratie

00:39:59: sich einzubringen, seine Orte zu gestalten.

00:40:03: Wie kann das aus einer architektonischen, aus einer landschaftsarchitektonischen

00:40:09: Sicht in so ein Gelingen gebracht werden?

00:40:10: Also wie kann dieses aktivierende Element eingebracht werden von eurer Seite?

00:40:16: Ich glaube, das ist nicht nur eine Sache von den planenden Berufen,

00:40:21: sondern auch der Politik, die Leute dazu zu ermutigen, auch Verantwortung für

00:40:28: die Stadt zu übernehmen.

00:40:29: Ich glaube, viele Leute haben gar nicht so dieses Gefühl, das ist meine Stadt,

00:40:33: für die ich auch Verantwortung trage,

00:40:37: sondern haben vielleicht so ein Bild von zu Hause ist so mein Reich Und dann

00:40:42: gibt es die Stadt als Äußeres, die einfach so ist, wie sie ist und ich muss die so hinnehmen.

00:40:48: Und überhaupt den Gedanken erstmal zu haben, man kann selber da möglicherweise

00:40:55: mitgestalten und hat auch ein Wissen, was man einbringen kann.

00:40:59: Das muss, glaube ich, erstmal als Bewusstsein geschaffen werden und natürlich

00:41:05: auch ermöglicht werden.

00:41:07: Also dass man auch Initiativen, es gibt so viele Initiativen in der Stadt,

00:41:11: die einfach Räume neu nutzen wollen, vielleicht eben diese übrig gebliebenen

00:41:17: Flächen aktivieren wollen, in denen es einfach unheimlich schwer gemacht wird.

00:41:22: Nicht zuletzt wieder beim Tempelhofer Feld, wo einfach in diesem laufenden Wettbewerbsverfahren,

00:41:28: der da jetzt eine Bebauung will,

00:41:31: einfach das überhaupt nicht berücksichtigt wurde, was da alles an demokratischer

00:41:36: Stadtentwicklung wirklich vorbildlich über die Jahre passiert ist und einfach

00:41:41: wieder von oben geplant wird.

00:41:45: Es braucht auf jeden Fall,

00:41:48: Wie soll man sagen, einen aufrichtigen Respekt der Planerin,

00:41:53: sich wirklich hineinzuversenken, hineinzuversetzen, das sind wir ja tief im Begriff der Empathie,

00:42:00: den Blickwinkel der anderen einzunehmen auf so einen Raum und das eben teilwerden

00:42:05: zu lassen eines planerischen Prozesses.

00:42:07: Und das ist nicht aufoktroyiert, das ist nicht irgendwie, die Auslobung schreibt

00:42:13: das jetzt vor und man muss das irgendwie machen, sondern das muss einfach von

00:42:16: innen kommen, das muss der Anspruch sein.

00:42:19: Und wenn du willst gleich, ich sehe schon, du willst gleich einsteigen.

00:42:24: Ja, mach mal, weil ich habe noch einen anderen Punkt, einen anderen Aspekt nochmal rein.

00:42:27: Nee, es war einfach nur dazu, weil du das vorhin diesen Faktor Zeit genannt

00:42:31: hattest und dass es immer so schnell gehen muss und dann ein fertiger Entwurf

00:42:35: präsentiert werden soll.

00:42:37: Und ich glaube, so gerade, was ich so rausgehört habe bei dir,

00:42:40: und das kann ich auch bestätigen, dass es einfach Prozesse sind,

00:42:45: so Orte entwickeln sich auch über die Jahre und vielleicht unvorhergesehen und

00:42:50: dass man das im Prozess auch denkt und nicht mit einem Entwurf so einen fertigen,

00:42:55: starren Idee abliefert, die dann immer so bleibt.

00:43:00: Sondern es muss mitgedacht werden, dass sich der Raum entwickelt und vielleicht

00:43:06: auch anders, als man es zuerst gedacht hat.

00:43:09: Und trotz alledem bin ich ja zumindest ja auch wirklich ein Entwerfer.

00:43:12: So würde ich eigentlich mein Selbstbild beschreiben.

00:43:15: Das ist mein Job, eine Zukunft eigentlich vorwegzunehmen.

00:43:21: Und ich finde auch, das Gestaltende daran ist ja auch irgendwie einfach eine

00:43:27: wahnsinnige Schönheit.

00:43:28: Und das muss einfach zusammengehen.

00:43:31: Genau, Teilhabe und viele Perspektiven einzubeziehen, Prozesse mitzudenken,

00:43:37: Veränderungen auch zuzulassen, auf der einen und auf der anderen Seite,

00:43:41: einen ausgezeichneten, hervorragenden Entwurf zu machen, der eine Stadtgestalt,

00:43:45: tritt uns dann entgegen als Raum, die uns staunen lässt, die uns inspiriert,

00:43:50: die uns neugierig macht, die Fragen aufwirft, also nicht immer nur Antworten

00:43:53: gibt, also hier ist das und dort ist jenes, sondern die Frage aufwirft,

00:43:57: ich lade dich jetzt ein und jetzt mach doch mal was und,

00:44:01: das ist eben die andere Seite und da finde ich sind Landschaften,

00:44:04: also um auf die Frage, vor ein paar Minuten zurückzukommen,

00:44:07: wie das jetzt Teil einer Gestalt oder eines Entwurfs werden kann.

00:44:10: Das ist zumindest eine Möglichkeit, die wir an ein paar Stellen.

00:44:14: Vorgeschlagen haben. Das ist das Tolle, also jetzt bin ich natürlich Gärtner

00:44:17: und Landschaftsarchitekt, aber Landschaften, also wir kennen das ja alle,

00:44:21: wenn wir in den Wald gehen oder wir gehen ins Gebirge, da begegnen uns Landschaften

00:44:25: und die sagen eigentlich gar nicht genau, was wir damit machen sollen.

00:44:28: Also das ist dann unsere Aufgabe zu interpretieren und zu sagen,

00:44:31: na gut, also hier lege ich mich hin, hier sitze ich, dort klettere ich,

00:44:34: dort mache ich die Jause oder keine Ahnung was und das ist hochinteressant.

00:44:38: Es gibt keine Regelwerke erstmal in der Landschaft, außer dass ich,

00:44:41: also respektvoll der Natur und der Landschaft gegenüber zu verhalten,

00:44:46: aber es ist nicht so eindeutig und interessant ist,

00:44:49: dieses Konzept in städtische oder wie auch immer Räume zu übertragen und den

00:44:53: Leuten zur Aufgabe zu machen,

00:44:55: jetzt entscheide du mal, was du hier eigentlich machst.

00:44:58: Und das ist aus unserer Sicht zumindest eine Möglichkeit, damit umzugehen.

00:45:02: Eine Offenheit wirklich zu haben, die Leute nicht in eine Konsumentinnen- Konsumentinnenrolle,

00:45:08: hineinzubringen, sondern zu Akteuren werden zu lassen.

00:45:11: Ihr nehmt eure Entscheidung. Ihr seid verantwortlich. Und los.

00:45:15: Mich würde mal noch interessieren, vielleicht nochmal einen halben Schritt zumindest zurück.

00:45:20: Also erstens mal, ich finde es wieder super, man merkt richtig bei euch beiden,

00:45:24: dass ihr für das, was ihr tut, sozusagen total brennt.

00:45:28: Wie läuft denn sowas eigentlich praktisch ab? Weil ich davon wirklich überhaupt gar keine Ahnung habe.

00:45:33: Wenn bei euch irgendein Auftrag oder so eine Ausschreibung oder irgendwie was

00:45:38: auf dem Tisch landet, Basti, Jochen, wie geht ihr da vor?

00:45:42: Also rein praktisch, was tut ihr eigentlich? Wie arbeitet ihr?

00:45:47: Wie geht ihr da sozusagen vor?

00:45:50: Darüber könnte ich ziemlich lange was erzählen. Jetzt muss ich mich wirklich kurz fassen.

00:45:55: Vielleicht kann man es versuchen, einfach für Menschen, die da gar keine Ahnung

00:45:58: von haben, wie das mit öffentlichem Raum sozusagen irgendwie funktioniert und

00:46:02: wie der vielleicht auch gestaltet werden kann, dass man es einmal vielleicht

00:46:06: versucht, kurz in Anführungsstrichen zusammenzufassen.

00:46:10: Also erstmal, die Hörerinnen können es ja nicht sehen, aber mit guter Laune.

00:46:15: Das würde ich auf jeden Fall mal sagen.

00:46:17: Ich glaube, sie können es hören.

00:46:18: Also Freude daran zu haben, sich mit einem Ort auseinanderzusetzen.

00:46:22: Das ist erstmal, glaube ich, eine ganz gute Grundeinstellung.

00:46:25: Und dann gehen wir daran, indem wir uns versuchen, auf ganz,

00:46:28: ganz unterschiedlichen Arten und Perspektiven mit so einem Raum auseinanderzusetzen.

00:46:31: Das hat historische Dimensionen, soziale Dimensionen, kulturelle, räumliche natürlich.

00:46:36: Was habe ich für eine Bebauung? Was ist die Materialität? Wie ist das vom ÖPNV angebunden?

00:46:42: Aber auch, wo sitzen die Jugendlichen abends? Keine Ahnung, es ist ein Riesenstrauß

00:46:46: von Dingen, die alle auf einen einströmen. Und ich kann nur sagen,

00:46:50: eine der größten Freuden ist es eigentlich, sich davon total überfordern zu lassen.

00:46:56: Und am Anfang gerade, da ist ja noch alles möglich.

00:46:59: Also vom Entwerferischen her gesehen gibt es ja keine, also die Freiheit sollten

00:47:04: wir uns glaube ich auch nehmen, dass wir eine Auslobung oder eine Aufgabenstellung

00:47:07: interpretieren und dann unsere eigenen Schlüsse daraus ziehen.

00:47:10: Und am Anfang ist so alles offen und das ist natürlich total überfordernd,

00:47:14: weil man muss ja jetzt irgendwie selber sich Kriterien schaffen,

00:47:17: an denen man entscheidet, naja, was ist jetzt vielleicht das Gute,

00:47:19: was ist das weniger Gute und das ist ein ganz, also in unserer Bürokultur ein

00:47:26: zäher Prozess, dass das dauert.

00:47:28: Das ist langsam, geht das irgendwie vorwärts und immer wieder die Fragen,

00:47:32: worum geht es eigentlich, was ist wirklich von Bedeutung, was ist vielleicht

00:47:35: gar nicht so bedeutend und das ist

00:47:38: dann so ein Prozess, so ein waberndes Auseinandergehen, Verengen, Weiten.

00:47:42: Kreisartig, also ich, wir sagen immer diese, also Rundlauf im Tischtennis,

00:47:46: ist eigentlich ein ganz schönes Bild, also dieses,

00:47:49: So, es sind am Anfang ganz viele, es kreist so um ein Ding herum und dann wird

00:47:54: man immer weniger und man scheidet wieder Dinge aus und wenn man Glück hat,

00:47:57: ist man am Ende noch dabei und gewinnt das Finale 3 zu 2 und man ist in diesem dialogischen,

00:48:02: hermeneutischen, kreisenden, wahnsinnig dynamischen Prozess irgendwie zu einem

00:48:05: Ziel gekommen, wo man am Ende selber sagen kann, okay, dafür stehen wir.

00:48:08: Damit gehen wir raus und sagen, das ist eine Position, die können wir wirklich

00:48:11: glaubhaft, authentisch auch vertreten und von daher intensivste Auseinandersetzung

00:48:17: damit, sprechen mit den Leuten, hingehen,

00:48:21: hingehen, einfach am Ort sein, hingehen und nicht einmal hingehen,

00:48:24: sondern mehrmals zu unterschiedlichen Tageszeiten, zu unterschiedlichen Momenten,

00:48:30: zu unterschiedlichem Wetter. Das ist jetzt sehr idealistisch.

00:48:33: So lernt man es vielleicht auch an der Uni.

00:48:35: Und später im Büro ist dann alles ganz anders. Aber es gibt keinen Grund, es anders zu machen.

00:48:39: Es gibt viel mehr Gründe, es so zu leben und zu kultivieren.

00:48:42: Und ich glaube, die Ergebnisse werden besonderer, eigenartiger,

00:48:45: im besten Sinne brüchiger.

00:48:48: Und das muss unbedingt der Weg sein, aus unserer Sicht.

00:48:51: Ja, jetzt bin ich gleich wieder, also eben da packt er mich natürlich,

00:48:54: weil das ist mein und unser Leben.

00:48:57: Also da geht es ans Herz.

00:49:01: Ja, ich glaube, in der Architektur ist es erstmal vielleicht gar nicht so selbstverständlich, dieser Ansatz,

00:49:10: weil es doch immer noch so dieses Bild gibt, ja, des großen Entwerfers,

00:49:16: der vielleicht so ein Einzelobjekt entwirft,

00:49:19: aber natürlich stimmt das nicht.

00:49:22: Also auch wer ein einzelnes Gebäude entwirft, entwirft immer den Stadtraum mit

00:49:27: und muss den Kontext und die sozialen Beziehungen, den Freiraum,

00:49:34: der dadurch beeinflusst wird, alles mitdenken.

00:49:36: Und von daher ist es genau richtig, also vielleicht auch das Bild des Entwerfers

00:49:45: ein anderes mittlerweile.

00:49:48: Das eben nicht diese gottgleiche Entwerfer ist, sondern vielmehr auch das Entwerfen

00:49:53: so ein moderierender Prozess ist und der sich viel beschäftigt mit dem, was schon da ist.

00:50:01: Ich glaube, das ist in der Architektur jetzt auch zunehmend noch ein Thema,

00:50:04: Dadurch, dass man auch sagt, wir müssen gar nicht immer neu bauen,

00:50:09: schon allein aus Ressourcen gründen und müssen viel mehr mit dem Bestand arbeiten.

00:50:16: Und natürlich hat ein bestehendes Gebäude seine Geschichte, hat vielleicht Nutzerinnen

00:50:21: und Nutzer, die das schon viel besser kennen als der, der da entwirft.

00:50:27: Und all diese Interessen und das Wissen zusammenzubringen, ist,

00:50:31: glaube ich, total wesentlich.

00:50:34: Und es macht wahnsinnig viel Arbeit es geht nicht so, also es ist, glaube ich die Realität,

00:50:42: Lichtjahre von diesem Bild entfernt, da sitzt ein Genie und macht irgendwie

00:50:46: so einen Federstrich und dann entsteht das irgendwie sondern das ist wirklich

00:50:49: total harte Arbeit und erst in der Intensität der Auseinandersetzung lernt man

00:50:54: überhaupt beurteilen zu können,

00:50:55: was ist jetzt gut, was ist weniger gut und das ist ganz schön zäh.

00:51:00: Also ich finde, diese Frage der Partizipation ist auch noch mal wichtig zu diskutieren,

00:51:07: weil es gibt es immer mehr in vielen Verfahren,

00:51:10: dass es auch von vornherein so vorgesehen ist, dass es eine Bürgerbeteiligung gibt.

00:51:17: Oftmals ist das auch ganz gut gemacht, aber,

00:51:21: man fragt sich dann wo landen diese Ergebnisse und man hat oft auch das Gefühl

00:51:27: es ist so eine Alibi-Veranstaltung was für die Beteiligten natürlich unheimlich frustrierend ist,

00:51:32: wo hat man schon mal die Möglichkeit mitzureden und Ideen einzubringen und am

00:51:36: Schluss wird doch was ganz anderes gemacht, ich glaube das ist ein,

00:51:41: das ist auch das, was wir gerade beim Tempo Verfeld erleben gerade jetzt,

00:51:46: wo wir hier aufnehmen läuft die dritte Bürgerwerkstatt zum Thema,

00:51:54: ausgeloste Bürgerinnen und Bürger aus Berlin sollen sich jetzt mit den Gewinner,

00:51:59: Projekten beschäftigen und es ist aber gar nicht wirklich klar was daraus resultiert

00:52:04: beziehungsweise aus der Politik wird einfach nebenbei kommuniziert,

00:52:10: dass da natürlich gebaut werden soll und dass das,

00:52:14: daran nicht viel zu rütteln ist. Und es wird jetzt auch instrumentalisiert, diese.

00:52:23: Beteiligungsprozesse. Man sagt dann, man hat ja die Bevölkerung mit einbezogen,

00:52:27: aber letztendlich steht von vornherein fest, was da gewollt ist.

00:52:33: Das ist, glaube ich, auch in der Zukunft noch eine riesen Aufgabe,

00:52:38: neue Formate auch zu entwickeln.

00:52:41: Es ist ein Riesenaufwand, es ist zeitaufwendig, es kann auch nicht jeder da

00:52:45: einfach in seiner Freizeit noch sich einbringen und ich glaube,

00:52:49: das ist aber ein ganz wichtiges Thema angesichts der Komplexität auch,

00:52:53: die so Bauaufgaben mit sich bringen,

00:52:57: ja, da wirklich demokratische Prozesse zu bauen.

00:53:03: Ich würde noch ergänzen, um am Ende transparente Entscheidungsprozesse auch

00:53:09: zu haben, also dass wir sagen können, was haben wir aus welchen Gründen wie gemacht?

00:53:13: Wie haben wir auf welche Argumente versucht zu reagieren?

00:53:16: Also ich meine, alle kann man nicht berücksichtigen. Das ist natürlich immer,

00:53:19: wenn man Partizipation macht.

00:53:20: Die Wünsche sind vielgestaltig und alles kann man nicht berücksichtigen,

00:53:26: aber man muss, und ich finde auch da, ist es eigentlich ein wiederkehrendes Thema.

00:53:29: Das ist nicht diese einmalige Veranstaltung und dann ziehen wir uns jetzt ins

00:53:31: Kämmerlein zurück, machen irgendwas und dann ist die Sache gelaufen,

00:53:34: sondern natürlich immer wieder

00:53:35: auch Bericht zu erstatten. Was haben wir gemacht? Aus welchen Gründen?

00:53:39: Wie haben wir versucht, das einzubinden? Warum sind wir vielleicht auch gescheitert

00:53:41: an der einen oder anderen Stelle, um einfach eine Akzeptanz am Ende für Stadtgestaltung zu erhöhen.

00:53:50: Das heißt, dieser aufrichtige Respekt, von dem du vorhin gesprochen hast,

00:53:54: der betrifft gar nicht nur euch als Landschaftsgestalter, als Architekten,

00:54:00: sondern eigentlich auch in einem ganz hohen Maße Politik.

00:54:03: Unbedingt, ja.

00:54:05: Auch da stelle ich aber vielleicht, um auch nochmal positiv zu sprechen,

00:54:10: bin ja ohnehin Optimist, fest in den letzten Jahren, dass ich finde,

00:54:14: da gerät auch was in Bewegung.

00:54:15: Also in städtischen Verwaltungen, ich weiß nicht, wie du, wie deine Erfahrungen

00:54:18: sind. Also wir haben zunehmend mit coolen Leuten zu tun in den städtischen Verwaltungen

00:54:23: und finde es wirklich ganz bemerkenswert auch.

00:54:26: Also wir können ja nur Projekte machen, das ohnehin im kooperativen Geist,

00:54:31: also wir alleine machen gar nichts, sondern das ist ein wirklich ein ganz großes

00:54:35: Feld unterschiedlicher Akteure und da ist die städtische Verwaltung an einer

00:54:39: sehr, sehr wichtigen Stelle.

00:54:41: Die haben große Hebel, um Dinge in eine bestimmte Richtung zu lenken.

00:54:46: Und ich stelle eigentlich fest, dass sich da wirklich was Tolles tut und wirklich

00:54:50: viele Leute Lust haben auf spannende Prozesse.

00:54:54: Also nicht nur auf coole Projekte, sondern auch auf spannende Prozesse.

00:54:57: Ich bin da eigentlich optimistisch.

00:54:58: Ja, ich stimme dir dazu, auch beim Tempelhofer Feld.

00:55:02: Was ich gehört habe, diese Bürgerwerkstatt war wirklich auch toll organisiert

00:55:07: und hat, glaube ich, vielen Beteiligten Freude gemacht und neue Erkenntnisse gebracht.

00:55:15: Aber wohin es dann führt, das war eben nicht wirklich geklärt.

00:55:20: Und ich glaube auch, es ist da viel in Bewegung, aber es muss noch dann auch

00:55:26: zu Ende geführt werden und wirkliche Konsequenzen haben.

00:55:30: Aber da steckt ja vielleicht auch bei allem Frust, den ich auch fühle,

00:55:35: wenn dann solche Beteiligungsformate eben mehr oder weniger ignoriert werden

00:55:40: oder zumindest das Gefühl entsteht.

00:55:42: Und trotzdem wird da drin ja auch was sichtbar und auch das ist möglicherweise

00:55:46: wichtig, eben diese Differenz zu spüren und zu merken, da gibt es Bedarf in dem Konflikt.

00:55:53: Ich finde das sehr schön, diesen Gedanken,

00:55:58: wenn ich das nochmal so zusammenfasse, was ich gerade hier gehört habe,

00:56:01: dass eigentlich dieses Öffnen nicht aus einer sozusagen Genie,

00:56:09: gottgleich hast du gesagt, Perspektive raus, wissen, was richtig ist,

00:56:13: sondern genau hinhören, hinfühlen, sich auseinandersetzen,

00:56:17: diese Offenheit, die Menschen als Expertinnen eigentlich betrachten.

00:56:23: Und eine Zukunft zu gestalten, also fast Raum oder öffentliche Raumgestaltung

00:56:29: als eine Einladung, die eigene Zukunft mitzugestalten.

00:56:34: Ja, also auch eine Gegenwart natürlich, die erstmal mit Leben zu füllen,

00:56:39: aber klar, also wenn bei Einbindung in den Prozessen, die unbedingt notwendig ist, geht es darum,

00:56:44: dass wir gemeinsam eine Zukunft von Raum, am Ende geht ja nicht immer nur um

00:56:48: den Stadtraum, es ist immer so ein bisschen eine Verengung darauf,

00:56:50: es gibt viele andere Räume, die auch relevant sind, weil sie wiederum Lebensräume

00:56:54: sind, Alltage sind, zu Hause sind.

00:56:56: Es gibt ja dieses, ich glaube von der Architektenkammer NRW auf jeden Fall,

00:57:01: Architektur macht Schule,

00:57:02: das ist vielleicht auch übergeordnet, ich habe es jetzt eher so in NRW mitbekommen

00:57:05: und da habe ich auf jeden Fall versucht mich auch mal zu engagieren,

00:57:08: es hat bislang irgendwie noch nicht so wirklich Früchte getragen,

00:57:10: aber ich finde es total spannend, also in die Schulen zu gehen,

00:57:13: um da genau über diese Gestalt, Stadt, Entwicklung und wie ist eigentlich öffentlicher

00:57:19: Raum und um diese Themen auch schon in die Schule reinzubringen,

00:57:22: das wäre super, total Bock drauf.

00:57:25: Also es ist glaube ich wirklich so ein Bewusstseinsding, weil ich muss auch

00:57:30: sagen, bevor ich Architektur studiert habe,

00:57:33: war mir das auch nicht so richtig klar, dass alles, unsere gesamte Umwelt ist

00:57:38: irgendwie entworfen und könnte demnach auch ganz anders sein und man nimmt das

00:57:43: oft so selbstverständlich hin, es ist halt so die Welt, in der wir leben.

00:57:48: Aber alles ist auch anders denkbar. Und ein Bewusstsein dafür zu entwickeln,

00:57:52: ist, glaube ich, total wichtig.

00:57:54: Jetzt komme ich wieder mit dem Buchtipp um die Ecke, wo ich den Titel immer

00:57:57: vergesse. Das macht wahnsinnig viel Sinn.

00:57:59: Autor David Blackburn, ich glaube, die Eroberung, die Entdeckung der Welt,

00:58:03: ja, sowas in der Art, also wenn man es nachgoogelt, findet man es gleich.

00:58:06: Das ist hochinteressant, ein wunderbares Buch, ein britischer Historiker,

00:58:11: der die Veränderung der tatsächlich Deutschen, also was auch immer die Grenzen

00:58:15: von Deutschland jetzt sind, aber der deutschen Landschaft, eigentlich in den

00:58:18: letzten 150 bis 200 Jahren nachzeichnet.

00:58:21: Und das ist wirklich verrückt, wie grundlegend diese Landschaft,

00:58:24: in der wir uns jetzt hier alle befinden, also wirklich einmal umgepflügt wurde.

00:58:29: Und das geht von der neudeutschen Tiefebene mit Entwässerung und so weiter, Rheinbegradigung.

00:58:33: Also es umfasst eigentlich fast alle Landschaftstypen, die wir kennen, allem Weiden.

00:58:39: Interessanterweise sind ja diese Idyllbilder, die wir haben,

00:58:41: häufig die gestalteten Landschaften. Also die tatsächlich irgendwie rohe Natur,

00:58:45: also das Hochgebirge, ist dann eher so, ist nicht so lieblich,

00:58:48: sondern wir haben lieber die Kuh auf der Weide und mit so ein paar Restbrocken

00:58:51: von Wald, das finden wir irgendwie so angenehmer.

00:58:54: Also wenn es dann wirklich hart auf hart kommt in der Natur,

00:58:57: dann schrecken wir auch so vielleicht aus guten Gründen ein bisschen zurück.

00:58:59: Ich habe mir einen Punkt nochmal aufgeschrieben, was du hast vorhin gesagt,

00:59:02: Architekten sind Träumer.

00:59:05: Das finde ich, was heißt das? Muss man Träumer sein?

00:59:10: Also das ist ganz oft die letzte Folie, wenn wir Vorträge halten, es träumt weiter.

00:59:16: Das ist wiederum ein Zitat vom Schauspielhaus Bochum, hatten wir mal irgendwann

00:59:19: auf so einem Kalenderblatt. Wir fanden das ziemlich toll.

00:59:22: Tolles Schauspielhaus by the way.

00:59:23: Tolles Schauspielhaus by the way, genau. Ja, ich glaube, dass das unbedingt nötig ist.

00:59:29: Also das Träumerische ist ja eben...

00:59:33: Das Vorstellen darüber, wie es anders sein könnte.

00:59:38: Und oft hat es auch so etwas, so ein geabberteten Geist der Zukunft vielleicht auch.

00:59:42: Also im unmittelbaren Träumen ist es ja sehr gegenwärtig, aber man wünscht sich

00:59:45: dann vielleicht, dass es sich in so einer Art entwickelt.

00:59:48: Und von daher finde ich das Träumen unbedingt für Entwerferinnen und Entwerfer.

00:59:52: Das hat immer so gleich den Touch der Naivität.

00:59:57: Naja, das sind die Träumer und die Träumerinnen und das kriegen wir alles gar nicht hin.

01:00:00: Das finde ich absolut nicht richtig. Also ich glaube, als Entwerferinnen und

01:00:03: Entwerfer auch an den Hochschulen, auch an den Schulen überhaupt im Bildungssystem,

01:00:07: müssen wir öffnen, müssen wir Freiheiten fördern und wir müssen unbedingt unseren Träumen folgen.

01:00:13: In aller wunderbaren Naivität. Also unser Slogan, wir mussten ja mal einen machen.

01:00:17: Irgendwann haben unsere jüngeren Kolleginnen und Kollegen gesagt,

01:00:18: wir brauchen einen Instagram-Account, wir haben das erst nicht verstanden.

01:00:21: Dann haben wir einen gemacht und dann brauchen wir irgendwie so einen Spruch

01:00:23: da oben und darüber nachgedacht.

01:00:25: Und da steht jetzt Landschaft als weites Feld, die Hummel als Wappentier und Naivität als Anspruch.

01:00:31: Also genau dieser, immer wieder dieses Kindliche, sich freuen daran, was könnte denn sein.

01:00:36: Und daraus mit aller Heftigkeit und Wucht irgendwie zu schöpfen,

01:00:41: das muss doch unbedingt Teil dieser Berufe sein.

01:00:44: Und das hat nichts mit Unprofessionalität zu tun. Ich glaube,

01:00:47: wir brauchen unbedingt professionelles Träumen. Also das muss sein.

01:00:51: Das kann ich nur unterschreiben und ich glaube, das ist eigentlich so eine Kernkompetenz

01:00:56: und nicht nur für Planerinnen und Planer,

01:00:58: sondern es ist ja grundsätzlich was, was man das Gefühl hat,

01:01:02: dass es unserer Gesellschaft so ein bisschen verloren gegangen ist,

01:01:06: so eine positive Zukunftsvision zu haben,

01:01:09: in der man gerne arbeitet, wo man sich für einsetzt.

01:01:12: Und dieses gemeinsame Träumen einer Zukunft, die nicht nur negativ und in der

01:01:19: Katastrophe endet, sondern die gemeinsam gestaltet, positiv gestaltet werden

01:01:24: kann, das ist, glaube ich,

01:01:27: könnte auch so ein Bildungsideal fast sein oder so eine Kompetenz,

01:01:34: die man eigentlich schon in der Schule lernen sollte.

01:01:37: Professionelles Träumen ist ja hier unser Anspruch.

01:01:42: Ich sage in jeder blöden Folge, oh, das werde ich in meinen Wortgebrauch übernehmen,

01:01:46: aber ich lerne jedes Mal.

01:01:47: Professionelles Träumen finde ich wirklich total geil.

01:01:51: Wollen wir mit professionellen Träumen jetzt tatsächlich mal in die Zukunft reisen?

01:01:55: Ich finde es auf jeden Fall ein gutes Stichwort und vielleicht ist das ein guter Moment.

01:02:00: Dann würden wir einen von euch beiden jetzt bitten, auf einen Knopf zu drücken,

01:02:04: damit die Zeitmaschine gestartet wird.

01:02:06: Jochen, wenn du willst, darfst du auf einen Knopf drücken, der uns 25 Jahre

01:02:13: in die Zukunft katapultiert.

01:02:15: Das ist dieses Jahr 2050. Ja, nicht richtig gerechnet.

01:02:19: Genau, wir werden jetzt in die Zukunft katapultiert und können von dort aus

01:02:24: dann sozusagen einmal gemeinsam gucken,

01:02:26: wo befinden wir uns, wie sieht die Welt aus und wie sind die Probleme und die

01:02:31: Themen, die wir gerade sozusagen gesprochen haben, im Best Case,

01:02:34: weil wir sind ja hier bei Best Case Szenario, gelöst.

01:02:38: Dieser Knopf?

01:02:39: Das ist dieser hier.

01:02:41: Alles klar, los geht's.

01:02:59: Herzlich Willkommen in der Zukunft.

01:03:01: Wir machen die Türe auf und steigen aus, aus unserem Zukunftsraubschiff,

01:03:06: gucken raus und fragen uns, wie sieht es da draußen aus?

01:03:11: Das Tempel vor Feld ist frei geblieben, es wurde nicht bebaut und es ist eigentlich

01:03:19: ein Beispiel, positives Beispiel,

01:03:24: international geworden für eine vorbildliche demokratische Stadtentwicklung.

01:03:29: Wo Bürgerinnen und Bürger die Stadtentwicklung selbst in die Hand genommen haben

01:03:36: und einen ganz besonderen Freiraum geschaffen haben.

01:03:41: Welche Folgen hatte das? Du hast gerade gesagt, es ist ein Vorbild geworden.

01:03:44: Was hat sich denn noch alles verändert? Wo sieht man die Vorbildfunktion noch?

01:03:49: Was ich vorhin angesprochen habe, dass es eigentlich ganz viele Initiativen

01:03:55: gibt, ganz viele Menschen in der Stadt, die Lust haben, ihre Stadt zu gestalten.

01:04:02: Und das wurde erkannt, dass es ein ganz wichtiger Faktor in der Stadtentwicklung ist.

01:04:09: Und die Planung wurde so gestaltet, dass diese Initiativen mit einbezogen werden.

01:04:16: Und das ist eigentlich ein Vorbild geworden für auch andere Entwicklungen.

01:04:23: Welche Räume haben sich noch mit verändert? Was siehst du, Basti?

01:04:27: Wenn ich aussteige oder aus dem Fenster gucke?

01:04:30: Zukunftsraum schafft.

01:04:31: Also ich bin ganz sicher, dass wir total überrascht sind, wie cool das eigentlich sein kann.

01:04:43: Nämlich in der Art, wie eben öffentlicher Raum, wie Stadt auf einmal,

01:04:49: also wir reisen ja spontan in die Zukunft, hat sich natürlich über 25 Jahre prächtig entwickelt.

01:04:57: Wie das in Gebrauch genommen wird, wie vielfältig das eigentlich sein kann,

01:05:01: wie merkwürdige Dinge nebeneinander auf einmal passieren, aufeinandertreffen,

01:05:07: wo wir doch geglaubt haben, das kann zusammen gar nicht funktionieren.

01:05:11: Und wir sehen dann aber in der gelebten Praxis tatsächlich, das funktioniert

01:05:14: auch an ganz vielen Stellen ganz schön gut.

01:05:17: Es gibt sicherlich auch viele Diskussionen noch und Konflikte,

01:05:21: wo treiben wir das dann 2075 eigentlich hin.

01:05:23: Aber wir stellen nach 25 Jahren fest, naja.

01:05:27: In dem Einbezug eben der vielfältigen Akteure, mutigen Strukturen,

01:05:32: die dahinter stehen, sowohl von der Stadt und von den Planerinnen und von den

01:05:36: Eigentümerinnen und wer auch immer da mitgewirkt hat,

01:05:38: haben wir es hingekriegt, einen lebendigen öffentlichen Raum zu entwickeln,

01:05:42: der ganz, ganz vielen Menschen die Möglichkeit eröffnet, da zu Hause zu sein

01:05:46: und ihren Alltag zu verbringen.

01:05:48: Und der ist bestimmt auch viel grüner als jetzt.

01:05:54: Man sieht kaum noch Autos auf den Straßen.

01:05:56: Sieht kaum noch Autos auf den Straßen. Wobei ich bin jetzt nicht ganz so dogmatisch,

01:06:00: weil ich fahre wahnsinnig gerne Autos. Sorry, Leute.

01:06:05: Ich mag vielleicht sagen, dass doch auch Autoverkehr in einer guten Dosis vielleicht

01:06:10: auch Teil von Urbanität sein kann. Oh ja, jetzt kann ich mir was anhören demnächst.

01:06:13: Da stimme ich dir zu. Aber es dominiert nicht. Nein, es dominiert nicht.

01:06:17: Auch da ist es wieder das Nebendeinander. Von unterschiedlichen und vielleicht

01:06:20: auch in der Kultur der Benutzerin.

01:06:23: Ein Verständnis für die anderen. Das wäre auch schön. Also das ist gerade im

01:06:26: Moment nicht so die Kultur, würde ich mal sagen.

01:06:29: Wir sind überrascht, wie cool das sein kann.

01:06:33: Und wir erinnern uns zurück, wie es 2025 war und denken, davon haben wir doch

01:06:36: geträumt, dass das wirklich so klappen kann. Ja.

01:06:41: Das ist jetzt ja, also das ist ja ganz toll, was wir hier sehen,

01:06:45: auch an öffentlichem Raum.

01:06:46: Wie schlägt sich das denn nieder, dass der öffentliche Raum sich so verändert

01:06:50: hat, dass der so aktiviert worden ist, dass es so eine starke Beteiligung gibt,

01:06:54: dass es ein positives Nebeneinander, Miteinander da gibt?

01:06:57: Wie schlägt sich das denn in andere Bereiche unserer Gesellschaft nieder?

01:07:02: Mal kurz danken lassen.

01:07:04: Ja, wir haben ja Zeit, wir haben ja eine Zeitmaschine.

01:07:08: Also ich würde mal vielleicht auf das Thema der Vielfalt nochmal zu sprechen kommen, dass wir.

01:07:15: Also sowohl gestalterisch, räumlich eine Vielfalt, ein Nebeneinander von Dingen

01:07:19: haben, aber eben auch in unserer gelebten Praxis Vielfalt und unterschiedliche

01:07:24: Positionen, unterschiedliche Meinungen einfach viel, viel besser aushalten.

01:07:29: Also eben, den Begriff haben wir gerade schon, auch Toleranz,

01:07:32: also wirklich gelebte Toleranz, dass wir Vielfalt und Brüchigkeit und also auch, wie soll man sagen,

01:07:42: Komplexität, dass wir das nicht nur als Überforderung und als irgendwie Problem

01:07:46: und so weiter verstehen,

01:07:47: sondern eben als Bereicherung und als das, was es am Ende eben auch ausmacht.

01:07:51: Und das ist sowohl eigentlich natürlich menschlich so, also wir wollen ja nicht

01:07:55: nur immer die gleichen Menschen sehen, die immer das gleiche denken und uns

01:08:00: in allem immer zustimmen.

01:08:01: Also das stelle ich mir relativ langweilig vor, sondern es ist doch gerade spannend

01:08:04: in den Austausch zu gehen mit anderen Positionen, die einen selbst wieder herausfordern

01:08:07: und vielleicht einen auch wieder verändern und wieder aufs Neue verwandeln.

01:08:11: Und genauso geht es im Raum natürlich auch. Das ist ein vielfältiges Geflecht,

01:08:14: ein Netzwerk von Räumen, die miteinander dann dieses System,

01:08:18: öffentlicher Raum, Stadtraum oder überhaupt unser Raum, in dem wir uns befinden,

01:08:22: in dem wir leben, dann am Ende ausmachen.

01:08:24: Und vielleicht nochmal, das ist auch so ein Begriff, den wir oft benutzen,

01:08:28: dass es nicht so geglättet ist, nicht so geordnet und alles ist an seinem Platz,

01:08:34: sondern gerade die Freude daran,

01:08:35: dass es nicht so ist und auf einmal das Unerwartete einem entgegentritt.

01:08:40: Jetzt weiß ich gerne, ob ich die Frage beantwortet habe.

01:08:44: Ich glaube auch, dass viele gesellschaftliche Fragen, mit denen wir uns beschäftigen,

01:08:51: die viel diskutierte Spaltung innerhalb der Gesellschaft,

01:08:57: dass die auch letztendlich dadurch überwunden werden kann, dass der öffentliche

01:09:02: Raum anders benutzt wird, dass wir uns anders in ihm begegnen,

01:09:06: dass wir gemeinsam Verantwortung für ihn übernehmen und uns diese Verantwortung

01:09:12: auch zugebilligt wird durch die Politik.

01:09:14: Ich spreche jetzt als Bürger, gar nicht als Planer selber.

01:09:20: Und dass wir vielleicht auch die digitalen Räume, die es sicherlich weiter gibt,

01:09:31: aber dass wir sie auch wieder mal verlassen und uns wieder in der physischen

01:09:35: Welt ganz anders begegnen können.

01:09:38: Ja, das ist verrückt. Genau das wollte ich jetzt auch gerade sagen.

01:09:43: Das ist vielleicht auch einer der Überraschungsmomente 2050.

01:09:46: Wir können es ja glaube ich nicht ganz ausmalen, was jetzt die Digitalisierung

01:09:50: angeht, wie das sich darstellt in 25 Jahren.

01:09:55: Wenn wir sehen, wo waren wir vor 25 Jahren, das ist schon noch irgendwie verrückt.

01:09:58: Aber vielleicht ist die Überraschung die, dass wir die physische,

01:10:03: die sinnliche Welt, den unmittelbaren Austausch Mensch zu Mensch,

01:10:06: Mensch zu Baum, Mensch zu Stein, Mensch zu Wasser,

01:10:09: dass wir den überhaupt gar nicht verlieren, sondern vielleicht sogar im Gegenteil,

01:10:13: der von größerer Bedeutung ist.

01:10:15: Und das ist auf jeden Fall eine Sache, also ich glaube, diese Freude,

01:10:19: die verlieren wir nicht.

01:10:20: Ich habe bei einer Volkwangen-Universität auch nochmal Kunst studiert,

01:10:23: nach dem Landschaftsarchitekturstudium.

01:10:24: Da hatten wir Alan Shapiro, amerikanischer Philosoph, Zukunftsforscher,

01:10:29: also extrem auf Digitalisierung ausgerichtet und der hat da Sachen erzählt,

01:10:32: von denen ich echt gedacht habe, echt freakig und Wahnsinn, irgendwie da geht es hin, vielleicht.

01:10:37: Aber er hat dann auch mal gesagt, aber die physische Welt, die ist ja immer

01:10:41: noch da. Die verlieren wir niemals.

01:10:45: Und das finde ich auf jeden Fall eine sehr, sehr glücklich machende Feststellung,

01:10:51: dass das immer noch da ist.

01:10:53: Das kann man ja auch beobachten in anderen Bereichen, dass es eigentlich zur

01:10:57: Digitalisierung auch wieder so eine Rückbesinnung aufs Analoge gibt.

01:11:02: Wenn ich jetzt an Bücher denke, wo auf einmal Bücher ganz anders gestaltet werden

01:11:08: oder es eine neue Wertschätzung gibt für ein gut gestaltetes Buch,

01:11:13: was gut in der Hand liegt, so ähnlich stelle ich mir das auch vor.

01:11:19: Und es irgendwann auch so eine Übersättigung von dieser Allgegenwart des Digitalen

01:11:24: gibt, dass wir auch den physischen Ort und die reale Begegnung wieder ganz neu schätzen lernen,

01:11:30: ohne dass wir jetzt zurück zur Natur oder die Digitalisierung rückgängig machen zu wollen.

01:11:37: Ich wollte das vielleicht auch nochmal aufgreifen, weil wir noch gar nicht so

01:11:41: über digitale Räume gesprochen haben.

01:11:45: Ich möchte jetzt gar nicht über sowas wie Smart City oder sowas reden,

01:11:48: aber ich glaube, es ist nochmal ein wichtiger Punkt zu verstehen,

01:11:51: wie auch die physische Welt wahrgenommen wird durch die digitale Welt.

01:11:59: Und das macht man sich vielleicht oft auch gar nicht so klar,

01:12:02: aber allein sowas wie, dass wir Kartendienste benutzen, das prägt natürlich

01:12:07: unheimlich unsere Wahrnehmung der Stadt und setzt so einen Filter auf die Stadt,

01:12:13: weil sie nur uns möglicherweise ganz bestimmte Funktionen anzeigt und auch vorgibt,

01:12:20: wie die Stadt zu lesen ist und was in ihr stattfindet.

01:12:24: Und vielleicht können wir auch diese digitalen Tools, die wir benutzen, weiterentwickeln.

01:12:29: Es gibt da ja schon OpenStreetMap oder so,

01:12:33: wo vielleicht ganz andere Filter eine Rolle spielen oder die auch von allen

01:12:40: mitgestaltet werden können und unseren Blick auf die Stadt ganz anders einstellen.

01:12:49: Das heißt, wir haben nicht nur unsere physische Landschaft anders gestaltet

01:12:54: und unsere gesellschaftliche Landschaft, sondern auch die digitale?

01:12:57: Auch im Hinblick auf Partizipation, denke ich, ist es ein wichtiges Tool.

01:13:05: Also Karten sind, interaktive Karten sind, glaube ich, ein ganz tolles Mittel, um auch,

01:13:13: wir können nicht immer alle physisch zusammenkommen und trotzdem können wir

01:13:18: uns über diese digitalen Tools, über die physische Welt verständigen und verschiedene

01:13:23: Perspektiven zusammenbringen, Hinweise geben.

01:13:25: Gibt es auch schon gute Ansätze und ich glaube, das lohnt sich,

01:13:29: das weiterzuentwickeln.

01:13:31: Ich will jetzt nochmal hier, weil es ein, zwei Mal angesprochen war,

01:13:33: nochmal versuchen, also wirklich in aller Einfachheit so eine humanistische

01:13:38: Perspektive nochmal reinzubringen und vielleicht mit der Frage,

01:13:42: wohin wollen wir denn eigentlich?

01:13:44: Also was ist denn Was ist denn Wir müssen zurück.

01:13:47: In die Gegenwart, glaube ich, zuerst.

01:13:50: Ah ja, okay.

01:13:51: Wir steigen nochmal in die Zeitmaschine und den Knopf drücke ich dann einmal

01:13:54: ganz kurz. Das geht schneller als gedacht.

01:13:57: Du machst es wutschi wutsch und dann sind wir wieder in diesem beschissenen Jahr 2025.

01:14:02: Let's go.

01:14:02: Bis zum nächsten Mal.

01:14:12: Jetzt auch hier wutschi wutsch. Zack.

01:14:16: Da sind wir wieder.

01:14:18: Jetzt kann ich einsteigen.

01:14:19: Ja, weil jetzt natürlich die Frage ist, wir haben das gerade kurz einmal gesehen

01:14:22: aus unserem Raumschiff, wie toll das aussieht in 25 Jahren.

01:14:28: Jetzt natürlich die Frage, wie kommen wir da hin? Was machen wir denn jetzt?

01:14:32: Genau, da wollte ich mal versuchen, einen Aspekt vielleicht mal rauszugreifen.

01:14:36: Also eben, ich habe natürlich keine Philosophie studiert, aber habe es in den

01:14:39: letzten Monaten und Jahren auch zusammen mit Luca,

01:14:43: sind wir da immer mal wieder in so Texte eingestiegen und haben dann vielleicht

01:14:46: doch festgestellt, naja, also eine humanistische Perspektive auf die Welt kann

01:14:51: einem doch ganz schön viel geben, sage ich jetzt mal.

01:14:55: Und eine, um jetzt mal einen Aspekt zu sagen, wenn man sich darauf verständigen könnte, dass wir sagen,

01:15:02: um jetzt mal Julian Niederrümelin zu zitieren sicherlich einer der prominentesten Vertreter.

01:15:08: Dass wir die Menschen in die Lage versetzen wollen

01:15:11: dass sie Autorinnen und Autoren ihres eigenen Lebens sein

01:15:15: sollen also dass sie ein selbstbestimmtes freies Leben führen können und wenn

01:15:20: das alle führen können dann müssen wir natürlich sagen in gegenseitigem Respekt

01:15:24: gleicher Freiheit müssen wir leben und dann können wir vielleicht dazu kommen

01:15:28: dass es für alle ein angenehmes Dasein auf unserer Kugel hier gibt.

01:15:34: Und interessanterweise beim Humanismus, das ist ja ganz viel mit Bildung,

01:15:37: mit Schule, mit Gymnasium und so weiter, humanistisches Gymnasium,

01:15:42: wir kennen das, verknüpft.

01:15:45: Und ich finde unbedingt, dass das nicht nur eine intellektuelle Bildung irgendwie

01:15:49: ist, also indem wir in der Schule bestimmte Dinge lernen, erst recht nicht alte

01:15:52: Sprachen auswendig lernen, sondern es geht ja eher darum, wie kommen wir zu

01:15:55: einem guten Urteil, wie können wir Argumente abwägen und wie können wir eine

01:15:58: gute Entscheidung treffen.

01:16:00: Und das ist eben nicht nur eine Auseinandersetzung mit Texten oder mit Wissen und diesen Dingen,

01:16:06: sondern ich finde unbedingt auch, dass Räume, also gestaltete Räume,

01:16:09: unsere Umgebung, uns doch auch genau da schulen, uns da provozieren,

01:16:13: uns da in Situationen bringen, wo wir genau das machen.

01:16:17: Wir wägen ab, was tue ich jetzt, was kann ich nicht tun, wie handele ich jetzt so einen Raum aus?

01:16:22: Und ich finde, da ist gerade in dem Nichtzuweisen eben von bestimmten,

01:16:26: immer monofunktionalen Denken, liegt eine totale Spannung, die uns helfen kann,

01:16:30: auch zu urteilskräftigen,

01:16:32: coolen Demokratinnen zu werden, die ihr Leben in die Hand nehmen.

01:16:36: Also von daher, meine Rede ist, das ist nicht nur Bildung, das ist nicht nur

01:16:39: Schule, sondern eine humanistische Landschaft wäre eigentlich cool.

01:16:48: War ein bisschen diffus jetzt.

01:16:51: Doch, ich kann da, glaube ich, gut anknüpfen. Also ich denke auch,

01:16:55: dass man, das ist gerade gesagt, es gehört auch zur Demokratie eben dazu.

01:17:01: Es ist der mündige Bürger sozusagen, ist nicht nur der, der alle vier Jahre

01:17:06: ein Kreuz macht, sondern der sich auch aktiv für seine Nachbarschaft, für seine Stadt,

01:17:14: die er bewohnt, mit anderen einsetzt und mitgestaltet.

01:17:18: Und dieses Bewusstsein dafür ist, glaube ich, haben wir schon darüber gesprochen, ist, glaube ich,

01:17:24: total wichtig, das erstmal zu schaffen, auch schon ganz früh eben in der Schule

01:17:28: und Menschen dazu zu ermutigen, selber darüber nachzudenken und die Räume, die uns umgeben,

01:17:36: in denen wir leben und die uns prägen,

01:17:39: mitzugestalten.

01:17:41: Wenn wir jetzt über diese Gestaltung sprechen, was sind denn da so aus eurer

01:17:46: Praxis raus Dinge, die das nochmal

01:17:49: so auf einer architektonisch-landschaftsarchitektonisch-gestalterischen

01:17:54: Ebene irgendwie möglich machen,

01:17:56: dass das gelingt? Habt ihr da so ein paar Hacks?

01:18:00: Also mir ist mal während des Studiums Umberto Eco begegnet.

01:18:03: Das offene Kunstwerk, was mir ganz genau wie es heißt. Ihr seht,

01:18:07: ich bin in den Buchtiteln nicht ganz so gesettelt.

01:18:11: Aber das finde ich schon mal spannend. Also wenn einem da etwas begegnet,

01:18:15: wo ich eben, ich habe es jetzt schon mehrfach gesagt, selbst aufgefordert bin,

01:18:18: Entscheidungen zu treffen und mir die Entscheidungen nicht abgenommen werden.

01:18:23: Also Raum ist nicht nur Konsum, also wir haben ohnehin eine krass konsumnistische

01:18:29: Gesellschaft und öffentlicher Raum muss eigentlich unbedingt ein Gegengewicht dazu bilden,

01:18:35: also sich dem eigentlich entziehen und die Leute vielmehr in so eine ganz aktive

01:18:39: Rolle bringen. Was mache ich hier eigentlich?

01:18:40: Was soll ich hier tun? Und mir selber Fragen zu stellen.

01:18:44: Ich habe im Vorfeld von Erich Fromm, auch Humanist, nochmal gehört,

01:18:49: der sagte, der ewige Säugling, der da eigentlich sitzt und irgendwie erwartet,

01:18:53: jetzt kommt die Pulle in den Mund und erwartet, immer kommt Input.

01:18:57: Das kann nicht irgendwie das sein, was wir im öffentlichen Raum kultivieren

01:19:01: wollen. So genau gegenteilig.

01:19:02: Ich gehe dahin, hier bin ich und jetzt ist die Frage, was kann hier eigentlich

01:19:05: passieren? Und das ist eine viel spannendere Position.

01:19:11: Ja, vielleicht erstmal soweit.

01:19:13: Finde ich einen super Hack eigentlich, dass man genau mit dieser Haltung sozusagen

01:19:17: sich dem öffentlichen Raum begegnet und selber was mitbringt, selber etwas tut.

01:19:23: Also dieses nicht konsumistisch sein, das kann man ja morgen tatsächlich machen.

01:19:31: Ich glaube aber auch, es ist wichtig darüber nachzudenken, es muss gar nicht

01:19:35: immer eine ganz große Maßnahme oder ein riesen Engagement sein.

01:19:41: Man kann mit ganz, ganz kleinen Mitteln in der unmittelbaren Nachbarschaft,

01:19:46: vielleicht in dem Mietshaus, in dem ich wohne, stelle ich mal zwei Stühle in

01:19:51: den Innenhof und schon verwandelt sich dieser Ort.

01:19:54: Ich glaube, man kann viel mehr mit minimalen Mitteln erreichen,

01:20:00: indem man einfach mal was anders macht und Räume neu denkt.

01:20:03: Schon alleine nur die Mentalität mitbringt, darüber nachzudenken,

01:20:07: damit etwas zu machen, selber etwas einzubringen.

01:20:10: Das finde ich einfach, das ist total spannend, dass man einfach rauskommt aus

01:20:16: diesem ich fahre hier durch, ich gehe da hin und mache dies, ich mache jenes,

01:20:19: hier muss ich das, sondern dass man selber mit Input, mit Ideen,

01:20:23: mit etwas da rausgeht und ganz einfach stell zwei Stühle in den Innenhof deines

01:20:29: Mietshauses morgen, gucken was passiert.

01:20:34: Wären wir bei uns im Büro, beschäftigen wir uns gerne mit dem Spielen.

01:20:38: Das ist ja auch nochmal ein Aspekt, der da eine Rolle spielt.

01:20:41: Mit dieser merkwürdigen Frage, man mit anderen Eltern spricht ja dann,

01:20:44: wo ist denn hier der Spielplatz?

01:20:46: Wo ist der nächste Spielplatz? Das ist eine sehr, sehr erwachsene Sichtweise auf den Stadtraum.

01:20:51: Also Kinder haben solche Probleme in der Regel nicht. Also die spielen an ganz

01:20:54: verrückten, merkwürdigen, nebensächlichen, alltäglichen, völlig ungestalteten

01:20:58: Orten, irgendein kleiner Grünstreifen neben einer Straße, wo man auf einmal

01:21:02: rein kann. Wir kennen alle diese Trampelfahde, die da durchführen.

01:21:04: Und wenn man mal reingeht, auch als Erwachsener im Übrigen, ist der Zauber gleich

01:21:08: zurück. Also dem kann man sich eigentlich kaum entziehen.

01:21:11: Und von daher gilt es einfach statt spannend zu interpretieren.

01:21:16: Und ich finde eigentlich auch

01:21:17: in dieser Kultur der Auseinandersetzung darüber, was kann denn hier sein,

01:21:21: ist glaube ich unbedingt, dass uns das auch eben zu urteilskräftigen,

01:21:24: verantwortungsvollen Menschen irgendwie machen kann oder zumindest einen Beitrag

01:21:28: dazu leisten kann, dass wir uns einüben in diesen Gesprächen, in den Diskussionen.

01:21:33: Und das ist einfach wichtig, dass das Alltag wird und dass ich nicht erwarte,

01:21:37: hier ist jetzt Ordnung, hier sagt man mir, das ist zu tun, Und dann kann ich

01:21:41: auch gleich unterscheiden, okay, der macht jetzt aber das nicht richtig und

01:21:44: der hält sich hier nicht an die Regeln und das ist jetzt schlecht,

01:21:47: sondern die Welt ist halt komplizierter im unmittelbaren Austausch und das ist gut so.

01:21:52: Und da hätte ich auch direkt nochmal eine Frage, weil das ja auch was ist,

01:21:54: was man direkt mitnehmen könnte.

01:21:56: Du hast es jetzt auch immer wieder angesprochen, die Wichtigkeit des Miteinanders

01:22:00: und der Unterschiedlichkeit.

01:22:02: Du hast vorhin den Begriff Empathie auch einmal explizit genannt.

01:22:06: Wie kann das, also weil wir uns ja auch ständig durch den öffentlichen Raum,

01:22:09: jetzt mal ganz egal, wie der gestaltet ist und ob das jetzt eine Straße ist

01:22:13: mit Autos drauf, ist trotzdem öffentlicher Raum, auch wenn der uns vielleicht

01:22:15: so in der Form gar nicht so mega sinnvoll erscheint für eine Zukunft.

01:22:21: Und wie können wir sozusagen da gut miteinander umgehen in diesem öffentlichen Raum?

01:22:29: Soll ich mal? Ich versuche mal. Also ich finde, es knüpft genau daran an, was wir gerade hatten.

01:22:34: Also in dieser Auseinandersetzung darüber, glaube ich, da liegt irgendwo der

01:22:39: Schlüssel, dass wir nicht, also wir sind dann einfach nicht isoliert.

01:22:43: Wenn öffentlicher Raum uns passiert, uns begegnet, dann sind wir gezwungen,

01:22:46: was zu tun, damit umzugehen.

01:22:48: Und wenn wir feststellen, naja, andere haben vielleicht eine andere Interpretation,

01:22:51: Lesart und möchten das anders nutzen, dann muss man sich ja irgendwie einig

01:22:55: werden. Oder man sucht sich einen anderen Ort, auch das ist ja eine Möglichkeit.

01:22:58: Aber ich finde, wenn das Alltag ist, dann würde ich doch vermuten,

01:23:04: dass bei ganz, ganz vielen, naja.

01:23:07: Das Akzeptieren oder das Hineinversetzen in die Perspektive eines anderen auf

01:23:12: denselben Prozess, auf denselben Raum, auf dieselbe Zeit doch immer mehr eine Rolle spielt.

01:23:16: Und das ist dann am Ende das, was ich unter Empathie verstehe,

01:23:19: dass ich nicht als autonomes Wesen unterwegs bin, das mich überhaupt nicht kümmert,

01:23:23: was die anderen denken, sondern im Gegenteil, dass ich in meine Entscheidungsfindung

01:23:27: einbeziehen kann, wie sehen den anderen jetzt auf diese Situation.

01:23:30: Und das ist aus meiner Sicht auf jeden Fall eine Sache, die eingeübt,

01:23:34: die man auch, so wie ich die Studien da verstehe, die man auch mit erwachsenem

01:23:39: Alter noch einstudieren kann, das gehört Gott sei Dank nicht auf,

01:23:41: wenn man das nicht einmal hier, was Hans gelernt hat, nee, was Hänzchen nicht

01:23:44: lernt, Hans nimmermehr, das ist da wahrscheinlich nicht so,

01:23:47: sondern wir können immer wieder versuchen, das zu erneuern, aufzufrischen,

01:23:52: und uns auch daran zu freuen, ehrlich gesagt, an diesen Dingen, die mit einem passieren,

01:23:58: Und ich bin felsenfest davon überzeugt, das ist natürlich auch im Bereich,

01:24:02: also Empathie spielt ja natürlich eine ganz große Rolle, dass wir am Ende doch

01:24:06: Lebewesen Menschen sind, die eigentlich genau das suchen.

01:24:10: Gemeinschaft und Resonanz von anderen Mitmenschen.

01:24:13: Und wir sind, glaube ich, nicht egozentrische Einzelgänger, die auf maximalen

01:24:20: individuellen Erfolg getrimmt sind, sondern vielleicht sogar eben gerade auf

01:24:24: dieses gemeinschaftlich-kooperative Austausch mit anderen Menschen.

01:24:27: Aber eben auch Austausch mit Raum und mit Natur, Momente erleben,

01:24:30: auf der Haut, was riechen, was spüren.

01:24:34: Das sind doch eigentlich die Dinge, die uns mehr interessieren.

01:24:37: Mehr auch eigentlich als Konsum, würde ich jetzt sagen.

01:24:41: Ich glaube, Hartmut Rose hat es gesagt, wir kennen das doch alle,

01:24:45: es fängt dann zu schneien.

01:24:48: Ich glaube, da muss man nichts mehr zu sagen. Das ist einfach zauberhaft.

01:24:53: Und dann stehen wir alle da und schauen nach oben und denken verrückt.

01:24:57: Und das ist auch wichtig.

01:25:00: Total.

01:25:01: Ich finde auch interessant, dass oft solche Momente entstehen,

01:25:05: wenn auf einmal gewohnte Dinge nicht mehr funktionieren.

01:25:11: Zum Beispiel gab es ja neulich in Spanien und Portugal, glaube ich, diese Stromausfälle.

01:25:17: Und ich habe von einer Freundin berichtet gekriegt, die in Lissabon wohnt,

01:25:25: dass es nach so einem Schreckmoment auf einmal Situationen gab,

01:25:29: dass einfach sich Nachbarn mit einer Flasche Wein auf den Bürgersteig gesetzt

01:25:33: haben und auf einmal so Momente entstanden sind, die sonst vielleicht selten sind.

01:25:39: Und oft sind es so Ausnahmesituationen, die sowas erst hervorrufen.

01:25:46: Und was du gesagt hast mit dieser konsumistischen Haltung gegenüber der Stadt

01:25:51: oder dem Funktionieren der Stadt, das ist, glaube ich, ganz wesentlich.

01:25:55: Ich wollte da noch eine kleine Anekdote erzählen. Ich habe mal für einen Monat

01:26:01: in einem japanischen Dorf gelebt nach der Schule.

01:26:06: Und da hatten die so eine Tradition, dass sie sich einfach alle zwei Wochen oder was weiß ich,

01:26:14: hat sich das ganze Dorf zusammengefunden, um das Dorf aufzuräumen und zu putzen,

01:26:19: um Äste abzusägen und so weiter, um eigentlich diesen Straßenraum zu pflegen.

01:26:25: Und es war aber so ein ganz großes Gemeinschaftserlebnis.

01:26:29: Danach wurde dann groß gefeiert und das hat mich damals sehr beeindruckt,

01:26:34: weil ich festgestellt habe, dass dadurch, dass wir diese ganzen Dienstleistungen

01:26:37: so ausgelagert haben, dass wir wissen, wie die Stadtreinigung kommt und so weiter,

01:26:43: ist auch dieses Verantwortungsgefühl für die Stadt irgendwie ein bisschen verloren

01:26:48: gegangen oder wir fühlen uns nicht mehr selbst dafür verantwortlich.

01:26:51: Und ich glaube so dieses gemeinsame Sorgen für die Nachbarschaft oder für die

01:26:58: Straße oder in Berlin gibt es jetzt manchmal, dass Nachbarn zusammen Patenschaft

01:27:05: für einen Baum übernehmen,

01:27:07: oder die Baumscheibe bepflanzen oder so, das sind auch ganz kleine Dinge,

01:27:10: aber ich glaube, dass das im Bewusstsein viel weiter reicht,

01:27:14: um so ein Verantwortungsgefühl gegenüber der eigenen Stadt zu entwickeln.

01:27:20: Ich könnte jetzt das erste Mal wahrscheinlich einen Buchtitel korrekt reinwerfen,

01:27:25: wenn das auch noch erlaubt ist.

01:27:27: Wolfgang Kaschuber, die Überwindung der Distanz, da bin ich mir relativ sicher.

01:27:31: Und da gab es genau ein Kapitel darüber, dass wenn die Katastrophe passiert,

01:27:35: dann sind wir wieder auf das unmittelbar physische zurückgeworfen.

01:27:38: Also so im ganz Kleinen, also an schrecklichere Dinge mag man natürlich nicht

01:27:42: denken, aber eben genau, also der Zug bleibt stehen auf halber Strecke,

01:27:46: Handy geht aus und genau was dann passiert auf einmal in so einem Zug,

01:27:50: das ist wirklich verrückt an Leben, an Austausch, an Gesprächen und das fand

01:27:56: ich verrückt, das passt jetzt irgendwie sehr gut dazu.

01:27:58: Aber ich wollte vielleicht einmal ganz kurz ein anderes Momentum nochmal reinbringen.

01:28:01: Also von der kleinen Baumscheibe nochmal rauszoomen aufs große Ganze,

01:28:06: was ja auch verrückt ist.

01:28:07: Ich kann es jetzt für die Landschaftsarchitektur sagen, was gilt für die Architektur,

01:28:09: Städtebau, Planende Disziplin wahrscheinlich sehr umfassend.

01:28:14: Dass ganz ganz viele der politischen Themen, die wir im Moment diskutieren.

01:28:19: Also eben natürlich angefangen von Klimawandel, Nachhaltigkeit,

01:28:22: von Mobilitätswende, von wem gehört eigentlich der öffentliche Raum,

01:28:25: wie machen wir überhaupt stadtgestalterische, Prozesse so offen,

01:28:30: dass viele daran teilhaben können.

01:28:31: Das sind ganz, ganz viele Themen, die ja so unmittelbar in unsere Berufe hereinreichen.

01:28:37: Also ich habe mal gesagt, dass wahrscheinlich unser Beruf so politisch im Moment

01:28:40: ist, wie er vielleicht seit ganz, ganz langer Zeit nicht gewesen ist.

01:28:44: Vielleicht in den 70er, 80er Jahren Ökologiebewegung, da war das auch sehr stark.

01:28:48: Also da war jetzt Landschaftsarchitektur sehr stark mit den politischen Themen auch verknüpft.

01:28:51: Aber jetzt ist gerade wieder so eine Phase, wo ich das Gefühl habe,

01:28:54: naja, die Themen, die uns angehen, sind auch die Themen, die im Bundestag,

01:28:57: in den Landtagen, in den Stadträten wirklich diskutiert werden und das heißt,

01:29:03: Im Rückschluss finde ich eigentlich sehr, sehr toll, dass wir auch eine Möglichkeit

01:29:08: haben, unsere Ideen, wohin wollen wir uns denn jetzt, auf was wollen wir uns

01:29:13: eigentlich zubewegen in 20 oder 25 Jahren,

01:29:17: dass die total eingebunden wird

01:29:19: in die ganz relevanten Debatten und Diskussionen, die wir gerade haben.

01:29:22: Und da haben wir natürlich eine Riesenverantwortung, aber auch eine Riesenchance,

01:29:25: dort mit zu diskutieren.

01:29:27: Vielleicht insbesondere auch deshalb, weil unser Kommunikationsmedium am Ende

01:29:30: ja nicht nur der Text und die Rede, auch das, aber oft auch die Bilder und zunehmend

01:29:34: vielleicht auch die Videos oder die Modelle oder was auch immer sind.

01:29:37: Und die halt die Möglichkeit haben, in eine sehr, sehr breite Gesellschaft hinein

01:29:41: eine Diskussion anzustoßen und auch einen Austausch überhaupt zu ermöglichen.

01:29:44: Und das finde ich ziemlich toll und das ist eine Riesenverantwortung,

01:29:47: eine Riesenchance gerade.

01:29:49: Ja, da stimme ich dir total zu. Ich hatte auch diesen Gedanken,

01:29:52: dass ja viele dieser Probleme, die wir oft diskutieren, werden auf so einer

01:29:57: abstrakten Ebene verhandelt und dadurch vielleicht gar nicht so greifbar.

01:30:02: Im Raum werden sie greifbar und ganz konkret und indem wir diese Zukunftsbilder

01:30:10: entwickeln, kommen wir ganz anders ins Handeln, als wenn wir auf eine abstrakte Weise,

01:30:17: politisch darüber diskutieren, weil wir sie so eins zu eins erleben im öffentlichen Raum.

01:30:24: Das heißt, die Offenheit, die es braucht, um den öffentlichen Raum eigentlich

01:30:30: zu aktivieren, die muss in uns beginnen.

01:30:33: Ja, aber muss auch, glaube ich, ermöglicht werden von politischer Seite,

01:30:41: dass wir uns da einbringen können.

01:30:42: Ich glaube, bei vielen Fragen ist jetzt das Individuum gefragt oder die Politik

01:30:52: und ich glaube, die Antwort ist immer beides.

01:30:55: Es bedingt sich gegenseitig. Politische Entscheidungen brauchen auch immer eine

01:31:00: breite zivilgesellschaftliche Basis und umgekehrt muss die Politik ermöglichen,

01:31:05: dass Bürgerinnen und Bürger sich engagieren können.

01:31:11: Also ich finde, wir können das auf jeden Fall sichtbar machen.

01:31:14: Also das ist sicherlich ein Job, den wir haben.

01:31:17: Also dass wir eine Zukunft entwerfen und das auch wirklich sichtbar machen.

01:31:21: Wo wollen wir denn jetzt eigentlich hin? Können wir uns darauf verständigen?

01:31:24: Kriegen wir dafür Mehrheiten in der Politik, dass wir in so eine Richtung gehen?

01:31:28: Und das finde ich, also ist jetzt auch ganz persönlich gesprochen,

01:31:32: Ja, gerade eben in den Zeiten, in denen wir jetzt leben, haben wir das Gefühl,

01:31:35: also naja, ein positives Bild, wohin wollen wir eigentlich, spielt fast keine

01:31:42: Rolle mehr, habe ich den Eindruck.

01:31:43: Selbst von politischen Kräften, von denen ich es erwarten würde oder mir wünschen würde.

01:31:47: Sondern es ist wirklich so ein wahnsinnig defensives Rückzugsgefecht, also vom Gefühl her.

01:31:53: Ein militärischer Sprachjargon ist schon zunehmend wieder drin und das finde

01:31:58: ich wahnsinnig schade. und unsere Berufe haben die Möglichkeit,

01:32:01: eben so einen optimistischen, konstruktiven.

01:32:03: Wir stehen, also sicherlich haben wir wahnsinnige Probleme, aber es ist natürlich

01:32:07: auch nicht so, dass wir permanent irgendwie im Abgrund stehen.

01:32:10: Es gibt ganz, ganz viele positive Dinge, an die wir anknüpfen können,

01:32:13: die wir weiterentwickeln können, an denen wir dranbleiben müssen.

01:32:15: Und ich meine, das ist natürlich jetzt für unsere Berufe auch Teil dieser Beseelung,

01:32:21: dass wir daran mitarbeiten können, auf eine tolle und wichtige Art und Weise.

01:32:25: Ich stimme dem so von Herzen zu und finde, das ist irgendwie auch auf eine Art

01:32:28: ein ganz schönes Schlusswort.

01:32:31: Total. Wie hieß das Buch, was du als letztes genannt hast?

01:32:35: Die Überwindung der Distanz.

01:32:37: Wolfgang Kaschuba, Kulturwissenschaftler.

01:32:39: Die Überwindung der Distanz. Da nehmen wir uns doch alle vor,

01:32:43: morgen, übermorgen, nächste und die nächste Woche da drauf, alle gemeinsam im

01:32:48: öffentlichen Raum die Distanz zueinander zu überwinden.

01:32:52: Fragt doch einfach morgen mal der Mensch, der neben euch im Park sitzt, was machst du denn hier?

01:32:57: Das finde ich irgendwie total schön, das was ihr sozusagen dafür braucht man

01:33:00: keinen Zugunglück und auch,

01:33:04: keinen Stromausfall sondern wir können ja einfach alle gemeinsam sozusagen auf

01:33:09: seiner auf den Positionen auf denen wir jeweils sind in unserem Leben anfangen,

01:33:15: den öffentlichen Raum sozusagen,

01:33:18: selber zu gestalten den anzunehmen und aber auch miteinander ins Gespräch zu

01:33:22: kommen, das finde ich fände ich irgendwie total, das nehme ich zumindest sozusagen von heute mit.

01:33:27: Ich werde das direkt machen, wenn ich gleich mit den Kids in den Park gehe.

01:33:30: Einfach mal fragen, ey, was macht ihr denn hier? Das finde ich vielleicht ganz

01:33:32: schön. Mal gucken, was dabei rauskommt.

01:33:36: Sebastian Jochen, vielen Dank, dass ihr da wart.

01:33:39: Sehr gerne.

01:33:40: Vielen Dank.